Die Schwierigkeit ist nicht mehr die Datenerhebung, sondern die richtigen Algorithmen zu finden, mit deren Hilfe sich aus den Datenbergen dann Entscheidungen ableiten lassen. Mathias Weber, Bereichsleiter IT Services beim Bitkom, dem Verband der IT-Unternehmen in Deutschland, nennt ein praktisches Beispiel: den Hamburger Hafen.
"Dort müssen also ganz viele Verkehrsträger Waren anliefern, ganz viele verschiedene müssen die Waren abholen von da. Und man muss die Fläche, die zur Verfügung steht, optimal ausnutzen. Das heißt, jeder muss ganz genau wissen, wann er was abholt, wann er was hinbringt und die ganzen Verkehrsträger müssen auch noch koordiniert werden. Das ist eine typische Big Data-Anwendung, es geht darum, die optimale Verkehrslogistik zu analysieren."
Big Data fußt auch auf persönlichen Informationen
Kein LKW dürfe unnötig Platz verbrauchen, denn das würde im Ergebnis unnötig Geld kosten. Mit diesem Beispiel hat auch Marit Hansen die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Schleswig-Holstein, grundsätzlich kein Problem. Big Data ist aber eben nicht nur in der Logistik im Einsatz – und das bereitet der Informatikerin Hansen große Sorgen. Denn andere Analysen fußen teilweise auf sehr persönlichen Informationen:
"Zum Beispiel Telefondaten oder Einkaufsdaten oder Standortdaten, da werden große Datenbanken gemacht und dann guckt man mal, was rauskommt. Zum Beispiel: Wo kaufen Leute mehr ein, oder wie kann ich die am besten bewerben. Also ganz viele verschiedene Fragestellungen. Sogar die Polizei in einigen anderen Staaten arbeitet mit solchen Systemen, um zu erkennen, gibt es irgendwelche Muster – oder kann man vielleicht sogar Kriminalität vorhersagen."
Im Bundeswirtschaftsministerium muss Stefan Schnorr sich Gedanken machen, welche Rolle Big Data für die Wirtschaft in Zukunft spielt. Er hält vor allem das Prinzip der Datensparsamkeit, wie es das Datenschutzrecht fordert, in dieser Form für überkommen.
"Wir wissen ja noch gar nicht, was aus Daten, die derzeit produziert werden und die irgendwo gesammelt werden können, künftig für neue Analysen erfolgen können, die ganz neue Ergebnisse erbringen können."
Und wenn Verbraucher diese Ergebnisse nützlich finden, sollten sie einer solchen Nutzung ihrer Daten auch zustimmen können, meint der Abteilungsleiter für Digitalisierung und Innovation. Deswegen ist er auch dagegen, dass Daten nur für den Zweck genutzt werden dürfen, für den sie erhoben wurden.
"Dieser Grundsatz der Datensparsamkeit passt nicht mehr in eine Welt, in der wir von Daten leben. In der Daten völlig neue Geschäftsmodelle ermöglichen und wir wollen natürlich, dass nicht nur Google, Facebook und Co., sondern auch deutsche Unternehmen an dieser Wertschöpfung durch Daten teilnehmen."
Nutzer müssen wissen, was mit den Daten passiert
Datenschützerin Marit Hansen sieht hier ein Grundproblem: Für Big Data-Analysen werden regelmäßig Daten von Bürgern genutzt, um Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Doch oft ahnten die gar nichts davon. Auch wenn sie damit in einigen Fällen durchaus einverstanden wären, wie Hansen glaubt, zum Beispiel, wenn es um bestimmte medizinische Forschung gehe. Hansen will, dass die Nutzer einfach klar wissen, was passiert:
"Wenn ich daraus jetzt was ganz anderes ableite, wofür interessieren sich zum Beispiel meine Telefonnutzer, dann ist das nicht mehr mit dem originalen Zweck vereinbar."
Nur in einem Punkt sind sich Wirtschaft, Wirtschaftsministerium und Datenschützer wirklich einig: Big Data kann großen Nutzen bringen – aber nur, wenn auch die Datenqualität stimmt. Denn die besten Algorithmen könnten aus schlechten Datensätzen keine klugen Schlussfolgerungen ziehen.