Am frühen Morgen des 22. August 1968 meldet der tschechoslowakische Rundfunk den Einmarsch der Warschauer Pakt-Truppen. Die sowjetischen Panzer überrollen brutal die Reformbemühungen des Prager Frühlings. Als Vorwand gilt ein Brief kommunistischer Funktionäre. Noch Jahre später verteidigt Vasil Bilak seine Unterschrift: "Der Sozialismus mit menschlichem Antlitz war nur eine Maske um die Konterrevolution zu verdecken. Die rechten Opportunisten wollten den Aufbau einer wahren sozialistischen Gesellschaft verhindern."
Beziehung Bilaks zur Region
Bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr bleibt das frühere ZK-Mitglied seinen Überzeugungen treu. Alle Versuche einer juristischen Aufarbeitung seiner politischen Verantwortung scheitern kläglich. Grund genug für seine Heimatgemeinde Krajna Bystra, den Funktionär mit einer Bronze-Büste zu ehren, so Bürgermeister Jan Stefanco bei der feierlichen Enthüllung des Denkmals: "Die Beziehungen von Vasil Bilak zu dieser Region und ihren Menschen waren stets aufrichtig und bewundernswert."
Kommunistische Partei KSS finanziert das Denkmal
Tatsächlich sorgt der Funktionär bis zur demokratischen Revolution 1989 für einen steten Aufschwung der 400-Seelen-Gemeinde im äußersten Osten des Landes. Eine Schule, ein Kulturhaus und viele Straßen werden gebaut. "Wahrheit bleibt Wahrheit" lautet deshalb die Inschrift unter der Büste von Vasil Bilak. Gerne sorgt die kommunistische Partei KSS für die Finanzierung, so ihr Vorsitzender Jozef Hrdlicka: "Es soll nicht nur eine Person ehren, sondern alle Generationen, die nach 1945 eine Gesellschaft aufgebaut haben, die sich wirklich um die Menschen gekümmert hat."
Als Chef-Ideologe verantwortlich für Leid und Tod politischer Häftlinge
Eine Argumentation, die Bürger- und Menschenrechtler in der Slowakei hellauf empört. Vasil Bilak verkörpere wie kein anderer die dunkle Seite des Kommunismus, meint der ehemalige Dissident Jan Budaj. Als Chef-Ideologe der Partei sei er mitverantwortlich für das Leid und den Tod tausender politischer Häftlinge: "Vasil Bilak ist ein Hochverräter und Verbrecher. Dass er nach der Wende nie verurteilt wurde, ist eine Schande. Wer ihm jetzt ein Denkmal baut, entehrt alle Opfer des Totalitarismus."
"Das ist so, als ob man in Deutschland Adolf Hitler ehren würde"
Nur wenige Stunden nach der Enthüllung wird das Denkmal von einer Künstlergruppe mit roter Farbe beschmiert. Um weitere Anschläge zu verhindern, organisieren die Bürger eine Nachtwache. Diese Treue des Dorfes für den ZK-Funktionär sei ein Beleg für einen kollektiven Gedächtnisverlust, so der Historiker Ondrej Krajnak: "Das ist so, als ob man in Deutschland Adolf Hitler ehren würde, weil er für den Bau der Autobahnen gesorgt hat, und dabei völlig verdrängt, wie viele Millionen Opfer der Zweite Weltkrieg gefordert hat."
Denkmalstreit inzwischen vor Gericht
Der Denkmalstreit beschäftigt inzwischen auch die Gerichte. In einer Nacht- und Nebelaktion holten unbekannte Täter die Büste vom Sockel. Die Staatsanwälte wollen zusätzlich jetzt allerdings auch prüfen, ob die späte Ehrung des kommunistischen Funktionärs der geltenden Rechtsordnung der Slowakei entspricht.