Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der eigentlich "die Welt zu einem besseren Ort machen" wolle, so Fehrensen, habe in seiner Jugend die römischen Imperatoren zu seinen Vorbildern erklärt. Frühere Programme, die er entworfen hat, tragen sogar die Titel von Imperatoren aus dem Römischen Reich.
Eroberungsfantasien, die man als digitalen Kolonialismus bezeichnen kann? Was früher das Gold war, sind heute die Daten? Die Legitimation für deren Preisgabe habe "jeder Einzelne" den Intermediären gegeben, erläutert Fehrensen. Die Menschen schätzten an den sozialen Medien einfach deren Bequemlichkeit: Man verabrede sich auf diese Weise miteinander und vereinfache Abläufe im eigenen Büro.
"Spieregeln nicht-demokratisch legitimierter Unternehmen"
Mittlerweile durchziehe diese Bequemlichkeit nahezu alle Lebensbereiche: "Es gibt Matratzen, die das Schlafverhalten tracken, es gibt die Möglichkeiten der Gesichtserkennung." Gleichwohl komme bei all diesen Dingen der Datenschutz zum Tragen: "Wir bewegen uns stets innerhalb der Spielregeln, die sich einige wenige nicht-demokratische legitimierte Unternehmen ausgedacht haben, die aber mittlerweile so tiefgreifend in unserer Gesellschaft verankert sind, dass sie aus unseren Lebensbereichen gar nicht mehr wegzudenken sind."
Ein anderer Effekt der digitalen Kolonialisierung ist der, dass das Geschäft mit unseren Daten einen tiefen Graben schafft zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden, der sich etwa den Ausbau der digitalen Infrastruktur kaum leisten kann. Dabei gäbe es in Städten wie Nairobi "ganz tolle Technologieprojekte", allerdings fehle es an finanziellen Mitteln, um viele von ihnen umsetzen zu können.
Datenzentren dort, wo früher Zentren der Kolonisierung lagen
Die großen Konzerne wie Facebook setzten gerade alles daran, so Fehrensen, sich in Afrika neue Märkte zu erschließen. Gerade gehe es um die Installation eines riesigen Glaskabelprojektes, das unter dem Meer verlegt werden soll. Und da verhalte es sich tatsächlich so, "dass da mehr oder weniger die gleichen Routen genutzt werden, wie das schon zu Zeiten der Kolonialisierung der Fall war. Die Grundlagen sind die gleichen Kartierungen, die gleiche Geografie. Und die Datenzentren werden genau dort gebaut, wo auch schon zu Zeiten der Kolonialisierung entsprechend angesiedelt wurde", weiß Fehrensen.
Seit den Snowden-Enthüllungen würden die Medien durchaus intensiver als vorher über Themen wie den Datenschutz berichten. Der Begriff "Kolonialisierung" sei in diesem Zusammenhang aber "etwas sperrig": Viele würden ihn nur mit etwas Historischem verbinden und "sehen nicht, dass es sich dabei um ihr eigenes Leben handelt". Von daher sei es wichtig aufzuzeigen, wie Geschäftsmodelle der Intermediären funktionieren. An dieser Stelle würde sich Fehrensen von den Medien wünschen, "noch stärker hinterher" zu sein, um nicht nur nachrichtlich über die Mechanismen sozialer Medien zu berichten, sondern auch Grundlagen zu erklären: "Wie funktionieren eigentlich diese Medien, und wie funktioniert eigentlich dieser Datenkapitalismus?"