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Demos gegen Israel
Wütendes Echo

Wegen der Angriffe auf den Gazastreifen wird in Deutschland demonstriert. Dabei wird nicht nur die israelische Regierung angeprangert. In einigen Fällen werden auch antisemitische Slogans gerufen. Besorgnis macht sich breit.

Von Stephan Detjen |
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    Teilnehmer einer pro-palästinensischen Kundgebung demonstrieren am 21.07.2014 vor der Israelischen Botschaft in Berlin. (picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt)
    "Israel bombardiert! Merkel finanziert!"
    Gestern Nachmittag vor der israelischen Botschaft in Berlin. Rund 300 Menschen, vorwiegend junge Männer, demonstrieren gegen die Militäraktionen Israels im Gaza-Streifen. Wenig später verlagert sich der Protest zu einem nahe gelegenen S-Bahnhof. Es fliegen Steine. 17 Personen werden vorläufig festgenommen.
    Die Berliner Polizei reagiert jetzt sensibler. Erstmals wurden den Demonstranten Auflagen erteilt und Parolen untersagt, wie sie noch Ende letzter Woche ungehindert auf dem Kurfürstendamm skandiert wurden:
    "Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!"
    Kritik an der Berliner Polizei
    Dass die Berliner Polizei gegen solche Schmährufe nicht eingeschritten war, brachte ihr scharfe Kritik ein. Das Bild der Demonstrationen dieser Tage ähnelt sich indes in verschiedenen Städten Deutschlands. Der Konflikt im Nahen Osten findet längst auch hierzulande sein wütendes und hasserfülltes Echo.
    "Kindermörder Israel, Allah ist groß", ruft ein vielleicht fünf- oder sechsjähriger Junge, den sein Vater auf den Schultern in einem Demonstrationszug in Essen trägt. An anderer Stelle mischen sich "Adolf-Hitler"- Rufe unter die Parolen einer Gruppe junger Männer.
    In der Bundesregierung wird die aggressive Stimmung bei den anti-israelischen Demonstrationen registriert. Einen konkreten Handlungsbedarf aber sieht der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, nicht:
    "Der Punkt ist nicht erreicht aus unserer Sicht, dass man daraus jetzt weiterreichende Schlüsse ziehen müsste. Wie sollten die auch aussehen? Das Versammlungsrecht ist wie es ist und das ist gut so, dass es so ist. Und im Rahmen dessen finden solche Versammlungen zunächst mal statt."
    Offener Antisemitismus
    Der Zentralrat der Juden und Vertreter jüdischer Organisationen dagegen sind alarmiert.
    "Wir nehmen wahr, dass von Tag zu Tag diese Demonstrationen immer schärfer, immer aggressiver geführt werden und immer mehr Hassparolen bis hin zum offenen Antisemitismus skandiert werden",
    sagt Fabian Weißbarth vom American Jewish Committee in Berlin. Was auf der offenen Straße zu hören und zu sehen ist, dürfte aber nur ein Teil der antisemitischen Aggressionen sein, die sich dieser Tage entladen. Eine amerikanische Antidiskriminierungsorganisation hat im Internet ein Video veröffentlicht, dass die Predigt eines Imams in der Berliner Al-Nur-Moschee zeigt und mit Untertiteln übersetzt:
    "Oh Allah, zerstöre die zionistischen Juden, Zähle sie, töte sie bis auf den letzten. Verschone keinen Einzigen von ihnen. Lasse sie fürchterlich leiden. Sie benehmen sich überall auf der Welt wie Tyrannen und verbreiten die Korruption. Oh Herr, bringe Qualen über sie."
    Die Berliner Polizei bestätigt inzwischen gegenüber unserem Hauptstadtstudio die Authentizität des Videos sowie der Übersetzung und hat Ermittlungen wegen Volksverhetzung aufgenommen. Die Al-Nur Moschee ist als Treffpunkt radikaler Salafisten bekannt. Bei dem Prediger soll es sich nach Angaben der Polizei um einen aus Dänemark nach Berlin eingereisten Imam handeln, der Deutschland bereits verlassen habe und nach Dänemark zurückgekehrt sei.