Christian Bremkamp: In Stuttgart hat am Morgen der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Polizeieinsatz am 30. September mit seinen voraussichtlich letzten Zeugenbefragungen begonnen. Zum Abschluss der Beweisaufnahme sollten Ministerpräsident Stefan Mappus und vier weitere Minister aussagen. Am Telefon bin ich jetzt verbunden mit dem Grünen-Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl, Obmann für seine Partei im Untersuchungsausschuss. Guten Tag, Herr Sckerl.
Hans-Ulrich Sckerl: Guten Tag!
Bremkamp: Der Ministerpräsident sagt, von Einmischung kann keine Rede sein, er habe vielmehr deeskalierend gewirkt. Was sagen Sie dazu?
Sckerl: Deeskalierend sieht anders aus. Er hat im Verlaufe des August und Septembers das Seinige dazu beigetragen, die Situation anzuheizen, mit Begriffen wie "Berufsdemonstranten", oder aber auch mit dem "Fehdehandschuh", der ihm hingeworfen worden sei und den er jetzt aufnimmt. Das waren sehr martialische Formulierungen und die haben zweifelsohne zur Aufheizung des Klimas in Stuttgart beigetragen.
Bremkamp: Er sagt, er hat keinen Einfluss genommen. Das war ja auch ein Vorwurf. Wie hätte Stefan Mappus denn reagieren sollen, wenn überhaupt?
Sckerl: Der Lauf der Dinge war letztendlich so, dass bei der Besprechung in seinem Staatsministerium in seiner Anwesenheit die Entscheidung über diesen Polizeieinsatz am 30. September gefallen ist, und ihm hätte das Risiko, das große Risiko dieses Einsatzes bewusst sein müssen und er hätte behutsamer damit umgehen müssen. Er hätte nach meiner Überzeugung dem Rat des Landespolizeipräsidenten folgen müssen, unter diesen Umständen den Einsatz am nächsten Tag nicht durchzuführen.
Bremkamp: Wer und ob ein hartes Durchgreifen der Polizei angeordnet hat, das soll dieser Untersuchungsausschuss klären, bislang ohne deutliches Ergebnis. Fehlen einfach auch entsprechende Protokolle, Aufzeichnungen?
Sckerl: Es fehlen Aufzeichnungen. Wir haben von den ganz wichtigen Besprechungen am 20. und 27. September keinerlei Aufzeichnungen. Die sind deshalb wichtig, weil es die Besprechungen sind, bei denen erstens der konkrete Einsatztermin und zweitens die konkreten Umstände des Einsatzes besprochen und festgelegt worden sind. Von daher haben wir nicht die Möglichkeit, das letztendlich wirklich beurteilen zu können.
Bremkamp: Wie erklären Sie sich das, dass da einfach Protokolle fehlen, oder vielleicht gar nicht geschrieben worden sind?
Sckerl: Ich halte das für einen Skandal. Es ist Informationsunterdrückung. Der Untersuchungsausschuss wird an dieser Stelle an der Aufklärung massiv behindert.
Bremkamp: Was können Sie daran noch ändern?
Sckerl: Wir können versuchen, noch so viel wie möglich an Informationen über diese beiden Besprechungen herauszufinden, und wir werden nach wie vor nachfordern, dass Protokolle nachgereicht werden mit allen Einzelheiten. Aber die Mehrheit im Ausschuss, bestehend aus CDU und FDP, hat bisher kein allzu großes Interesse an tatsächlicher Aufklärung gezeigt.
Bremkamp: Sie gehen davon aus, dass es diese Protokolle gibt, diese nur bislang nicht vorgelegt worden sind?
Sckerl: Ich weiß das letztendlich nicht. Ich muss mich damit zufriedengeben, dass die Protokolle warum auch immer bisher nicht geschrieben worden sind. Aber es waren genug Leute anwesend, die sich Aufzeichnungen gemacht haben, sodass eine Wiedergabe, eine schriftliche Wiedergabe der Besprechungsergebnisse immer noch möglich wäre.
Bremkamp: Denn normalerweise werden bei solchen Großeinsätzen doch auch Pläne für die Polizei von der Polizei angefertigt.
Sckerl: Ja. Selbstverständlich werden da umfangreiche Aufzeichnungen gemacht. Es gibt ein Einsatztagebuch, es gibt Einsatzbefehle mit allen Einzelheiten. Dass das wie gesagt bei diesen beiden wichtigen Besprechungen nicht der Fall war, ist sehr auffällig und für mich auch ein kleiner politischer Skandal.
Bremkamp: Stand der Dinge heute: Erhoffen Sie sich noch Aufklärung bis Januar?
Sckerl: Wir wollen noch einige Fragen des Einsatzverlaufes selbst geklärt haben. Dazu kommt heute noch mal der Stuttgarter Polizeipräsident in den Zeugenstand. Nach seiner ersten Aussage Ende November und den zwischenzeitlichen Aussagen anderer Zeugen gibt es derart viele Widersprüche, sodass es da noch einiges aufzuklären und an Erkenntnissen zu gewinnen gibt.
Bremkamp: Welchen Eindruck haben Sie denn vom Verhalten der Polizei, vom Polizeipräsidenten?
Sckerl: Der Polizeipräsident erscheint mir nach wie vor, am 30. September wie fremdgesteuert gewesen zu sein. Ich habe ihn immer als besonnenen, liberalen und zurückhaltenden Polizeiführer erlebt, der nicht umsonst die Stuttgarter Linie der Deeskalation über viele Jahre persönlich geprägt hatte.
Bremkamp: Wer müsste Ihrer Ansicht nach Konsequenzen ziehen, wenn überhaupt?
Sckerl: Über Konsequenzen konkret zu reden, ist sicherlich heute nicht der richtige Zeitpunkt. Wir werden in der Weihnachtspause und zu Beginn des Jahres unser Statement, unsere Einschätzungen zu Papier bringen, werden dann in die Fraktion gehen. Die muss diese Frage entscheiden, insbesondere wenn es um personelle Konsequenzen geht. Wir werden aber über etwaige personelle Konsequenzen hinaus auch Dinge fordern wie kein Einsatz von Wasserwerfern mehr bei solchen Demonstrationen, wie wir sie am 30. September hatten, ein neues Versammlungsrecht für Baden-Württemberg, was liberaler ist als das bisherige, und einige andere Dinge in dieser Hinsicht.
Bremkamp: In Stuttgart tagt der Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Polizeieinsatz am 30. September. Im Gespräch war das der Obmann der Grünen im Ausschuss, Hans-Ulrich Sckerl. Herzlichen Dank, Herr Sckerl.
Sckerl: Bitte schön! Auf Wiederhören.
Hans-Ulrich Sckerl: Guten Tag!
Bremkamp: Der Ministerpräsident sagt, von Einmischung kann keine Rede sein, er habe vielmehr deeskalierend gewirkt. Was sagen Sie dazu?
Sckerl: Deeskalierend sieht anders aus. Er hat im Verlaufe des August und Septembers das Seinige dazu beigetragen, die Situation anzuheizen, mit Begriffen wie "Berufsdemonstranten", oder aber auch mit dem "Fehdehandschuh", der ihm hingeworfen worden sei und den er jetzt aufnimmt. Das waren sehr martialische Formulierungen und die haben zweifelsohne zur Aufheizung des Klimas in Stuttgart beigetragen.
Bremkamp: Er sagt, er hat keinen Einfluss genommen. Das war ja auch ein Vorwurf. Wie hätte Stefan Mappus denn reagieren sollen, wenn überhaupt?
Sckerl: Der Lauf der Dinge war letztendlich so, dass bei der Besprechung in seinem Staatsministerium in seiner Anwesenheit die Entscheidung über diesen Polizeieinsatz am 30. September gefallen ist, und ihm hätte das Risiko, das große Risiko dieses Einsatzes bewusst sein müssen und er hätte behutsamer damit umgehen müssen. Er hätte nach meiner Überzeugung dem Rat des Landespolizeipräsidenten folgen müssen, unter diesen Umständen den Einsatz am nächsten Tag nicht durchzuführen.
Bremkamp: Wer und ob ein hartes Durchgreifen der Polizei angeordnet hat, das soll dieser Untersuchungsausschuss klären, bislang ohne deutliches Ergebnis. Fehlen einfach auch entsprechende Protokolle, Aufzeichnungen?
Sckerl: Es fehlen Aufzeichnungen. Wir haben von den ganz wichtigen Besprechungen am 20. und 27. September keinerlei Aufzeichnungen. Die sind deshalb wichtig, weil es die Besprechungen sind, bei denen erstens der konkrete Einsatztermin und zweitens die konkreten Umstände des Einsatzes besprochen und festgelegt worden sind. Von daher haben wir nicht die Möglichkeit, das letztendlich wirklich beurteilen zu können.
Bremkamp: Wie erklären Sie sich das, dass da einfach Protokolle fehlen, oder vielleicht gar nicht geschrieben worden sind?
Sckerl: Ich halte das für einen Skandal. Es ist Informationsunterdrückung. Der Untersuchungsausschuss wird an dieser Stelle an der Aufklärung massiv behindert.
Bremkamp: Was können Sie daran noch ändern?
Sckerl: Wir können versuchen, noch so viel wie möglich an Informationen über diese beiden Besprechungen herauszufinden, und wir werden nach wie vor nachfordern, dass Protokolle nachgereicht werden mit allen Einzelheiten. Aber die Mehrheit im Ausschuss, bestehend aus CDU und FDP, hat bisher kein allzu großes Interesse an tatsächlicher Aufklärung gezeigt.
Bremkamp: Sie gehen davon aus, dass es diese Protokolle gibt, diese nur bislang nicht vorgelegt worden sind?
Sckerl: Ich weiß das letztendlich nicht. Ich muss mich damit zufriedengeben, dass die Protokolle warum auch immer bisher nicht geschrieben worden sind. Aber es waren genug Leute anwesend, die sich Aufzeichnungen gemacht haben, sodass eine Wiedergabe, eine schriftliche Wiedergabe der Besprechungsergebnisse immer noch möglich wäre.
Bremkamp: Denn normalerweise werden bei solchen Großeinsätzen doch auch Pläne für die Polizei von der Polizei angefertigt.
Sckerl: Ja. Selbstverständlich werden da umfangreiche Aufzeichnungen gemacht. Es gibt ein Einsatztagebuch, es gibt Einsatzbefehle mit allen Einzelheiten. Dass das wie gesagt bei diesen beiden wichtigen Besprechungen nicht der Fall war, ist sehr auffällig und für mich auch ein kleiner politischer Skandal.
Bremkamp: Stand der Dinge heute: Erhoffen Sie sich noch Aufklärung bis Januar?
Sckerl: Wir wollen noch einige Fragen des Einsatzverlaufes selbst geklärt haben. Dazu kommt heute noch mal der Stuttgarter Polizeipräsident in den Zeugenstand. Nach seiner ersten Aussage Ende November und den zwischenzeitlichen Aussagen anderer Zeugen gibt es derart viele Widersprüche, sodass es da noch einiges aufzuklären und an Erkenntnissen zu gewinnen gibt.
Bremkamp: Welchen Eindruck haben Sie denn vom Verhalten der Polizei, vom Polizeipräsidenten?
Sckerl: Der Polizeipräsident erscheint mir nach wie vor, am 30. September wie fremdgesteuert gewesen zu sein. Ich habe ihn immer als besonnenen, liberalen und zurückhaltenden Polizeiführer erlebt, der nicht umsonst die Stuttgarter Linie der Deeskalation über viele Jahre persönlich geprägt hatte.
Bremkamp: Wer müsste Ihrer Ansicht nach Konsequenzen ziehen, wenn überhaupt?
Sckerl: Über Konsequenzen konkret zu reden, ist sicherlich heute nicht der richtige Zeitpunkt. Wir werden in der Weihnachtspause und zu Beginn des Jahres unser Statement, unsere Einschätzungen zu Papier bringen, werden dann in die Fraktion gehen. Die muss diese Frage entscheiden, insbesondere wenn es um personelle Konsequenzen geht. Wir werden aber über etwaige personelle Konsequenzen hinaus auch Dinge fordern wie kein Einsatz von Wasserwerfern mehr bei solchen Demonstrationen, wie wir sie am 30. September hatten, ein neues Versammlungsrecht für Baden-Württemberg, was liberaler ist als das bisherige, und einige andere Dinge in dieser Hinsicht.
Bremkamp: In Stuttgart tagt der Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Polizeieinsatz am 30. September. Im Gespräch war das der Obmann der Grünen im Ausschuss, Hans-Ulrich Sckerl. Herzlichen Dank, Herr Sckerl.
Sckerl: Bitte schön! Auf Wiederhören.