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Debütalbum der US-Künstlerin Snail Mail
Von der Highschool auf die Indie-Bühnen

Lindsey Jordan war gerade 16 Jahre alt, als ihre erste EP erschien und sie von der Schule für eine Tournee freigestellt wurde. Jetzt erscheint ihr Debütalbum "Lush" und auf dem lässt sie ihre Erfahrungen mit Punk- und DIY-Kultur einfließen: Ihre Texte erzählen von den Tücken des Erwachsenwerdens.

Von Diviam Hoffmann |
    "The way that it sounds, the way it was made: Every sound is on purpose and everything had my mark on it."
    Jeder Klang ist absichtlich, alles klingt einfach nach mir, sagt Lindsey Jordan über "Lush" – ihr erstes Album, das die Künstlerin aus Baltimore als Snail Mail mit gerade einmal 18 Jahren veröffentlicht. Ihre erste Tour absolvierte Lindsey Jordan noch während des letzten Highschool-Jahres, nahm Songs auf, während sie sich auf Abschlussprüfungen vorbereitete. Gitarre spielt sie aber schon, seitdem sie 5 Jahre alt ist.
    "Ich hatte früher schon Bands. Wir haben oft einfach zusammen rumgehangen und Songs gecovert. Oder ich habe mit den Jungs aus der Nachbarschaft Musik gemacht."
    Ein kathartisches, tagebuchartiges Ventil
    Snail Mail ist nun das erste Solo-Projekt von Lindsey Jordan. Nur bei den Konzerten und im Studio sind andere Musiker involviert. Dass sie auch selber singen und ihre eigenen Texte schreiben könnte, das hat Jordan erst durch die Punk-Szene ihrer Heimatstadt Baltimore und des nicht weit entfernten Washington, DC gelernt. Dort hieß es DYI, also do it yourself: Dinge einfach selbst in die Hand nehmen.
    "Ich habe mich selbst bis vor kurzem nicht als Sängerin oder Songschreiberin gesehen. Weil ich nicht wusste, dass es diese DIY-Welt gibt. Irgendetwas hat mich da hinein gezogen, Songs zu schreiben. Da war ich 13. Es ist wie ein kathartisches, tagebuchartiges Ventil."
    Mit 16 brachte Lindsay Jordan auf dem Label der befreundeten Punk-Band Priests ihre erste EP "Habit" heraus. Seitdem sind zwei Jahre vergangen, für einen Teenager eine Ewigkeit. In dieser Zeit habe sie sich menschlich und als Songwriterin weiterentwickelt, meint Jordan.
    "Meine erste EP 'Habit' habe ich spontan geschrieben, ohne die Intention, die Stücke je zu veröffentlichen. Aber 'Lush' ist in jeder Hinsicht bewusst entstanden. Es hat einen Anfang und ein Ende. Ich habe es mit einer Vision begonnen und mit einer Vision beendet."
    Die genauen Vorstellungen ihres Debütalbums – die konnte sie im Studio mit Produzent Jake Aron umsetzen: "Ich hatte alle Möglichkeiten im Studio – und den Produzenten meiner Wahl. So gab es keine Grenzen für mich."
    Textlich drehen sich die meisten Songs auf "Lush" um das Aufgeben einer ersten Beziehung. Anders als bei vielen Break-Up-Alben, steht dabei nicht bloß die Trennung selbst im Vordergrund, sondern das, was danach kommt: coming clean, mit jemanden ins Reine zu kommen, wieder nach vorn zu schauen. "Lush" verkörpert die Zeit, wenn im Leben eines jungen Menschen etwas Neues beginnt. Der Schulabschluss, Ausziehen, Freundschaften aufgeben, ein neuer Mensch werden. Bei Lindsey Jordan geschieht das nun alles mit der Gitarre in der Hand.
    "Den größten Teil des Albums habe ich in einer Übergangszeit in meinem Leben geschrieben. Ich musste viel herausfinden und für mich einordnen. Und musste lernen, wie man eine Erwachsene ist, eine wirkliche Person in der echten Welt."
    Mut zum Pop und zur Melancholie
    Wie zuletzt die Australierin Courtney Barnett, die US-amerikanische Musikerin Waxahatchee oder neuere Acts wie Soccer Mommy oder Frankie Cosmos besinnt sich Snail Mail auf den Gitarrensound der 90er-Jahre: Inspiriert von Punk und auch ein bisschen Grunge – aber mit mehr Mut zum Pop und zur Melancholie. Die klassische Rockband-Besetzung aus Schlagzeug, Bass und Gitarre findet bei Snail Mail mit Jordans klarer, stets etwas nöliger Stimme zusammen.
    "Mein Ziel war es, nicht zu viel Glanz und Glamour auf dem Album zu haben, eher gerade heraus zu sein. Es ist eigentlich sehr einfach aufgebaut, trotzdem klingt es nicht unbedingt reduziert. Es passiert viel und die Produktion ist sehr komplex. Jedes Element harmoniert mit den anderen. Für mich hat es sich am Ende so angefühlt, als wäre alles genau dort, wo es sein soll."
    Lindsey Jordan hat ganz genaue Vorstellungen von ihrer Musik. Es ist ihr dabei weniger wichtig, was andere dazu sagen. Es geht ihr darum, dass sie selbst sich darin wieder erkennt. Und so schafft Snail Mail es, auf angenehm unaufgeregte Weise ihre ganz persönlichen Erfahrungen in ihr erstes Album zu gießen: Erwachsenwerden on tape sozusagen. Snail Mail – ein beeindruckender Teenager mit einem beeindruckenden Debüt.