Fake News und Desinformation
Das Ziel ist Angst, Verunsicherung und Wut

Heute glauben nicht mehr Menschen als früher an Verschwörungserzählungen - doch über die sozialen Medien verbreiten sich diese schneller und weiter. Wie gefährlich sind Falschinformationen für die Demokratie?

    Eine Grafik mit einem Mann, der mit einem Megafon hinter einer großen Maske steht und eine verwirrende Ankündigung macht. Es ist eine Grafik, die den Begriff Propaganda symbolisieren soll.
    Den Kontext weglassen, Fakten verändern, Lügen in die Welt setzen: Mit Desinformationen werden in der Regel bestimmte Interessen verfolgt. (imago images / Ikon Images / Gary Waters)
    Fake News und Verschwörungserzählungen haben gerade in Krisenzeiten Hochkonjunktur. Über Social Media finden auch die abstrusesten Theorien massenhaft Verbreitung. Zwar gehen Fachleute davon aus, dass heutzutage nicht mehr Menschen als früher an Verschwörungstheorien oder Desinformationen glauben. Doch diese sind heute präsenter. Sie sind politische Normalität. Wie groß ist die Gefahr, die von Desinformationen ausgeht, wirklich? Und wie kann man ihr begegnen?

    Inhalt

    Was unterscheidet Desinformation von Misinformation und Fake News?

    Wenn es um Falschinformationen geht, werden oft viele verschiedene Begriffe verwandt, die aber nicht immer trennscharf sind und unterschiedliche Bedeutungen haben.
    Der Begriff Fake News ist zu einem politischen Kampfbegriff geworden, der oft genutzt wird, um Nachrichtenquellen zu diskreditieren. Deswegen haben sich in der Wissenschaft die Bezeichnungen Misinformation und Desinformation durchgesetzt.
    Was beide Begriffe gemein haben, ist, dass sie Informationen bezeichnen, die nicht wahr sind:
    Misinformation bezieht sich auf falsche Informationen, die unabsichtlich verbreitet wurden - beispielsweise, weil eine Information falsch verstanden und dann fehlerhaft weitergegeben wurde.
    Die Desinformation ist hingegen eine falsche Information, die bewusst als solche verbreitet wird. Diese absichtliche Verbreitung von unwahren Informationen hat dabei meist ein strategisches Ziel.

    Was ist das Ziel von Desinformation?

    Desinformation kann verschiedene Ziele verfolgen, beispielsweise das Schüren von politischem Zynismus oder Verunsicherung, aber auch die Schädigung politischer Gegner. Zwar besteht hinter Desinformation immer eine Absicht, aber es geht nicht unbedingt darum, Menschen von einer Fehlinformation zu überzeugen.
    Oft ist das Ziel zu verunsichern. Dadurch sollen negative Gefühle wie Angst, Ekel oder Wut hervorgerufen werden.

    Wie verbreitet ist Desinformation?

    Befragungsstudien belegen, dass ein erheblicher Teil der deutschen Bevölkerung mittlerweile mit Desinformationen in Berührung kommt. Laut dem Statistischen Bundesamt gaben im ersten Quartal 2023 rund 48 Prozent der Internetnutzer im Alter von 16 bis 74 Jahren in Deutschland an, auf falsche oder unglaubwürdige Informationen im Netz gestoßen zu sein. Beispielsweise erinnerten sich 49 Prozent der Erwachsenen in Deutschland im Jahr 2021 an Posts, die den menschengemachten Klimawandel als Falschmeldung darstellten.

    Wie groß ist die Gefahr durch Desinformationen?

    Die tatsächliche Gefahr durch Desinformationen abzuschätzen ist schwer. "Wir wissen, dass es gezielte Versuche der Meinungsbeeinflussung in Wahlkämpfen oder im politischen Raum gibt. Was wir nicht wissen: Wie weit Desinformation im digitalen Raum geht und welche Effekte es dort hat", sagt der Politikwissenschaftler Andreas Jungherr.
    Dass es kaum Studien zu der Reichweite gebe, könne damit zusammenhängen, dass die Effekte von Desinformationen schwer messbar sind. Denkbar sei aber auch, dass die Auswirkungen von Desinformationen geringer sind als oft medial dargestellt, sagt Jungherr.
    Ähnlich äußert sich der Kommunikationswissenschaftler Christian Hoffmann gegenüber dem Science Media Center: „Es gibt Desinformation – aus dem In- und aus dem Ausland. Aber es gibt keinen Anlass, unsere Demokratie dadurch als gefährdet zu betrachten. Selbst in den USA erlaubt die Studienlage bisher keine klare Aussage zur Auswirkung von Desinformation auf das politische System, was angesichts der Turbulenzen um Donald Trump überraschen mag.“
    Was eine empirische Studie Jungherrs in den USA allerdings gezeigt hat: Wer Informationen in einem Umfeld wahrnimmt, in dem ständig alarmistisch vor Desinformation gewarnt wird, zeigt sich danach unzufriedener mit der Demokratie.

    Wie kann man Desinformation erkennen?

    Desinformationen ist man nicht hilflos ausgeliefert. Jeder Einzelne kann in einfachen Schritten versuchen, Desinformationen zu erkennen.
    Kritisch hinterfragen
    Desinformationen haben häufig ähnliche Muster. Sie zeichnen sich oft durch reißerische und emotionale Sprache aus. Zudem sollte man Überschrift und Text auf Widersprüche prüfen.
    Quellen vergleichen
    Bei fraglichen Nachrichten hilft es meist, verschiedene Quellen zu vergleichen. Eine wichtige Information oder Nachricht würden immer verschiedene Medien aufgreifen. Gerade wenn kein etabliertes Qualitätsmedium eine Nachricht meldet, ist Vorsicht geboten.
    Absender prüfen
    Die Frage, wer das Bild, das Video oder den Text veröffentlicht hat, ist sehr wichtig. Ein Blick ins Impressum kann Aufschluss darüber geben, wer hinter einem Medium steht. Journalistische Standards verlangen, dass der Autor seinen Namen, oder wenigstens sein Kürzel, unter einen Artikel setzt. Stammt eine Information von einer Nachrichtenagentur, beispielsweise der Deutschen Presse Agentur (dpa), muss auch das kenntlich gemacht werden.

    Was wird gegen Desinformation unternommen?

    Seit 2018 verpflichten sich viele, aber nicht alle Onlineplattformen im sogenannten „Code of Practice on Disinformation“, Maßnahmen gegen Desinformation zu ergreifen. Diese Selbstverpflichtung soll in die Regeln des neuen „Digital Services Act“ der EU eingebettet werden.
    Bereits jetzt sind Facebook, YouTube, TikTok, X und Co. aufgrund des „Digital Services Act“ verpflichtet, sich mit Desinformation zu beschäftigen. Sie müssen die Risiken für ihre Nutzer einschätzen und offenlegen, wie sie dagegen vorgehen.
    Wer zu wenig tut, muss mit einem Verfahren und hohen Strafen rechnen. Derzeit ermittelt die EU-Kommission beispielsweise gegen X - unter anderem, weil das Netzwerk Nutzer ohne Prüfung als „verifiziert“ ausgibt, sobald diese ein Abonnement abschließen.

    mag