Im koalitionsinternen Streit über restriktivere Rüstungsexporte in Spannungsgebiete außerhalb der EU und der NATO hat der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels, den Rüstungsfirmen in Deutschland zu Zusammenschlüssen geraten. In der Sendung "Zur Diskussion" im Deutschlandfunk sagte der SPD-Politiker: "Wenn Firmen zu klein sind, um sich leisten zu können, dass ein einzelner Auftrag wegfällt, sollten sie sich Fusionen suchen." Wenn man die Kompetenzen bei der Herstellung von Waffen in Deutschland und Europa behalten wolle, dann könne das auch über eine "Veränderung der wehrtechnischen Landschaft" gehen. Bartels betonte, dass man bei solchen möglichen Firmenzusammenschlüssen nur in europäischen Dimensionen denken sollte: "In Deutschland allein werden wir es nicht schaffen."
Auch die Grünen-Politikerin Katja Keul machte sich in derselben Sendung für eine restriktivere Genehmigungspraxis stark. Sie plädierte sogar dafür, überhaupt keine Waffen in Länder außerhalb der NATO und der EU-Staaten (so genannte Drittstaaten) zu exportieren. Um dies zu erreichen, müssten die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats, der die Erlaubnis erteile, für die Bevölkerung transparent gemacht werden. Keul fügte hinzu, dass wenn die Bundesregierung öffentlich ihre Entscheidungen begründen müsse, würden die Genehmigungen automatisch zumindest zurückhaltender erteilt.
"In Europa muss Waffengleichheit auf unternehmerische Seite her"
Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Henning Otte, verwies auf die NSA-Affäre und führte aus: "Wir haben auf wesentlichen Gebieten zum Beispiel im Internet vergessen, dass die Browser in den USA sitzen, dass die Software-Entwicklung in Asien ist, und wir haben nur noch die Büros." Der CDU-Politiker unterstrich: "Der Union ist es ganz wichtig, wenn wir unsere Soldaten in den Einsatz entsenden, dann müssen sie auch bestmöglich ausgestattet sein, und zwar mit dem Anspruch, dass wir eigenes Gerät, aus eigener Industrie haben." Man dürfe nicht wieder abhängig von anderen Ländern werden.
Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Georg Wilhelm Adamowitsch, begrüßte die aktuellen Diskussionen, die wünschenswerterweise zur einer Klärung der Haltung der Bundesregierung zu deutschen Rüstungsexporten führen werde. Die deutsche Politik müsse generell ihren Umgang mit den Rüstungsexporten neu bestimmen, sagte er ebenfalls in der Diskussionsrunde. Zugleich appellierte er insbesondere an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), sich für gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa einzusetzen. In den südlichen Ländern Europas habe man es mit einem Großteil von Unternehmen zu tun, bei denen der Staat Anteilseigner sei. Im Gegensatz dazu habe die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie durchgängig einen privaten Hintergrund. "Hier muss Waffengleichheit auf unternehmerische Seite hergestellt werden", forderte Adamowitsch. Dann sei er sich sicher, könnten die deutschen Firmen mit ihrer Kompetenz einen europäischen Wettbewerb, den es derzeit in dieser Frage allerdings nicht gebe, sehr gut bestehen. Bereits zuvor hatte er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk eine verlässliche Linie von der Bundesregierung gefordert.
In der Bundesregierung zeichnet sich seit einigen Tagen ein Streit über den Umgang mit deutschen Rüstungsexporten ab. Gabriel will das Geschäft mit Waffen zurückfahren und zu einer restriktiveren Genehmigungspraxis kommen. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer befürchtet in diesem Zusammenhang quasi einen vollständigen Exportstopp und verweist auf die Arbeitsplätze, die in diesem Fall auf dem Spiel stünden.
(tgs/tzi)