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Deckel auf den Pakt

Bundeskanzlerin Merkel und die Länderchefs wollen bis 2019 zirka 18 Milliarden Euro zusätzlich für die Förderprogramme "Hochschulpakt", "Forschungspakt" und "Exzellenzinitiative" ausgeben. Mit dem Geld sollen unter anderem 275.000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden.

Von Jacqueline Boysen |
    Kate Maleike: Heute könnte ein ganz wichtiger Tag werden für Bildung und Forschung in Deutschland, denn heute soll in Berlin beim Treffen von Bund und Ländern ein 18-Milliarden-Euro-Paket verabschiedet werden, mit dem die Förderprogramme Hochschulpakt, Forschungspakt und Exzellenzinitiative weitergeführt werden können. Die liegen nämlich bislang auf Eis wegen der Haushaltsvorbehalte, und - und im Bild zu bleiben - eine ganze Kuhherde würde heute wohl vom Eis kommen, wenn denn die Daumen in Berlin hochgehen. Jacqueline Boysen beobachtet für uns das Geschehen. Frau Boysen, heute Vormittag haben sich die Ministerpräsidenten ja zunächst mal unter sich getroffen. Sind sie sich denn wenigstens da mal einig geworden?

    Jacqueline Boysen: Ja, das kann man wohl so sagen. Also sie haben sich in der Tat geeinigt und sie haben sich bemüht, dieses recht zerrissene Bild, das sie in der Hochschulpolitik in den letzten Wochen abgegeben haben, ein bisschen zu kitten. Im Prinzip ist natürlich auch keiner gegen Hochschulförderung, und sie sind auch alle für den Forschungspakt. Aber es gab eine Reihe von Finanzministern, die schon gleich nach dem Bildungsgipfel in Dresden ganz erhebliche Zweifel daran hatten, dass die erforderliche Teilfinanzierung die Länderhaushalte eben zu sehr belasten würde. Und jetzt haben sich heute Mittag nach spannenden Auseinandersetzungen die Länderregierungschefs untereinander geeinigt, und das ist schon mal ein gutes Zeichen, sagt jedenfalls der sozialdemokratische Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck:

    "Wir wussten, als wir in Dresden über diese Fragen schon verhandelt haben und die ganze Zeit über die Konditionen um die Herausforderung. Es kann ja niemand sagen, ich habe jetzt heute entdeckt, das kostet Geld. Also insoweit kann ich Überraschung nicht akzeptieren, aber sehr wohl, dass man ernsthaft weiß, das muss finanziert werden. An der Hochschule, an der Forschung zu sparen, wäre absolut das Falscheste."

    Boysen: Es gab heute einen kleinen Trick. Die besonders hoch verschuldeten Länder - Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Bremen und ein paar andere - haben sich zwar der gemeinsamen Lösung auch heute angeschlossen, sie haben aber eine zusätzliche Protokollerklärung abgegeben, in der sie auf ihre besonders schwierige Haushaltslage hingewiesen haben. Trotzdem ist der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der von der CDU kommt und die Sitzung der Ministerpräsidenten heute geleitet hat, ganz zuversichtlich, dass die Länder auch gegenüber der Kanzlerin nachher geschlossen auftreten können - im Interesse der Hochschulen und der Forschung:

    "Wir sind uns einig, dass wir heute mit der Bundesregierung gemeinsam die Verwaltungsvereinbarungen zum Hochschulpakt unterzeichnen wollen. Es ist auch unstreitig, dass die Länder auch der Fünf-Prozent-Regel zustimmen werden, wobei natürlich einige Länder in einer Protokollerklärung die Anstrengungen, die dazu notwendig sind, noch mal verdeutlicht haben."

    Boysen: Rein formal gesehen steht trotz der Einigung der Länder natürlich mit jedem neuen Haushaltsjahr neu die Finanzierung in Einzelteilen, sozusagen in den jeweiligen Landtagen, also in 16 Landtagen zur Debatte. Das Geld, also die 18 Milliarden Euro für den Hochschulpakt und die Forschungsförderung, dieses Geld wird ja nicht in einem Paket überreicht. Aber wenn dem eine solche Vereinbarung, wie sie heute getroffen wurde und vielleicht nachher noch von der Kanzlerin bestätigt wird, dem Ganzen eine solche Vereinbarung zugrunde liegt, dann wiegt so was natürlich schwer und verpflichtet auch die Finanzminister.

    Maleike: Sie haben das schon angesprochen, gleich geht es noch zur Bundeskanzlerin, die - so war ja immer wieder zu lesen - eine Befürworterin der Förderprogramme ist. Wie groß stehen denn dann die Chancen, dass es wirklich heute endgültig grünes Licht gibt?

    Boysen: Ja, das wäre jetzt verfrüht natürlich, sich schon mal zu freuen. Aber die Ministerpräsidenten zeigten sich vorhin wirklich zuversichtlich im Bundesrat, wo sie zusammensaßen, dass auch der Bund sich heute nicht verweigern wird. So Blockaden, wie wir sie in den letzten Wochen erlebt haben, sind natürlich - aber da müssen wir berücksichtigen, dass wir ein Wahlkampfjahr haben - auch taktisch motiviert. Wenn also einige Länder drohen, den Pakt zu torpedieren, dann haben sie natürlich taktische Gründe. Wenn man erst mal Nein sagt, das überfordert uns, dann erbarmt sich ja vielleicht noch irgendjemand anders, in diesem Fall wird da natürlich der Bund ins Spiel gebracht, noch mehr draufzulegen. Und umgekehrt war auch der Bundesfinanzminister über das Vorpreschen auf dem Bildungsgipfel nicht erfreut. Und jetzt hat man nun ein Paket geschnürt mit kleinen Kompromissen, mit dem sich der Bund vermutlich auch wird anfreunden können. Betroffen von eventuellen Schwankungen übrigens, das sollten wir noch ganz klar sagen, ist nicht die Finanzierung der zusätzlichen 275.000 Studienplätze und auch nicht der Hochschulpakt und auch nicht die Exzellenzinitiative, sondern die Forschungsförderung. Also nicht ganz in trockenen Tüchern ist das Ziel, bis zum Jahr 2015 eine jährliche Steigerung in den Forschungsetats von fünf Prozent durchzusetzen. Genaueres wissen wir da noch nicht, da müssen wir dann doch noch abwarten bis in den Nachmittag hinein, was das Treffen im Kanzleramt dann bringt. So gegen 16 Uhr heißt es jetzt, wird die Kanzlerin sich mit dem Ministerpräsidenten vor die Presse stellen. Wir sind dabei.

    Maleike: Danke, Jacqueline Boysen in Berlin. Dort liegen die milliardenschweren Förderprogramme für Bildung und Forschung gerade zur Entscheidung auf dem Verhandlungstisch von Bund und Ländern.