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Debatte um Managergehälter
"Nicht jeder populistischen Welle hinterherlaufen"

Der CDU-Politiker Michael Fuchs hat der SPD in der Debatte um zu hohe Managergehälter Heuchelei vorgeworfen. Mit Blick auf die Millionenabfindung für das ehemalige VW-Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt sagte Fuchs im DLF, die SPD hätte dies im Aufsichtsrat verhindern können. Ein Gesetz zur Deckelung von Managergehältern lehnte Fuchs ab.

Michael Fuchs im Gespräch mit Martin Zagatta |
    Michael Fuchs, stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag.
    Michael Fuchs, stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag. (imago / Jürgen Heinrich)
    Hohmann-Dennhardt erhält eine Abfindung in Höhe von zwölf Millionen Euro. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD hatte als Mitglied im VW-Aufsichtsrat der umstrittenen Millionenzahlung zugestimmt.
    Im Koalitionsvertrag sei bereits vereinbart worden, dass gesetzlich geregelt werde, dass die Hauptversammlung über Vorstandsgehälter entscheide, betonte Fuchs. Es werde höchste Zeit, dass Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlege. "Dann gibt es Transparenz. Wir dürfen den Aktionären nicht die Eigentumsrechte wegnehmen."
    Der Vorschlag, die Managergehälter selbst gesetzlich zu deckeln, sei verfassungsrechtlich schwierig, so Fuchs. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley hatte ein Gesetz gegen überzogene Managerbezüge in Aussicht gestellt. Fuchs erklärte, der Eigentümer eines Unternehmens solle entscheiden, wieviel Gehalt er seinen Mitarbeitern zahle. "Ich will auch nicht, dass nachher gesagt wird, der Vorstand darf nur ein Auto Größenordnung Mercedes 500 oder 300 oder, weiß ich nicht, 200 fahren." Trotz aller Empörung in der Öffentlichkeit über Gehaltsexzesse von Managern sei dies nicht Aufgabe der Politik. "Unser Aufgabe ist, eine ordnungspolitisch saubere Politik zu machen und nicht unbedingt jeder populistischen Welle hinterherzulaufen."

    Das komplette Interview zum Nachlesen:
    Martin Zagatta: Was kann man machen gegen Millionenabfindungen für Manager? Kann man sehr hohe Managergehälter deckeln, so wie die SPD das will – Stichwort Gerechtigkeit –, ist das überhaupt machbar, ist das sinnvoll?
    - Das kann ich jetzt Michael Fuchs fragen, er ist der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gehört dem Wirtschaftsflügel der Union an. Und er ist sehr erkältet, hat er mir im Vorgespräch gesagt. Guten Morgen, Herr Fuchs!
    Michael Fuchs: Guten Morgen, Herr Zagatta!
    Zagatta: Herr Fuchs, probieren wir es trotzdem mit Ihrer Stimme. Der Wirtschaftsgipfel steht den Bemühungen, ausufernde Managergehälter gesetzlich zu begrenzen, ja sehr skeptisch gegenüber. Jetzt soll es in der Union aber Bewegung geben. Sind Sie denn bereit, das jetzt mitzutragen, zumindest die steuerliche Absetzbarkeit von sehr hohen Vergütungen einzuschränken? Darum geht es ja jetzt.
    "Ich halte das für falsch"
    Fuchs: Ich halte das für falsch. Ich will es auch ganz deutlich sagen. Wir haben bei den Steuern das sogenannte Nettoprinzip: Auf der einen Seite sind die Kosten, auf der anderen Seite sind die Einnahmen, es wird saldiert. Und dann kommt der Gewinn raus. Und der wird besteuert. Das ist vollkommen in Ordnung. Und die Gehälter, egal wie hoch, sind bei den Unternehmen Kosten und müssen und werden dann anschließend auf der Ebene des Gehaltsbeziehenden, ob das ein Vorstand ist oder ein Mitarbeiter, besteuert. Und die Vorstände zahlen 48 Prozent Steuern darauf, das heißt also, auf diese Gehälter kommen schon erhebliche Steuern zu. Das muss man dann nicht beim Unternehmen noch mal besteuern, sonst kämen Sie nämlich auf eine Steuerhöhe, die ungefähr bei 70 Prozent liegt. Das ist nicht ertragbar.
    Zagatta: Sie sagen jetzt klipp und klar, das halten Sie für falsch. In Ihrer Fraktion, hören wir jetzt, aber soll es dafür aber eine Mehrheit geben, selbst die Bundeskanzlerin hat sich da wohl geäußert, das sei kein Weltuntergang. Ihr Fraktionschef Kauder sieht das ähnlich. Gibt es da jetzt eine Kehrtwende in der Union möglicherweise auch dann gegen Ihren Willen?
    Fuchs: Das kann ich noch nicht sagen. Ich meine, das muss diskutiert werden. Wir sind eine große Partei, wir sind eine Volkspartei, da gibt es selbstverständlich unterschiedliche Meinungen. Und das ist auch vollkommen in Ordnung. Es muss nicht unbedingt jeder meine haben, aber ich muss auch nicht unbedingt jede Meinung der Fraktion mit teilen. Nun, wir werden das jetzt diskutieren. Auf der anderen Seite müssen Sie sehen, wo fangen wir dann an und wo hören wir auf. Mit welcher Begründung wird der Fernsehmoderator hoch entlohnt, zum Teil ja doch in der Größenordnung wie die Manager auch entlohnt werden et cetera – geht das, darf das dann genauso sein oder greifen wir da auch ein? Ich möchte nicht in eine Diskussion rein, dass die Fußballspieler beispielsweise von den Vereinen nicht mehr ganzheitlich abgesetzt werden können. Das würde bedeuten, dass viele, viele Fußballspieler unter Umständen nicht mehr in Deutschland spielen. Wenn wir das wollen, müssen wir das wissen. Also man kann meiner Meinung nach nicht sagen, der Manager, der in aller Regel viel weniger verdient als ein Nationalspieler in der Bundesliga oder jemand, der Autorennen fährt oder ein Tennisspieler et cetera, die müssen oder dürfen weniger verdienen. Und die Fußballspieler dürfen es aber trotzdem. Das kann ja nicht sein.
    Zagatta: Also bei Fernsehmoderatoren kann ich mir das nur schwer vorstellen diese Größenordnung, von der wir reden, aber, Herr Fuchs, begibt sich die Union da jetzt nicht in ganz gefährliches Fahrwasser? Die SPD hat angekündigt, innerhalb von zwei Wochen einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Und bei Ihnen herrscht offenbar völlige Unklarheit, für was die Union da jetzt steht.
    "SPD hat eine erhebliche Heuchelei dabei"
    Fuchs: Also das muss ich mal deutlich machen: Die SPD hat eine erhebliche Heuchelei dabei. In jedem Aufsichtsrat, in jedem Aufsichtsrat sitzt die Arbeitnehmerbank und die Arbeitgeberbank. Aber jetzt nehmen wir mal das wunderbare Beispiel, das heißt VW. Wo werden die allerhöchsten Löhne in Deutschland gezahlt – bei VW. Und wer entscheidet das – der Aufsichtsrat, und zwar das sogenannte Aufsichtsratspräsidium. Und da sitzen im VW-Aufsichtsratspräsidium sieben SPD-Mitglieder, die sowohl die Abfindung für Frau Dennhardt entschieden haben als auch die hohen Gehälter entschieden haben. Also die SPD sollte bitte vor der eigenen Türe kehren. Und ich kann Herrn Schulz nicht verstehen, dass er nicht in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass solche Exzesse wie bei VW nicht stattfinden, wenn sieben Aufsichtsratsmitglieder SPD-Mitglieder sind.
    Zagatta: Das soll in Zukunft vielleicht dann doch anders geregelt werden, also Übereinstimmung sehe ich jetzt bei dem SPD-Vorschlag mit der Union in dem Punkt, dass die Gehälter, wenn ich das recht gelesen habe, die Gehälter der Vorstände künftig von der Hauptversammlung also öffentlich beschlossen werden. Da ist wahrscheinlich Übereinstimmung, der Vorschlag kommt, glaube ich, sogar von Ihnen. Wie ist das mit dem Rest? Über die steuerliche Absetzbarkeit haben wir gesprochen, jetzt will die SPD auch noch ein Maximalverhältnis zwischen Durchschnittslohn und Vorstandsgehältern festlegen. Diesen Vorschlag gibt es zumindest. Wäre das mit Ihnen zu machen? Also das wäre dann sozusagen, ein Vorstand darf vielleicht nur zehn- oder 20-mal so viel verdienen wie der Durchschnittslohn im Unternehmen – irgendeine Regelung in dieser Richtung, wäre das sinnvoll?
    Fuchs: Also es gibt zwei Dinge, die wir jetzt noch diskutieren müssen: Erstens, wir haben in dem Koalitionsvertrag hineingeschrieben, dass Herr Maas, der Justizminister, dafür sorgen soll, dass ein Gesetzentwurf gemacht wird, in dem ganz klar wird, dass die Hauptversammlung die Vorstandsgehälter entscheidet. Bis heute hat Herr Maas nicht geliefert. Ich verstehe das nicht. Ich kann Ihnen allerdings sagen, warum er es nicht getan hat, weil die Gewerkschaften das nicht wollen. Denn dann können sie nicht mehr in dem Maße mitbestimmen, wie das in der jetzigen Regelung der Fall ist.
    Zagatta: Dazu scheint die SPD jetzt aber bereit.
    "Ich möchte gerne die Transparenz erhöhen"
    Fuchs: Es wird Zeit. Wir haben dreieinhalb Jahre darauf gewartet. Wir haben gedrängt. Ich habe persönlich darauf gedrängt, dass dieser Gesetzentwurf endlich mal kommt. Dann hätten wir Transparenz. Ich bin für Transparenz, absolut. Und wenn die HV, also die Hauptversammlung, das entscheidet, dann tut sie das ja im Sinne der Eigentümer. Mir ist es wichtig, dass der Eigentümer entscheidet, wie viel Gehalt er seinen Mitarbeitern – und der Vorstand ist nichts anderes als einer der höchsten Mitarbeiter oder der höchste Mitarbeiter – gibt. Und deswegen sage ich auch, ich bin dagegen, dass wir irgendwelche Regelungen machen, nach denen das zu erfolgen hat. Ich will auch nicht, dass nachher gesagt wird, der Vorstand darf nur so ein Auto Größenordnung Mercedes 500 oder 300 oder, weiß ich nicht, 200 fahren. Das ist nicht Aufgabe der Politik. Die Aufgabe der Politik ist es, dafür zu sorgen, dass Rahmenbedingungen stimmen. Und ich möchte gerne die Transparenz erhöhen. Und das haben wir gefordert, und bis jetzt hat die SPD nicht geliefert, das wäre Aufgabe von Herrn Maas.
    Zagatta: Aber Herr Fuchs, wenn wir jetzt hören, dass zum Beispiel bei VW mehr als 10.000 Jobs wegen des Sparkurses nach der Abgasaffäre in Gefahr sind. Und gleichzeitig heißt es da jetzt, na gut, wir deckeln jetzt auch die Gehälter unserer Vorstände auf zehn Millionen im Jahr – können Sie da die Empörung in der Öffentlichkeit verstehen?
    Fuchs: Absolut. Ich kann diese Empörung total verstehen. Ich bin genauso sauer da drüber, aber ich möchte ganz klar machen, Herr Zagatta, das hätten wir ja verhindern können. Das hätte der Aufsichtsrat verhindern können. Das hätte ja die SPD verhindern können, die genau an der Stelle sitzt, wo es entschieden wird. Also bitte keine Heuchelei.
    Zagatta: Aber haben Sie da Verständnis, dass man dann in der Öffentlichkeit sagt, das klingt doch dann total plausibel, dass man dann sagt, also für Gehälter über 500.000 Euro, dass man die zumindest nicht mehr von der Steuer absetzen kann, dass da nicht jeder mitzahlen muss.
    Fuchs: Da sind Sie mittlerweile in einer Größenordnung von einem Sparkassendirektor, der verdient über 500.000. Und wo legen wir da die Grenzen hin.
    Zagatta: Da können Sie ja dann über eine Million oder zwei Millionen reden – wäre das für Sie machbar? Lassen Sie sich da im Wahlkampf von der SPD oder müssen sich da vielleicht sogar vor sich hertreiben lassen, weil das eben der öffentlichen Empörung entspricht. Und wenn sie dagegen sind, riskieren Sie da nicht, dann die Wahl zu verlieren?
    "Die Aktionäre müssen entscheiden"
    Fuchs: Also ich finde, wir sollten jetzt hier keinen Populismus-Wahlkampf machen, das bringt uns nichts. Wir wollen schon noch Grundsätze haben. Die CDU ist die Partei des Eigentums, des christlichen Menschenbildes. Und wir sollten jetzt nicht anfangen, den Unternehmen die Eigentumsrechte beziehungsweise den Besitzern der Unternehmen, das sind die Aktionäre, die Eigentumsrechte wegzunehmen. Die Aktionäre müssen entscheiden, wie sie ihre Unternehmen führen. Und wenn sie der Meinung sind, dass jemand viel Geld verdient, weil er es verdient und weil er dafür sorgt, dass das Unternehmen vernünftig läuft, dann soll er auch bitte viel Geld verdienen dürfen.
    Zagatta: Aber was Sie da jetzt sagen oder nennen, wegnehmen der Eigentumsrechte, damit erklärt sich doch, wenn ich das recht gehört habe, Frau Merkel und Ihr Fraktionschef Kauder mittlerweile einverstanden.
    Fuchs: Das werden wir noch sehen, wir haben es ja noch nicht ausdiskutiert, es ist ja erst eine Andiskussion gewesen. Und wir beide diskutieren das jetzt schon viel intensiver als wir es vielleicht in der Fraktion ausdiskutieren konnten. Das werden wir noch in den nächsten Wochen sehen. Bis jetzt ist die Lage vollkommen offen in der CDU. Das, was wir wollen, ist Transparenz. Und wir hätten gerne, dass das, was im Koalitionsvertrag steht, auch sofort umgesetzt wird.
    Zagatta: Das sieht so aus, als würde das zu einem Streitthema im Wahlkampf werden können, auch im Zusammenhang mit der Gerechtigkeit. Ist denn das, was der SPD da jetzt vorschwebt, was sie da jetzt auch gesetzlich formulieren will, ist das aus Ihrer Sicht denn juristisch haltbar, ist das umzusetzen mit unserem deutschen Recht?
    Fuchs: Meiner Meinung nach nicht. Sie können nicht sagen, das eine ist ein gutes Gehalt, das darf von der Steuer abgesetzt werden, das andere ist ein böses Gehalt, das darf nicht von der Steuer abgesetzt werden. Ich habe das ja eben für die Fußballspieler, für die Fernsehstars, für die Moderatoren, für die Tennisspieler und et cetera, für die ganzen Sportler, gesagt, wo machen wir da die Grenze? Wer sagt, dass das Gehalt von 15 Millionen für einen Fußballspieler gerechtfertigt ist oder dass Bayern München eben nur noch bestimmte Gehaltsbestandteile absetzen darf. Da werden wir sowieso verfassungsrechtlich in eine ganz schwierige Lage kommen.
    Zagatta: Herr Fuchs, das haben Sie uns ausführlich erläutert, aber wenn man jetzt sieht, wie Wahlkämpfe in diesen Tagen, in diesen Zeiten laufen, auch mit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA – riskieren Sie denn mit dieser Haltung, wenn Sie da so sehr differenziert rangehen wollen und die Öffentlichkeit doch unglaublich empört ist über diese Managergehälter, riskieren Sie da nicht, dass Sie irgendwann vielleicht vor dem Verfassungsgericht recht bekommen, aber dann schon längst in der Opposition sind?
    "Nicht unbedingt jeder populistischen Welle hinterherlaufen"
    Fuchs: Unser Aufgabe ist, eine ordnungspolitisch saubere Politik zu machen und nicht unbedingt jeder populistischen Welle hinterherzulaufen. Ich halte nichts davon, dass wir jetzt sagen, weil das unter Umständen ein Wahlproblem werden könnte, dann machen wir das nicht. Ich möchte, dass wir den Bürgern das erklären, dafür bin ich froh und dankbar, dass wir heute Morgen die Zeit haben, um es mal genau durchzudiskutieren.
    Zagatta: Und wenn sich Ihre Partei darauf aber einlässt, was Sie ja jetzt auch nicht ausschließen können nach den Äußerungen von Frau Merkel und von Herrn Kauder offenbar, dann würden Sie denen im Bundestag auf keinen Fall zustimmen.
    Fuchs: Das ist der Fall.
    Zagatta: Wie viele in der Fraktion, was schätzen Sie, denken da ähnlich?
    Fuchs: Da werde ich nie eine Prognose machen, Herr Zagatta, weil das ist nicht meine Aufgabe, da jetzt irgendwelche Meinungsumfragen zu machen. Das ist meine Meinung und werde sie ganz deutlich sagen.
    Zagatta: Klingt aber schon pessimistisch.
    Fuchs: Nein, das hat mit Pessimismus nichts zu tun, bin ich noch nie gewesen.
    Zagatta: Also, kein Pessimist und auch nicht so stark erkältet wie wir befürchtet haben. Doch, jetzt hustet er. Herr Fuchs ...
    Fuchs: Sorry dafür!
    Zagatta: Überhaupt kein Problem! Ich bedanke mich für das Gespräch heute Morgen und Ihnen gute Besserung um 7:27!
    Fuchs: Danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.