China wolle in Hongkong den Präzedenzfall verhindern, dass Menschen auf die Straße gingen und die kommunistische Regierung in Peking zu einem Entgegenkommen zwängen, sagte der Ostasienexperte Sandschneider im Deutschlandfunk. "Die Befürchtung, dass das dann in vielen Fällen auch auf dem chinesischen Festland passieren könnte, die ist sicherlich im Hintergrund vorhanden und führt zu dieser kompromisslosen Haltung, die wir jetzt beobachten."
"Ein Land - zwei Systeme" als auslaufendes Modell
Das Modell "Ein Land - zwei Systeme" sei auf 50 Jahre begrenzt, so Sandschneider. Es sei kein Wunder, dass hauptsächlich junge Menschen in Hongkong auf die Straße gingen. Denn sie würden noch erleben, wenn im Jahre 2047 Hongkong wieder Bestandteil des Staatsgebietes der Volksrepublik China werde. Zudem sei nicht zu erwarten, dass Peking nicht genau diese 50 Jahre darauf warten werde, "bevor in Hongkong chinesisches Recht und chinesische Strukturen vom Himmel fallen. Die werden langsam und sukzessive natürlich in diesen 50 Jahren umgesetzt und dagegen wehren sich die Menschen, weil sie merken, dass die Konsequenz dessen darin besteht, das Hongkong nicht mehr das Hongkong ist, das man in der Vergangenheit kannte".
Internationale Unterstützung kaum möglich
In der Situation in Hongkong sieht Eberhard Sandschneider eine Tragik: Er verstehe die Bitte um Unterstützung an das Ausland des Aktivisten Joshua Wong sehr gut. Doch sehe er keine Möglichkeit, wie wirkliche Unterstützung aussehen könnte. So werde Angela Merkel bei ihrem Besuch in Peking sicherlich die Situation in Hongkong ansprechen, dadurch aber keine andere Haltung Chinas bewirken können. Derzeit nach Hongkong zu reisen, halte Sandschneider für eine verlogene Politik: Dadurch würde internationale Unterstützung suggeriert, die im Konfliktfall dann ausbleibe. "Überall dort, wo der Westen versucht hat, Demokratie einzurichten oder zu verteidigen, ist er krachend gescheitert."
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