Als Debussy seine drei sinfonischen Skizzen "La Mer" Ende 1905 veröffentlichte, schmückte der Holzschnitt "Die große Welle von Kanagawa" des japanischen Künstlers Hokusai das Titelblatt. Ähnlich wirkt die Transkription eines opulenten Orchesterparts auf ein Klavier: die klanglichen Konturen werden schärfer und bekommen eine ganz eigene, Farbigkeit, die vielleicht nicht ganz so schillernd ist wie im Original, aber dennoch sehr lebhaft verdeutlicht, was in dem Werk geschieht.
Dass im Falle von "La Mer" zwei Hände nicht ausreichten, war dem durchaus versierten Pianisten Debussy wohl sehr schnell klar; denn unmittelbar nach der Vollendung der Orchesterpartitur fertigte er eine vierhändige Klavierfassung an. Auch hier ist das spannungsvolle Spiel der Wellen oder der Dialog zwischen Wind und Meer eindrucksvoll zu spüren.
Eingespieltes Duo für Debussy
Jean-Pierre Armengaud und Olivier Chauzu sind ein erprobtes Duo für die Werke des französischen Komponisten: vor einiger Zeit veröffentlichten die beiden eine erste CD mit hauptsächlich originalen vierhändigen Stücken wie der "Petit Suite" oder den "Epigraphes antiques". Diesmal haben sie Bearbeitungen auf das Programm gesetzt, die vom Meister selbst und seinen Freunden stammen. Wie beispielsweise Maurice Ravels Fassung des berühmten "Nachmittag eines Fauns": Sie entstand 1910 und komprimiert Debussys eigene Bearbeitung für zwei Klaviere auf ein Instrument.
Jean-Pierre Armengaud, der hier den Part des ersten Spielers übernimmt, ist ein Grand Seigneur unter den französischen Pianisten: Sein riesiges Repertoire reicht von Bach bis Boulez, in dem die Musik seiner Heimat selbstverständlich einen wichtigen Schwerpunkt bildet. Im Laufe seiner internationalen Karriere spielte Armengaud unter anderem das gesamte Klavierwerk von Edison Denisov, Albert Roussel, Eric Satie und Claude Debussy ein.
Sein zwanzig Jahre jüngerer Kollege Olivier Chauzu hat sich ein ähnlich breit gefächertes Repertoire erarbeitet und unter anderem sämtliche Klavierwerke Paul Dukas aufgenommen. Beide Pianisten agieren mit viel Verve und Leidenschaft, technischer Finesse und tiefgründiger Interpretation. Und sie entlocken ihrem Instrument eine beeindruckende nuancierte Klangfülle, die dem Orchesteroriginal sehr nahe kommt.
Anspruchsvolle Bearbeitungen
"Nach zwei Tagen Pause arbeite ich mit der einen Hand am vierhändigen Klavierarrangement von ‚La Mer‘ und mit der anderen an den ‚Images‘", schrieb Claude Debussy am 6. März 1905 an seinen Verleger Durand. Allerdings tat der Komponist sich schwer mit den drei "Bildern; von den ersten Skizzenentwürfen bis zur Vollendung des gesamten Werkes vergingen über sechs Jahre. "Iberia", das zweite der "Images", das selbst aus drei Sätzen besteht, vollendete Debussy 1908 und ein Jahr später die abschließenden "Rondes de printemps".
Danach begann er die Komposition der "Gigues" in Zusammenarbeit mit seinem Schüler und Freund André Caplet, der die Orchestrierung vollendete. Dieser erstellte später gleich zwei Bearbeitungen der "Images": eine für zwei Klaviere und eine für vierhändiges Klavier.
Klavier als Orchesterersatz
Auch wenn nur eine der drei Klavierfassungen auf der CD von ihm selbst stammt, so scheint Debussy das vierhändige Klavier als Orchesterersatz durchaus geschätzt zu haben. So liegen unter anderem ein früher Sinfoniesatz und ein Orchesterscherzo in dieser Fassung vor. Zudem gibt es auch noch weitere Bearbeitungen und frühe Originalkompositionen Debussys für Klavier zu vier Händen. Insofern darf man gespannt darauf sein, wann das Duo Armengaud und Chauzu seine dritte CD dazu herausbringt.
Die vorgestellte CD:
Debussy: Klaviermusik zu vier Händen Vol.2
Jean-Pierre Armengaud, Olivier Chauzu, Claude Debussy
Naxos, 2016, 8,95 Euro
Debussy: Klaviermusik zu vier Händen Vol.2
Jean-Pierre Armengaud, Olivier Chauzu, Claude Debussy
Naxos, 2016, 8,95 Euro