Hat die ARD eine "Anleitung zur sprachlichen Manipulation" verfasst, wie es die "Welt" am Freitag schreibt - eine "interne Bedienungsanleitung", mit der die ARD "ihre Beitragszahler beeinflussen will"?
Anlass ist die Debatte um ein internes ARD-Dokument. Es handelt sich um ein "Framing-Manual", so der offizielle Titel des rund 90 Seiten umfassenden Gutachtens, dass die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling 2017 für den öffentlich-rechtlichen Auftraggeber verfasst hat und dass die Online-Plattform "netzpolitik.org" am Wochenende öffentlich gemacht hat.
Auf Grundlage der Framing-Theorie möchte Wehling darin Hinweise geben, wie die ARD "Mitbürger dazu bringen (kann), den Mehrwert der ARD zu begreifen und sich hinter die Idee eines gemeinsamen, freien Rundfunks ARD zu stellen" - so heißt es im Einführungstext. Dazu soll ihr Gutachten "Hinweise zur optimalen sprachlichen Umsetzung aller erarbeiteten Framings in der täglichen Kommunikation" sowie "konkrete Hinweise in Form von Narrativen, Schlagwörtern und Slogans" geben.
Was ist Framing?
Unter Framing verstehen Kommunikationswissenschaftler das Vorgeben eines Deutungsrahmens, zum Beispiel durch bestimmte Formulierungen oder Fragestellungen. Laut Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling, die am am Linguistischen Institut der Universität von Kalifornien in Berkeley zum Thema forscht, würden sich solche Deutungsrahmen aus alltäglichen Erfahrungen mit der Welt, mit Gerechtigkeitsempfinden, mit direkten Eindrücken speisen. "Framing hat mit Emotionen erst mal gar nichts zu tun, sondern mit Ideologie, mit Moralvorstellung", sagte Wehling im Interview mit dem Deutschlandfunk.
Unter Framing verstehen Kommunikationswissenschaftler das Vorgeben eines Deutungsrahmens, zum Beispiel durch bestimmte Formulierungen oder Fragestellungen. Laut Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling, die am am Linguistischen Institut der Universität von Kalifornien in Berkeley zum Thema forscht, würden sich solche Deutungsrahmen aus alltäglichen Erfahrungen mit der Welt, mit Gerechtigkeitsempfinden, mit direkten Eindrücken speisen. "Framing hat mit Emotionen erst mal gar nichts zu tun, sondern mit Ideologie, mit Moralvorstellung", sagte Wehling im Interview mit dem Deutschlandfunk.
Einer von Wehlings "Hinweisen" aus dem "Framing-Manual" lautet beispielsweise: "Wenn Sie Ihren Mitbürgern die Aufgaben und Ziele der ARD begreifbar machen und sie gegen die orchestrierten Angriffe von Gegnern verteidigen wollen, dann sollte Ihre Kommunikation nicht in Form reiner Faktenargumente daherkommen, sondern immer auf moralischen Frames aufgebaut sein, die jenen Fakten, die Sie als wichtig erachten, Dringlichkeit verleihen und sie aus Ihrer Sicht – nicht jener der Gegner – interpretieren. " ("Framing-Manual", S.77)
Gebrauchsanweisung oder Denkanstoß?
Laut ARD handelt es sich bei diesen Hinweisen um "Vorschläge", nicht aber um eine neue Kommunikationsstrategie oder eine Sprach- oder Handlungsanweisung an die Mitarbeitenden, schreibt die ARD-Generalsekretärin Dr. Susanne Pfab in einer öffentlichen Stellungnahme. Sie dienten als "Diskussionsgrundlage und Denkanstoß" für ARD-Interne Workshops.
Sie selbst lehne einige Formulierungen von Wehling ab. Beispielsweise, wenn diese Begriffe wie "medienkapitalistische Heuschrecke" als Alternative für "profitwirtschaftliche Sender" vorschlage. In den vergangenen Jahren habe nicht ein Vertreter der ARD jemals solche Bezeichnungen verwendet, schreibt Pfab.
Trotz einer öffentlichen Debatte um Hinweise aus dem Framing-Gutachten habe man den Text selbst aber nicht veröffentlichen wollen - unter anderem aus urheberrechtlichen Gründen, wie die ARD-Pressestelle bei Twitter bekannt gab.
Gegenüber dem Deutschlandfunk wollte sich das Generalsekretariat der ARD am Montag nicht äußern - aus terminlichen Gründen.
Warum hat netzpolitik.org das Gutachten veröffentlicht?
Netzpolitik.org begründete die Veröffentlichung auf der eigenen Plattform nun mit dem öffentlichen Interesse am Dokument: "Damit sich alle Beitragszahlende aus der Originalquelle informieren können und an der Debatte informierter teilhaben können."
Gerade wenn man sich aus der Originalquelle informieren könne, sehe man, dass eine "Dämonisierung" der ARD nicht gerechtfertigt sei, schreiben die netzpolitik-Autoren Markus Beckedahl und Leonard Dobusch in ihrem Artikel auf netzpolitik.org
"Es kann durchaus sinnvoll sein, dominante Frames in der eigenen Kommunikation zu reflektieren. Sich dabei professionelle Unterstützung zu holen, ist ebenfalls nicht abwegig. Fragwürdig ist hingegen schon eher, wie sehr die ARD die Interpretation – das Framing – dieses Reflexionsprozesses anderen überlässt, indem sie entsprechende Dokumente zurückhält. Genau das stützt nämlich das Framing des Gutachtens als 'Manipulation', was rechte Gegner öffentlich-rechtlicher Medien genüsslich befeuern."