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Debatte um SUVs
"Image und Gefühle bestimmen nach wie vor den Autokauf"

Der Verkauf von SUVs in Deutschland boomt. Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland hält deshalb eine höhere Kfz-Steuer für die Modelle mit hohem CO2-Ausstoß für sinnvoll. Die Steuer könnte eine Lenkungswirkung auf die Auswahl der Fahrzeuge haben, sagte er im Dlf.

Michael Müller-Görnert im Gespräch mit Katja Scherer |
Ein SUV rauscht durch die Innenstadt.
Die Zahl der SUVs in Deutschland steigt: Eine CO2-Steuer könnte als Lenkungsinstrument direkt beim Tanken ansetzen, meint Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland. (picture alliance/ZUMA Press)
Katja Scherer: Von einem aufgeheizten Konflikt in der Weltwirtschaft kommen wir nun zu einem aufgeheizten Konflikt auf deutschen Straßen – nämlich der Debatte um SUVs. Kritiker halten die Autos für eine ökologische Sünde, andere schätzen ihren Komfort und ihre Sicherheit. Und von Letzteren gibt es offenbar immer mehr, das zeigen die neuen Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes: Demnach wurden im Juli 15 Prozent mehr SUVs und sogar 19 Prozent mehr SUV-ähnliche Geländewagen verkauft als im Vorjahr, der gesamte Pkw-Markt legte dagegen nur um knapp fünf Prozent zu. Ich habe vor der Sendung mit Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland gesprochen. Herr Müller-Görnert, wir diskutieren seit Wochen über Flugscham, Fahrverbote und sauberen Verkehr – und dann kaufen wir Autos mit über zwei Tonnen Eigengewicht. Wie passt das zusammen?
Michael Müller-Görnert: Es gibt nach wie vor eine riesige Lücke zwischen dem Wissen und dem Handeln. Wir denken schlau und handeln doof. Jeder weiß zwar, dass es irgendwie klimaschädigend ist, aber letztendlich geht es ja um Image und Gefühle, und die bestimmen halt nach wie vor auch den Autokauf. Und man muss ja auch sehen, die Autohersteller bewerben halt auch eben SUV, weil sie dort hohe Gewinnmargen haben. Insofern ist das natürlich kontraproduktiv zu den ganzen Bekundungen auch der Autohersteller, ja, wir wollen auch klimaschonender werden.
Kauf bei höheren Einkommensgruppen beliebt
Scherer: Wer kauft diese Autos, weiß man das genau?
Müller-Görnert: Es sind zum einen ältere Leute, die gerade wegen dem bequemen Ein- und Ausstieg und der guten Rundumsicht so ein SUV kaufen, auf der anderen Seite sind diese Autos auch oftmals teurer und deswegen sind sie auch gerade bei höheren Einkommensgruppen beliebt. Gerade bei Selbstständigen hat man auch einen höheren Anteil von SUV.
Scherer: Manche Autoexperten verweisen darauf, dass ja zu einem geringen Anteil, aber eben doch auch Elektro-SUV zunehmend gekauft werden. Wie hilfreich ist das?
Müller-Görnert: Das ist natürlich jetzt auch – genauso wie bei den normalen SUVs – kontraproduktiv, wenn man große, schwere Autos mit einem E-Antrieb ausstattet, weil da braucht man auch aufgrund des Gewichts eine deutlich größere Batterie. Und die hat natürlich die ganzen Nachteile hinsichtlich der benötigten Ressourcen und damit auch dem CO2-Footprint in der Batterieherstellung. Und das macht dann die ganze Klimabilanz zunichte.
Scherer: Das Umweltbundesamt hat jetzt vorgeschlagen, die Kfz-Steuer für SUVs zu erhöhen und im Gegenzug den Käufern von Autos mit niedrigem Verbrauch einen Bonus auszuzahlen. Was halten Sie denn von diesem Vorschlag, reicht das?
Müller-Görnert: Der Ansatz ist grundsätzlich richtig, der VCD fordert das auch schon seit langem, dass man die Kfz-Steuer viel stärker nach CO2 spreizt, das heißt, dass Autos mit einem hohen Verbrauch und einem hohen CO2-Ausstoß auch höher besteuert werden. Und gerade SUVs, der Mehrverbrauch ist je nach Modell zwischen zehn bis 20 Prozent, teilweise sogar mehr. Entsprechend kann halt so eine Steuer dann eine Lenkungswirkung haben auf die Auswahl der Fahrzeuge.
Dienstwagenbesteuerung sollte nach CO2 gestaffelt werden
Scherer: Und reicht das oder bräuchte es aus Ihrer Sicht noch andere Maßnahmen?
Müller-Görnert: Diskutiert wird ja zurzeit auch eine CO2-Steuer oder CO2-Bepreisung, die setzt natürlich dann als Lenkungsinstrument direkt beim Tanken an. Wenn man halt dann ein Auto hat, was viel Sprit verbraucht, dann muss man da mehr zahlen. Das könnte durchaus helfen. Das andere Thema ist ja, dass ja ein Großteil der Neuwagen von Unternehmen zugelassen wird, deswegen muss man hier auch eine CO2-Komponente einführen, zum einen bei der Dienstwagenbesteuerung, die man ebenfalls nach CO2 staffeln sollte, aber auch bei der steuerlichen Abschreibung, die Unternehmen ja für ihre Flotte haben. Und ein Punkt war ja, dass letzte Woche die Bundesregierung die steuerliche Begünstigung von E-Autos bei der Dienstwagenbesteuerung verlängert hat. Das kann natürlich nicht sein, dass man da Ungetüme mit E-Antrieb genauso fördert wie effiziente Elektroautos.
Scherer: Kann man denn auch bei den Herstellern ansetzen oder sollte man das aus Ihrer Sicht oder müssen sich potenzielle politische Maßnahmen immer am Verbraucher ausrichten?
Müller-Görnert: Wir brauchen beides. Wir haben auf der Herstellerseite die CO2-Grenzgesetzgebung, die auf EU-Ebene beschlossen ist und für 2020 erst mal schon wieder einen neuen Grenzwert setzt, wo dann der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Neuwagenflotte begrenzt ist. Da müssen die Hersteller schon schauen, dass sie halt möglichst viele Autos verkaufen, die einen niedrigen CO2-Ausstoß haben. Das sind natürlich dann vorrangig ab nächstem Jahr Elektroautos, weil die halt erst mal mit null Emissionen eingehen und dann auch noch in den ersten Jahren mehrfach angerechnet werden. Das heißt, dann können Sie auch wunderbar ihre SUVs damit kompensieren.
Scherer: Umgehen die Hersteller dann quasi diese Richtlinien, die Sie gerade angesprochen hatten, indem sie eben noch stärker auf Elektro-SUVs setzen, auch wenn das aus Ihrer Sicht klimapolitisch eben auch nicht sinnvoll ist?
Müller-Görnert: Na ja, sie umgehen es nicht direkt, weil der CO2-Ausstoß wird ja auch festgehalten, da wird immer dann geschaut, wie viele Autos hat ein Hersteller im Jahr verkauft, wie hoch ist durchschnittliche CO2-Ausstoß. Und dann wird halt geschaut, was müsste er eigentlich als Zielwert haben, und wenn sie darüberliegen, müssen sie Strafe zahlen. Aber klar ist natürlich, mit den Elektroautos können sie halt dann viel wiedergutmachen, aber wenn es natürlich dann diese großen, schweren Elektroautos sind, ist das natürlich dann eher fragwürdig. Indirekt, ja, ist es schon ein Umgehen, das kann man so sagen, aber es ist nicht vordergründig hintergangen, weil die Regelung ist halt so gestrickt.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.