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Dennis Hohloch (AfD)
"Es braucht einen neuen Bundesvorstand"

Den Beschluss des AfD-Bundesvorstandes, Andreas Kalbitz aus der Partei zu werfen, hat Dennis Hohloch von der Brandenburger AfD als schweren Fehler bezeichnet und eine Neuwahl des Bundesvorstandes gefordert. In der jetzigen Konstellation gebe es Spannungen, die sich gerade entluden, sagte Hohloch im Dlf.

Dennis Hohloch im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
07.05.2020, Brandenburg, Potsdam: Dennis Hohloch, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, spricht während der Sondersitzung des Landtages zum Antrag der AfD- Fraktion zur Aufhebung aller Corona bedingten
Vertrauter und Zögling von Andreas Kalbitz: Dennis Hohloch, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg (dpa/Sören Stache)
Der Bundesvorstand der AfD mit Parteichef Jörg Meuthen hatte Kalbitz, bisher Chef der AfD-Fraktion in Brandenburg, die Partei-Zugehörigkeit entzogen, weil dieser Mitgliedschaften im rechtextremen Milieu verschwiegen haben soll. Die Brandenburger AfD hatte sich dennoch für einen Verbleib von Kalbitz in der AfD-Fraktion Brandenburg ausgesprochen. Der Bundesbeschluss sei ein schwerwiegender Fehler gewesen, sagt Dennis Hohloch, der die Brandenburger Fraktion aktuell als parlamentarischer Geschäftsfüherer leitet. Hohloch gilt als Zögling und Vertrauter von Andreas Kalbitz.
Man habe aber bewusst nicht den Affront mit dem Bundesvorstand gesucht. "Wir hätten ihn ja auch gleich wieder zum Vorsitzenden unserer Fraktion machen können", sagte Hohloch. Zu Kalbitz' Vergangenheit in der rechtsextremen Szene, meinte Hohloch, da seien ihm zuviele Konjunktive im Spiel. Niemand würde die Unterlagen, die beim Verfassungsschutz liegen, kennen.
Jörg Meuthen und Andreas Kalbitz sitzen sitzen hinter einem Pult und blicken in unterschiedliche Richtungen.
"Es ging um eine rechtliche, nicht um eine politische Beurteilung"
Es sei eine juristische und keine politische Entscheidung gewesen, Andreas Kalbitz‘ Mitgliedschaft in der AfD für nichtig zu erklären, sagte Jörg Meuthen, Co-Sprecher der Partei, im Dlf.

Das Interview in voller Länge.
Tobias Armbrüster: Herr Hohloch, macht Ihre Fraktion jetzt die Revolution in der AfD?
Dennis Hohloch: Nein, wir machen keine Revolution. Wir haben das gemacht, was man von einer Fraktion auch erwartet: Wir haben uns hinter unseren Fraktionsvorsitzenden gestellt, der seit zweieinhalb Jahren unsere Fraktion geleitet hat, und haben deswegen beschlossen, ihn auch wieder in die Fraktion aufzunehmen. Wir haben ja auch bewusst auf Wunsch von Herrn Kalbitz hin die Frage des Fraktionsvorsitzes erst mal ausgeklammert, bis der rechtliche Status seiner Mitgliedschaft geklärt ist.
"Vorstandsbeschluss auf tönernen Füßen"
Armbrüster: Aber Vorstandsbeschlüsse in Ihrer Partei, die haben für Sie in Potsdam keine Bedeutung?
Hohloch: Doch, das haben sie durchaus. Nur muss man sagen, dass der Vorstandsbeschluss, der dort gefällt ist, auf tönernen Füßen steht, juristisch gesehen, und unserer Meinung natürlich auch politisch ein schwerwiegender Fehler des Bundesvorstands war. Das haben wir gestern auch deutlich gemacht mit unserem Beschluss, Herrn Kalbitz wieder aufzunehmen, und deswegen fordern wir ja auch gleichzeitig einen neuen außerordentlichen Bundesparteitag und auch die Neu- und Abwahl des Bundesvorstandes, weil wir denken, dass genau dieses Thema auch schnellstmöglich auf einem Bundesparteitag geklärt werden muss.
Armbrüster: Aber geht man denn in einer Partei so respektvoll mit der Parteispitze um, dass man sich einfach ihr widersetzt und sagt, der Mann bleibt in unserer Fraktion? Sie hätten ja auch einfach sagen können, er bleibt nicht in der Fraktion und wir warten einmal ab, was die weiteren Ergebnisse bringen.
Hohloch: Wissen Sie, das gehört zum politischen Diskurs. Es gibt die Meinungen, die einen sagen das, die anderen sagen das. Da gibt es Meinungen, die müssen diskutiert werden. Wir halten diesen Bundesvorstandsbeschluss für einen schwerwiegenden Fehler und haben uns deswegen dazu entschieden, Herrn Kalbitz in die Fraktion aufzunehmen. Ich sagte ja auch: Wir haben ja bewusst den Affront nicht dahingehend gesucht, dass wir Herrn Kalbitz wieder zum Fraktionsvorsitzenden gleich gemacht haben, sondern diese Frage wird dann geklärt, wenn Herr Kalbitz rechtlich dagegen vorgegangen ist, und wir werden abwarten, was die Gerichte dazu sagen werden.
imago images / Martin Müller  Andreas Kalbitz (parteilos, bisheriger AfD-Landes- und Fraktionschef) spricht nach einer Sondersitzung der AfD-Landtagsfraktion auf einer Pressekonferenz zu dessen Verbleib in der Fraktion nach Partei-Rauswurf durch den Bundesvorstand, Landtag Brandenburg, Potsdam, 18. Mai 2020. Brandenburg: Andreas Kalbitz bleibt Mitglied der AfD-Landtagsfraktion *** Andreas Kalbitz non-partisan, former AfD state and faction leader speaks after a special session of the AfD state parliament faction at a press conference on his whereabouts in the faction after party expulsion by the Federal Executive Committee, Landtag Brandenburg, Potsdam, 18 May 2020 Brandenburg Andreas Kalbitz remains member of the AfD state parliament faction
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Armbrüster: Aber das Wort von Jörg Meuthen und von der Parteispitze ist für Sie in Potsdam ja offenbar nichts wert.
Hohloch: Nein, das stimmt natürlich nicht. Der Bundesvorstand fällt viele Beschlüsse. Die haben wir bis jetzt immer akzeptiert. Es gibt aber auch Dinge, die muss man sich als Fraktion natürlich nicht bieten lassen. Der Beschluss im Bundesvorstand wurde ja auch denkbar knapp gefällt und deswegen haben wir gesagt, wir möchten hier erst mal Ruhe im Landesverband haben, weil Herr Kalbitz natürlich auch ein Landesvorsitzender ist, der 23,5 Prozent geholt hat, und das ist eines der stärksten Ergebnisse, was die AfD bundesweit überhaupt irgendwo eingefahren hat.
"Beschluss müsste rückgängig gemacht werden"
Armbrüster: Was sagen Sie dann heute Morgen Ihrem Parteichef Jörg Meuthen?
Hohloch: Na ja. Ich würde ihm sagen, dass das Handeln, was am Freitag passiert ist, im Vorstand ein schwerer Fehler war und man sich überlegen sollte, inwieweit man doch gegen politische Gegner im eigenen parteipolitischen Rahmen vorgehen sollte, und dass eigentlich dieser Beschluss rückgängig gemacht werden müsste.
Armbrüster: Herr Hohloch, der ganze Streit fängt an bei der Feststellung, dass Andreas Kalbitz eine Vergangenheit als Neonazi hat. Viele sagen, er ist nach wie vor ein Neonazi. Was wollen Sie jetzt tun gegen den Eindruck, dass Ihre Partei dasteht als ein Sammelbecken für Rechtsextreme?
Hohloch: Wissen Sie, bei der gesamten Debatte um Herrn Kalbitz sind mir zu viele Konjunktive im Spiel. Es soll und es soll und es könnte geben. Die Unterlagen, die beim Verfassungsschutz liegen, die sind nicht öffentlich. Es soll angeblich eine Liste geben. Herr Kalbitz hat selbst gegen den Verfassungsschutz geklagt, um Herausgabe der Akten gebeten. Das ist nicht geschehen. Das heißt, der Beschluss wurde auch auf Grundlage eines nicht verfügbaren Dokuments gefällt, und da muss man ganz klar sagen, diese ganzen Unterlagen, von denen gesprochen wird, die kennt niemand. Und da muss man sagen: Wir leben in einem Rechtsstaat. In einem Rechtsstaat ist man erst mal natürlich unschuldig, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist. Ich kenne Herrn Kalbitz jetzt persönlich schon seit einigen Jahren und ich kann mit Fug und Recht sagen, dass es sich hier nicht um einen Neonazi oder um einen Rechtsextremisten handelt.
Armbrüster: Wir sehen seit einigen Tagen wieder diese Videos, die überall kursieren, die ganz eindeutig Andreas Kalbitz zeigen, wie er in Leder4hosen teilnimmt an einem Treffen dieses Netzwerks. Noch mal die Frage: Was wollen Sie tun gegen den Eindruck, dass solche Leute in der AfD, in Ihrer Partei hoffähig sind und dort auch ganz nach oben kommen können?
Hohloch: Herr Kalbitz hat ja bewiesen in den letzten Jahren, dass er politisch fähig ist und dass er kein Rechtsextremist ist. Sonst hätten ihn ja nicht 23,5 Prozent der Brandenburger gewählt. Ich kann mich hier noch mal wiederholen: Die Dinge, von denen der Verfassungsschutz spricht, diese Unterlagen, die sind nicht öffentlich. Wir wissen gar nicht, ob sie überhaupt existieren. Und da muss man sich schon fragen lassen in einem Rechtsstaat, ob man jemanden verurteilt für etwas, für das gar keine Beweise vorliegen.
"Das hat nichts mit Spaltung zu tun"
Armbrüster: Herr Hohloch, Sie stellen sich jetzt auch hier wieder ganz klar gegen Ihren Bundesvorstand. Haben Sie vor, die Partei zu spalten?
Hohloch: Nein, das hat nichts mit Spaltung zu tun. Ich stelle mich auch nicht gegen den Bundesvorstand. Ich stelle mich gegen die Entscheidung, die am Freitag gefällt wurde. Das ist ja ein Unterschied.
Armbrüster: Na ja. Das ist ja eine zentrale Forderung des Bundesvorstands gewesen. Das ist ja ein Affront gegen den Vorstand.
Hohloch: Ja! Aber die Entscheidung ist auch denkbar knapp ausgefallen und deswegen sagen wir, wir wollen natürlich keine Spaltung, wir möchten die Klärung auf einem neuen Bundesparteitag. Die Partei ist eine basisdemokratische Partei. Die Möglichkeit besteht ja auch, einen Mitgliederparteitag abzuhalten, wo genau diese Dinge besprochen werden können und Spannungen abgebaut werden können. Da ist nicht die Rede von Spaltung. Es gibt nicht immer nur Schwarz und Weiß, es gibt verschiedene Fassetten, und die müssen genau auf diesem Parteitag diskutiert werden.
Armbrüster: Wenn Ihnen die Parteispitze diesen Gefallen tun würde und tatsächlich so einen Sonderparteitag einberufen würde, was wäre dort Ihr Ziel?
Hohloch: Erst einmal die Klärung – das haben wir auch deutlich gesagt -, dass wir eine Ab- und Neuwahl des Bundesvorstands benötigen. Der Bundesvorstand, der jetzt herrscht, ist anscheinend nicht in der Lage, die Partei einig zu halten, und deswegen muss die Möglichkeit geschaffen werden, den Mitgliedern zu eröffnen, einen neuen Bundesvorstand zu wählen.
Armbrüster: Dann sagen Sie heute Morgen ganz klar, Jörg Meuthen muss weg?
Hohloch: Nee! Ich sage, es braucht einen neuen Bundesvorstand. Das heißt, der Bundesvorstand setzt sich nicht aus dem Bundesvorsitzenden zusammen. Die Entscheidung, die am Freitag gefällt wurde, hat ja nicht Jörg Meuthen allein gefällt, sondern das waren ja sieben Personen im Bundesvorstand, die dafür gesorgt haben, dass diese Spannungen sich gerade entladen, und deswegen muss man ganz klar sagen, wir müssen gucken, wie der neue Bundesvorstand zusammengesetzt werden soll.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.