Archiv

Debatte um Sanierung der Paulskirche
"Sehr problematisch, dieses Denkmal zu überschreiben"

Die Frankfurter Paulskirche gilt als Wiege der Demokratie. 1848 fand hier die Nationalversammlung statt.Im Krieg wurde die Kirche zerstört, 1948 nicht originalgetreu wieder aufgebaut. Der Bund fordert nun eine Teilrekonstruktion. Der Architekturtheoretiker Philipp Oswalt hält dies für schwierig.

Philipp Oswalt im Gespräch mit Jörg Biesler |
Die Paulskirche in der Frankfurter Innenstadt.
Um die Sanierung der Frankfurter Paulskirche ist eine heftige Debatte entbrannt (picture alliance / Fabian Sommer / dpa)
Der Bund, namentlich die Kulturstaatsministerin Monika Grütters will "Orte der deutschen Demokratiegeschichte" gründen und einer dieser Orte ist ganz sicher die Frankfurter Paulskirche. Der Ort der Frankfurter Nationalversammlung von 1848, der ersten Volksvertretung für ganz Deutschland. 1948 wurde das durch den Krieg zerstörte Gebäude wiedereröffnet. Sehr schlicht rekonstruiert und entworfen vom Architekten Rudolf Schwarz. Es sollte ein Haus aller Deutschen sein, und mit dem Willen nach dem Nationalsozialismus wieder an demokratische Traditionen anzuknüpfen.
Nostalgie oder Notwendigkeit
In der Paulskirche finden regelmäßig große Veranstaltungen statt, unter anderem wird hier der Friedenspreis des Deutschen Buchpreises verliehen. Nun soll die Kirche nach dem Willen des Bundes also ein Ort der deutschen Demokratiegeschichte werden.
Der Landesdenkmalrat und der Architekturtheoretiker Philip Oswalt haben sich in einem offenen Brief gegen eine Teilrekonstruktion des Zustands von 1848 gewendet, den eine Kommission erwägt, die Bundespräsident Frank Walter Steinmeier eingesetzt hat.
Der Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt, aufgenommen am 27.02.2014 im Bauhaus in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt). Oswalt bewirbt sich jetzt für eine weitere Amtszeit. Der Stiftungsrat hatte 2013 eine Neuausschreibung der Stelle beschlossen.
Philipp Oswalt ist Professor für Architekturtheorie und Entwerfen an der Universität Kassel (picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt)
Der Entwurf von Rudolf Schwarz, so Philpp Oswalt, "war der Versuch der Stadt Frankfurt das neue Deutschland nach '45 zu zelebrieren und historisch bedeutsam."
Oswalt sieht eine problematische Überschreibung
Die Wiedereröffnung der Paulskirche drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sei kurz vor der Teilung Deutschlands erfolgt und selbst Ostdeutschland habe damals noch Geld gespendet, so Oswalt. "Ich finde es sehr problematisch dieses wichtige Denkmal zu überschreiben in dem man es in seinen früheren Zustand versetzt."
Heutige Außenansicht der Paulskirche in Frankfurt/Main
Frankfurter Paulskirche - Diskussion um die Sanierung
Die Paulskirche ist ein Symbol für die Nationalversammlung von 1848 und für den demokratischen Neuanfang hundert Jahre später. Wie soll man überhaupt authentisch rekonstruieren?
Schwarz sei ein angesehener Architekt, er hatte schon mehrere Kirchenbauten gestaltet, sich durchaus kritisch mit dem Bauhaus auseinandergesetzt und "er wusste damals genau was er tat", erklärte Philipp Oswalt. "Ich sehe nicht aus welcher Veranlassung wir uns anmaßen sollten, dieses Denkmal zu überschreiben."
Die Stadt Frankfurt stehe zu dem Gebäude und nun wolle der Bund mitreden und beziehe noch nicht einmal die Denkmalpflege mit ein, "das ist auch in punkto Demokratie ein fragwürdiges Vorgehen."Philipp Oswalt sieht allerdings durchaus Sanierungsbedarf. Die Kirche sollte ruhig öfter als Ort für Dispute genutzt werden und "dafür besser technisch ausgestattet sein."