Wenn Nervenfasern im Gehirn oder Rückenmark durchtrennt sind, reicht es nicht wie bei einem kaputten Kabel, die beiden losen Enden einfach wieder zu verbinden. Eine Nervenzelle muss einen komplett neuen Fortsatz ausbilden und der kann manchmal etliche Zentimeter lang werden. Grundsätzlich verfügen die Zellen über diese Fähigkeit - wären da nicht eine ganze Reihe von Stoppsignalen und anderen Hindernissen, die das Nachwachsen von Nervenfasern blockieren. Was passiert, wenn man eine dieser chemischen Barrieren ausschaltet, hat James Fawcett von der Universität von Cambridge an Ratten untersucht. Dazu behandelte er die Tiere mit einem Enzym das Chondroitinase heißt und eine bestimmte Gruppe von Molekülen einfach zerstört.
"Im Rückenmark sind diese Moleküle an der Narbenbildung beteiligt. Dadurch können verletzte Nervenfortsätze nicht mehr nachwachsen. Diese besonderen Moleküle bilden aber auch eine Barriere um gesunde Nervenzellen und verhindern dadurch, dass diese neue Verbindungen knüpfen können. Bei Kindern unter fünf Jahren fehlt diese Barriere um die Nervenzellen. Deswegen ist ihr zentrales Nervensystems so plastisch. Wenn es verletzt wird, kann es alle möglichen Netzwerke von Nervenzellen aktivieren und so die verlorengegangene Funktion ersetzen. Bei Erwachsenen funktioniert das nicht mehr, weil wir diese Moleküle haben, die die Plastizität blockieren. Wenn wir sie aber mit der Chondroitinase beseitigen, stellen wir die Plastizität wieder her und die Nervenfortsätze im Rückenmark können wieder nachwachsen."
Das Beseitigen der Molekülbarriere reicht aber nicht aus. Die nachwachsenden Nervenzellen knüpfen dann zwar allerlei neue Verbindungen, aber die meisten davon sind völlig überflüssig.
"Man braucht spezifische Verbindungen. Also muss man den teilweise gelähmten Ratten beibringen, welche Nervenzellverbindungen gut und welche schlecht sind. Das macht man, indem man das Tier mit der richtigen Bewegung trainiert. Wir haben also eine Art Rehabilitation mit unseren Ratten gemacht. Sie mussten mit ihrer Vorderpfote kleine Zuckerstückchen aufheben. Dadurch wurden die guten Verbindungen, die für die Kontrolle der Vorderpfote wirklich nützlich sind, trainiert. Weil sie nicht benutzt wurden, sind die schlechten Verbindungen wieder abgebaut worden."
Bei den Ratten waren nur jene Nervenfasern im Rückenmark verletzt worden, die die Vorderpfote kontrollierten. Und nur, wenn gezielt die Bewegung dieser Pfote trainiert wurde, stellte sich auch ein Behandlungserfolg mit der Chondroitinase ein. Die Tiere einfach ziellos im Käfig herumlaufen zu lassen, brachte dagegen gar nichts. Das entspricht auch den Erfahrungen mit der Reha beim Menschen. Deswegen werden Patienten heute nach einer Rückenmarksverletzung auf ein Laufband gestellt, auf dem dann ein Physiotherapeut bei jedem Schritt die Füße so setzt, dass die Bewegung richtig abläuft. Allein dadurch erhalten manche Patienten eine gewisse Bewegungsfähigkeit zurück. Die zusätzliche Behandlung mit Chondroitinase ist bislang allerdings noch nicht für den Menschen zugelassen. Sie hätte allerdings nach Auffassung von James Fawcett viele Vorteile.
"Einige der Behandlungsansätze für Rückenmarksverletzungen können nur funktionieren, wenn man sie direkt nach dem Unfall verabreicht. Das ist dann aber sehr schwierig, weil es den Patienten extrem schlecht geht. Wir wissen aber, dass unsere Behandlung mit Chondroitinase auch noch einen Monat nach der Verletzung gegeben werden kann. Das macht es natürlich viel leichter, eine klinische Studie durchzuführen. Vielleicht funktioniert unser Ansatz sogar bei Patienten, deren Rückenmarksverletzung schon sehr lange zurückliegt."
Zurzeit bemüht sich eine amerikanische Firma darum, die Behandlung mit Chondroitinase durch weitere Laborstudien soweit zu optimieren, dass eine erste klinische Studie beantragt werden kann. Experten gehen allerdings davon aus, dass beim Menschen höchstwahrscheinlich nur eine Kombination von mehreren Behandlungsmethoden zum Erfolg führen wird. Bis jede davon sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen hat, werden sicherlich noch etliche Jahre vergehen.
"Im Rückenmark sind diese Moleküle an der Narbenbildung beteiligt. Dadurch können verletzte Nervenfortsätze nicht mehr nachwachsen. Diese besonderen Moleküle bilden aber auch eine Barriere um gesunde Nervenzellen und verhindern dadurch, dass diese neue Verbindungen knüpfen können. Bei Kindern unter fünf Jahren fehlt diese Barriere um die Nervenzellen. Deswegen ist ihr zentrales Nervensystems so plastisch. Wenn es verletzt wird, kann es alle möglichen Netzwerke von Nervenzellen aktivieren und so die verlorengegangene Funktion ersetzen. Bei Erwachsenen funktioniert das nicht mehr, weil wir diese Moleküle haben, die die Plastizität blockieren. Wenn wir sie aber mit der Chondroitinase beseitigen, stellen wir die Plastizität wieder her und die Nervenfortsätze im Rückenmark können wieder nachwachsen."
Das Beseitigen der Molekülbarriere reicht aber nicht aus. Die nachwachsenden Nervenzellen knüpfen dann zwar allerlei neue Verbindungen, aber die meisten davon sind völlig überflüssig.
"Man braucht spezifische Verbindungen. Also muss man den teilweise gelähmten Ratten beibringen, welche Nervenzellverbindungen gut und welche schlecht sind. Das macht man, indem man das Tier mit der richtigen Bewegung trainiert. Wir haben also eine Art Rehabilitation mit unseren Ratten gemacht. Sie mussten mit ihrer Vorderpfote kleine Zuckerstückchen aufheben. Dadurch wurden die guten Verbindungen, die für die Kontrolle der Vorderpfote wirklich nützlich sind, trainiert. Weil sie nicht benutzt wurden, sind die schlechten Verbindungen wieder abgebaut worden."
Bei den Ratten waren nur jene Nervenfasern im Rückenmark verletzt worden, die die Vorderpfote kontrollierten. Und nur, wenn gezielt die Bewegung dieser Pfote trainiert wurde, stellte sich auch ein Behandlungserfolg mit der Chondroitinase ein. Die Tiere einfach ziellos im Käfig herumlaufen zu lassen, brachte dagegen gar nichts. Das entspricht auch den Erfahrungen mit der Reha beim Menschen. Deswegen werden Patienten heute nach einer Rückenmarksverletzung auf ein Laufband gestellt, auf dem dann ein Physiotherapeut bei jedem Schritt die Füße so setzt, dass die Bewegung richtig abläuft. Allein dadurch erhalten manche Patienten eine gewisse Bewegungsfähigkeit zurück. Die zusätzliche Behandlung mit Chondroitinase ist bislang allerdings noch nicht für den Menschen zugelassen. Sie hätte allerdings nach Auffassung von James Fawcett viele Vorteile.
"Einige der Behandlungsansätze für Rückenmarksverletzungen können nur funktionieren, wenn man sie direkt nach dem Unfall verabreicht. Das ist dann aber sehr schwierig, weil es den Patienten extrem schlecht geht. Wir wissen aber, dass unsere Behandlung mit Chondroitinase auch noch einen Monat nach der Verletzung gegeben werden kann. Das macht es natürlich viel leichter, eine klinische Studie durchzuführen. Vielleicht funktioniert unser Ansatz sogar bei Patienten, deren Rückenmarksverletzung schon sehr lange zurückliegt."
Zurzeit bemüht sich eine amerikanische Firma darum, die Behandlung mit Chondroitinase durch weitere Laborstudien soweit zu optimieren, dass eine erste klinische Studie beantragt werden kann. Experten gehen allerdings davon aus, dass beim Menschen höchstwahrscheinlich nur eine Kombination von mehreren Behandlungsmethoden zum Erfolg führen wird. Bis jede davon sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen hat, werden sicherlich noch etliche Jahre vergehen.