Der größte Gewinner bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern ist die Angst: vor Muslimen, vor Flüchtlingen, vor der Globalisierung oder dem sozialen Abstieg. Dabei sieht objektiv betrachtet die Wirtschaftsbilanz im Nordosten nicht schlecht aus. Moscheen oder Ausländer kommen im Alltag der Menschen fast nicht vor.
Dennoch vermochte sich die AfD Ängste vor sozialem Abstieg und Überfremdung zunutze zu machen: Ängste, die sie selbst schürt. Immer häufiger schlägt diese Stimmung in Hass und Wut um: Kaum ein Oberbürgermeister oder Bundestagsabgeordneter in der Republik, der nicht Hassmails und Drohungen erhält. Bundestagspräsident Norbert Lammert beklagt in diesen Tagen die zunehmende Anfeindung von Mandatsträgern. Gewaltaufrufe im Netz seien mittlerweile an der Tagesordnung, zögen allerdings keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich, kritisiert er.
Gerd Landsberg: "Wir beobachten eine Hasswelle gegen Kommunalpolitiker"
Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sprach in diesem Zusammenhang von einer neuen Dimension. Man beobachte eine Hasswelle gegen Kommunalpolitiker, erläuterte er in der Sendung "Zur Diskussion". Das Bundeskriminalamt habe im ersten Quartal dieses Jahres allein 115 Straftaten festgestellt, das sei mehr als eine Tat pro Tag, darunter Sachbeschädigung, Volksverhetzung und Nötigung. "Ein Staat muss auch Grenzen aufzeigen, gerade in solchen Situationen, und ich finde, dass wir das viel zu wenig tun", beklagte Landsberg.
Thomas Krüger: "Der Staat muss klare rote Linien aufzeigen"
Der Staat müsse klare rote Linien aufzeigen, forderte der Direktor der Bundeszentrale für Politische Bildung, Thomas Krüger. Es gebe Übergriffe und Beleidigungen, die Straftatbestände seien. Diese müssten verfolgt werden.
Ruprecht Polenz: "Auf der einen Seite ist die Sprache enthemmt, auf der anderen Seite sind die Übergänge zu Gewalthandlungen durchaus fließend."
Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz bemängelte, dass die Justiz die Entwicklung vollkommen unterschätze. Es fehle ein Bewusstsein dafür, wie gefährlich die Verrohung im öffentlichen Umgang sei. "Sprechen, Denken und Handeln hängen zusammen", mahnte Polenz. Von einer verrohten Sprache zu einem entsprechenden Handeln sei es nicht mehr weit.
Thomas Krüger warnte auch mit Blick auf die Politik davor, im Diskurs die eigene Meinung als absolut zu setzen. Denn dann achte man sein Gegenüber nicht mehr und verletze somit auch einen wesentlichen Baustein der Demokratie.