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Der "Alte Fritz" in leinwandtauglichen Elementen

Kurz vor seinem 300. Geburtstag am 24. Januar ist Friedrich der Große, alias der Alte Fritz, in aller Munde. Wie bei Persönlichkeiten seines Ranges üblich, erscheinen aus diesem Anlass derzeit viele neue Biografien und CDs mit seiner Musik. Ein filmisches Bonbon erscheint dieser Tage auf DVD.

Von Kerstin Peetz |
    Werbespot Winterhilfswerk:

    Wir spielen hier ein Schauspiel aus einer Zeit, in der Pflicht und Opfer ein Volk groß machten. Auch unsere Zeit erfordert Pflicht und Opfer - gebt alle für das Winterhilfswerk des deutschen Volkes!

    Der Alte Fritz als Werbeträger. Während des Drehs zum Spielfilm "Fridericus Rex" fiel gleich noch ein Wochenschau-Spot ab. In preußischer Montur warb Hauptdarsteller Otto Gebühr beim Kinopublikum für das Winterhilfswerk der Nazis. Aber damit nicht genug. Sein Sohn Michael erinnert sich, dass Gebühr in dieser Mission auch außerhalb der Filmstudios unterwegs war.

    "Dann haben sie ihn in Uniform auf die Straße geschickt als Friedrich der Große mit der Sammelbüchse fürs Winterhilfswerk. Da hat er sich so zu Tode geschämt, dass er mit seiner Sammelbüchse in eine Bank gegangen ist, hat nen paar Scheine hingelegt, nen Haufen Münzen, die alle reingesteckt, und dann wieder abgegeben."

    Im deutschen Kino der zwanziger und dreißiger Jahre war Otto Gebühr auf die Rolle des Alten Fritz abonniert. Und er mimt auch die Titelfigur allein in sechs von neun Filmen dieser DVD. Vor und nach seinen Glanzzeiten waren andere gefragt: im Stummfilm der Kaiserzeit und auch in der Fernsehgeschichte der frühen Sechziger. Dabei wurde der Alte Fritz von den Filmemachern für alles Mögliche missbraucht: Für die einen war er Symbol einer besseren Welt. Andere legten ihm Kritik an der Tagespolitik in den Mund. Die Drehbuchautoren hielten es aber mit der historischen Wahrheit oft nicht allzu genau. In ihren Händen wurde Friedrich zu Knetgummi und vor den Karren wechselnder politischer Interessen gespannt.

    Ausschnitt DDR-Film:

    Wir haben nen Wagen da, Majestät: Das Beste ist, Sie kommen gleich mit, eh die Sowjets hier wat riechen." "Strietzky!, lass er mein Pferd vorführen." "Zu Befehl, Majestät.

    Dieser DDR-Streifen von 1957 ist eine Posse, die Stimmung machen sollte gegen den Erzfeind BRD. Darin wird Friedrichs Geist für Filmaufnahmen engagiert, um eine Fortsetzung des mehrteiligen Leinwandepos‘ "Fridericus Rex" zu drehen. Der Alte Fritz wird so zur Lachnummer und der Film zu einer Karikatur, die den Westen als reaktionär, militärisch und kriminell abstempelt.

    Auch in der Bundesrepublik tauchte Friedrich II. damals hin und wieder in den Medien auf. Beispielsweise 1962 in einem Fernsehgespräch. Das Ganze handelte nur scheinbar im 18. Jahrhundert, denn tatsächlich ging es um Themen, die unter den Nägeln brannten: Kubakrise, Oder-Neiße-Grenze, Gastarbeiterfrage, Kriegsschuld und Todesstrafe. Carl Heinz Schroth spielte den König, die Journalisten waren Sebastian Haffner, Thilo Koch und Kurt Wessel.

    "Es wäre uns angenehm zu wissen, dass wird den König von Preußen mit aller Ungeniertheit und höchstem Freimut befragen dürfen."

    "Gazetten, wenn sie interessant sein sollen, dürfen nicht genieret werden. In Hinsicht der Television konzediere ich die gleichen Freiheiten."

    Dabei ist die Unabhängigkeit der Presse - damals wie heute - für Politiker nicht gerade selbstverständlich.

    Für einen Kino-Kassenschlager war das Leben Friedrichs des Großen zu unspektakulär. Darum wurde es von kreativen Drehbuchautoren und Regisseuren mit leinwandtauglichen Elementen gründlich aufgepeppt.

    Da er als Weiberfeind galt, gab es kaum Möglichkeiten, ihm Liebschaften anzudichten. Aber immerhin war er als Schöngeist interessiert an Musik. Grund genug, ihm im Streifen "Die Tänzerin von Sanssouci" einen Satz ins Drehbuch zu schreiben, der so glaubhaft war, dass er als angebliches Originalzitat sogar den Sprung in die populärwissenschaftliche Literatur geschafft hat:

    Schöne Frauen gibt es viele, aber Bach gibt's nur einen.

    Auf der DVD findet sich keine der monumentalen Kino-Produktionen, dafür aber versammelt sie eine Reihe von Kurzfilmen aus einem halben Jahrhundert. Darin wird das Bild eines souveränen Herrschers gezeichnet, der sich während seiner 46-jährigen Amtszeit gerne als der erste Diener seines Volkes sah. Ein Monarch zum Anfassen, sozusagen. Der Alte Fritz kommt also gut weg auf dieser kurzweiligen DVD, die ein Leckerbissen ist für Cineasten und solche, die gar nicht genug kriegen können vom Preußenkönig:

    "Man spricht seit geraumer Zeit - in Andeutungen nur, versteht sich - von einem vorzeitigen Thronverzicht eurer Majestät zugunsten Eures Neffen."
    "Warum sollte ich? Wenn mich auch ??? und Nervenfieber plagen, bin ich doch erst 64 Jahre alt. Meine lieben Preußen werden mich noch einige Zeit ertragen müssen."

    Friedrich II. und der Film

    Edition des Filmmuseums Potsdam, absolut Medien
    ISDN 978-3-89848-549-4