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Demonstration gegen Piloten-Streik
"Die Typen sind total durchgeknallt"

Der Streik der Lufthansa-Piloten sorgt nicht nur bei Fluggästen für Unmut: Auch viele Angestellte aus anderen Bereichen des Konzerns zeigen sich nicht solidarisch mit ihren Kollegen. Sie fürchten Kürzungen bei ihren Stellen - und demonstrieren deswegen gegen den Ausstand.

Von Ludger Fittkau |
    Kundgebung vom Betriebsrat des Frankfurter Bodenpersonals vor der Lufthansa-Unternehmenszentrale
    Kundgebung vom Betriebsrat des Frankfurter Bodenpersonals vor der Lufthansa-Unternehmenszentrale: Die nicht streikenden Angestellten fordern ein Ende des Ausstands. (dpa/picture alliance/Uwe Anspach)
    "Trillerpfeifen im Sonderangebot!"
    Trillerpfeifen werden verteilt, rund 300 Lufthansa-Mitarbeiter greifen zu. Sie pfeifen am Frankfurter Flughafen an gegen die Kälte und auch gegen die Piloten, die sich ein paar hundert Meter weiter entfernt zur Kundgebung versammeln. Ein Teil des Betriebsrates des Lufthansa-Bodenpersonals hatte heute Morgen zur Kundgebung gegen den Pilotenstreik aufgerufen. Horst Gläser und Ulf Hornung von der Lufthansa Cargo waren dem Aufruf gefolgt. Die beiden sind ziemlich sauer auf die streikenden Piloten:
    Gläser: "Ich bin seit 44 Jahren bei Lufthansa im Konzern. Und so etwas habe ich in meinen 44 Jahren noch nicht erlebt, dass eine kleine Gruppe dermaßen eine Firma so unter Druck setzt und schädigt, unmöglich. Deshalb: Sie müssen sich jetzt endlich mal einigen."
    "Die Typen sind total durchgeknallt"
    Hornung: "Man muss immer wieder bedenken, auf was für einem Niveau sich unsere Piloten befinden. Auf allerhöchstem. Und dann noch mal 20 Prozent mehr, das entspricht dem Jahresgehalt von einer Flugbegleiterin. Also, die Typen sind total durchgeknallt! Da sind ein paar Hardliner vorne am Ruder und anscheinend jede Menge Lemminge, die hinterherrennen, also die haben die rote Linie schon lange überschritten und das hier ist schon längst überfällig."
    Einer derjenigen, die von den Gegendemonstranten als Hardliner der Piloten bezeichnet wird, steht nicht weit entfernt an Tor 21, der Einfahrt zur Lufthansa-Basis. Es ist Flugkapitän Christopher Heim, Mitglied der Konzern-Tarifkommission. Er trägt zur Kundgebung seine Pilotenuniform und kann nicht verstehen, dass seine Lufthansa-Kollegen Ulf Hornung und Horst Gläser eine Gegenkundgebung gegen die streikenden Flugzeugführer besuchen:
    "Kann ich natürlich nicht verstehen! Solidarität ist gerade wichtig. In unserem Unternehmen! Insofern hätte ich mir gewünscht, so wie die Verdi und andere Großgewerkschaften, dass es da ein klares Bekenntnis zu Arbeitnehmerrechten gibt."
    Verdi und die Flugbegleitergewerkschaft UFO hatten sich vom Demoaufruf aus dem Betriebsrat des Bodenpersonals gegen die Piloten distanziert. Horst Gläser kann durchaus verstehen, dass nicht alle die Demo gut finden, die sich mitten im Streikgeschehen gegen die Streikenden richtet:
    "Na gut, auf der einen Seite sollten die Gewerkschaften schon eine gewisse Solidarität zeigen - untereinander. Aber ich glaube nichtsdestotrotz, dass es auch mittlerweile Gewerkschaften gibt, die mit Maß und Augenmaß handeln und dann gibt es Gewerkschaften, die sich einfach nur als Vertreter ihrer Zunft sehen."
    "Die Kollegen verstehen nicht, dass wir auch für sie kämpfen"
    Die Pilotenvereinigung Cockpit könne mit der Beschreibung als egoistische Zunft-Vertretung aber nicht gemeint sein, entgegnet Flugkapitän Christopher Heim. Vor allem wenn behauptet werde, höhere Tarife für die Piloten werde in anderen Bereichen zu Abstrichen führen, habe das nichts mit der Realität zu tun, dass das Lufthansa-Management aktuelle Milliardengewinne zwar an Aktionäre ausschütte, bei der Belegschaft aber seit Jahren nur gespart werde:
    "Ich glaube, dass da sehr, sehr viel Firmenpropaganda einfach gewirkt hat, dass man die Leute mit Angst führt in diesem Unternehmen. Einer unserer früheren Vorstände hat auch den Satz gesagt: fear is an extremely strong motivator. Und dass die Kollegen natürlich bedroht werden von allen Seiten, dass sie aber nicht verstehen, dass wir auch für sie kämpfen."
    "Das ganze Gebaren ist höchst kindisch"
    Ein Lufthansa-Mitarbeiterin aus der Weiterbildung will ihren Namen nicht nennen. Auch sie nimmt an der Kundgebung gegen die Piloten teil - will aber ihren Protest auch an die Lufthansa-Geschäftsführung gerichtet wissen.
    "Und das heißt auch nicht automatisch, dass wir jetzt für die Geschäftsleitung sind, wenn wir hier stehen. Sondern wir wollen wirklich, dass der Dialog geführt wird und dass miteinander geredet wird und um Lösungen gerungen wird."
    Der Pilotenstreik sei das falsche Mittel der Auseinandersetzung bei der Lufthansa, aber auch das Management müsse wieder Gesprächsbereitschaft mit den Piloten signalisieren fordert die Lufthansa-Mitarbeitern, die ein Schild trägt mit der Aufschrift "Schlichtung jetzt!":
    "Ich finde einfach, es ist wie in einer guten Ehe, da weiß man auch, man muss miteinander reden. Ansonsten funktioniert es nicht. Und das ganze Gebaren, vielleicht von allen Beteiligten ist zurzeit gerade höchst kindisch."