Im Rahmen des Denkfabrik-Themas 2020 "Dekolonisiert euch" widmen wir uns in der Sommerreihe der Sendung "Kulturfragen" dezidiert nicht-weißen Positionen.
Übersicht: Postkoloniale Denkerinnen im Gespräch
27.06. Westliche "Ignoranz gegenüber der eigenen Ignoranz"
05.07. "Völkerkundliche Museen und rassistische Gedanken"
19.07. Die Geschichte der Philosophie muss neu gedacht werden
26.07. Was hat die Kolonialideologie bedeutet?
02.08. Sind Objekte aus kolonialen Kontexten Raubgut?
22.08.Wie dekolonisiert man Sprache?
Übersicht: Postkoloniale Denkerinnen im Gespräch
27.06. Westliche "Ignoranz gegenüber der eigenen Ignoranz"
05.07. "Völkerkundliche Museen und rassistische Gedanken"
19.07. Die Geschichte der Philosophie muss neu gedacht werden
26.07. Was hat die Kolonialideologie bedeutet?
02.08. Sind Objekte aus kolonialen Kontexten Raubgut?
22.08.Wie dekolonisiert man Sprache?
Der Kongo war von 1885 bis 1960 belgische Kolonie, die vor allem von Leopold II, in dessen Privatbesitz sie zeitweise war, brutal ausgebeutet wurde. Als Propaganda-Instrument für seine "Zivilisationsmission" in dem zentralafrikanischen Land ließ der belgische König das pompöse Afrika Museum in Tervuren bauen. Vor rund 100 Jahren wurden dort in einem "Menschenzoo" auch Kongolesen ausgestellt, sieben von ihnen starben wegen der kalten Temperaturen. Erst vor anderthalb Jahren wurde die immer noch der Kolonial-Ideologie verpflichtete Dauerausstellung neu konzipiert. "Wir haben sicherlich noch einen sehr langen Weg vor uns, wenn wir mit der Dekolonisierung des Museums fortfahren wollen, und ich denke, das sollten wir auch tun", so die Anthropologin Bambi Ceuppens, die an der Neuausrichtung maßgeblich mitgewirkt hat.
Debatte um Denkmäler für Leopold II
Erst seit Kurzem wird über Statuen Leopolds II im öffentlichen Raum in Belgien heftig diskutiert. Auch das Königshaus reagierte jetzt und schickte eine öffentliche Note des Bedauerns an die Regierung im Kongo - bezogen auf die Terrorherrschaft Leopolds II. "Aufgrund dieses Gewaltniveaus scheint es mir ziemlich eindeutig, dass eine solche Person es nicht verdient, mit einem Denkmal in der belgischen Öffentlichkeit geehrt zu werden", sagt Bambi Ceuppens, die damit die Meinung der kongolesischen Diaspora in Belgien teilt. "Man müsste wohl sehr lange suchen, um einen einzigen Kongolesen in Belgien zu finden, der nicht gegen das Vorhandensein dieser Statuen in ihrer jetzigen Form ist." Das bedeute nicht, dass man sie zerstören müsse. Es gäbe auch Vorschläge für künstlerische Interventionen.
Besitzverhältnisse ganz einfach ändern
Bambi Ceuppens plädiert dafür, alle Objekte aus kolonialen Kontexten als Raubgut zu sehen. "In gewisser Weise stehen alle Objekte, die von wem und unter welchen Umständen auch immer während der kolonialen Vergangenheit erworben wurden, in einem moralisch fragwürdigen Kontext. Wir müssen also einen Dialog beginnen, um grundsätzlich zu klären, wie es weitergehen soll." Man könnte ganz einfach jetzt schon Besitzverhältnisse übertragen, dann gehörten die Objekte, die jetzt noch in europäischen Museen lägen, den Herkunftsländern. Und die könnten dann entscheiden, was damit zu tun sei.
Einmischung tabu
Sie befürchte außerdem, dass in 20 oder 30 Jahren wieder über Rückgabe gesprochen werden müsse. Und zwar in Bezug auf zeitgenössische Kunst aus dem Kongo. Die wandere nämlich fast ausschließlich in die westliche Welt, weil dort die Sammler und Museen seien. Im Kongo gebe es keine ausreichende Finanzierung und für die Regierung habe Kunst keine Priorität. Bambi Ceuppens gibt gleichzeitig zu bedenken: "Da kann sich natürlich auch kein anderes Land nach Belieben einmischen. Das wäre wirklich Kolonialismus!"