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Der Bamf-"Skandal" und die Medien
"Nicht berichten? Absurd!"

Welche Rolle haben die Medien beim Bamf-"Skandal" gespielt? Man habe über die Vorwürfe zu Beginn berichten müssen, sagte im Dlf Jochen Grabler von Radio Bremen, das zuerst über den Fall berichtet hatte. Die in der Folge entstandene Hysterie habe aber andere Ursachen.

Jochen Grabler im Gespräch mit Christoph Sterz. |
    Die Luftaufnahme zeigt das Gebäude der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
    Die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). (picture alliance/Carmen Jaspersen/dpa)
    Im April hatte ein Recherchenetzwerk aus Radio Bremen, NDR und Süddeutscher Zeitung erstmals über Vorwürfe gegen die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtet. Von bis zu 2000 mutmaßlichen Betrugsfällen war damals die Rede. Inzwischen gibt es für diese Zahl keine Grundlage mehr.
    "Wir hatten eine Nachrichtenlage, und daraufhin haben wir Berichterstattung gemacht", sagte Jochen Grabler im Gespräch mit @mediasres. Grabler leitet die Recherche-Redaktion bei Radio Bremen. "Möglicherweise", räumt er ein, habe man "zu Anfang, als die Basis der Vorwürfe im Wesentlichen auf einem Bericht der Interimsleiterin des Bremer Bamf beruhten, zu wenig hingeguckt". Doch der Verdacht, diese Bamf-Mitarbeiterin verfolge eigene Interesse, habe sich nicht erhärten lassen.
    Vielleicht habe seine Redaktion "auch zu lange gebraucht, herauszufinden, welche Vorwürfe tragbar waren und welche nicht".
    Nicht zu berichten, nachdem man von den Vorwürfen gegen die ehemalige Leiterin der Bremer Bamf-Behörde erfahren hatte, kam für Grabler aber nicht in Frage: "Ich möchte die Redaktion sehen, die angesichts von Durchsuchungen nicht berichtet, bis alles geklärt ist. Das halte ich für absurd, das ist jenseits der Realität."
    Medien in der Kritik
    In den vergangenen Monaten deutete sich an, dass sich die Vorwürfe in der Form nicht zu halten sind. Von 18.315 positiven Bescheiden, die das Bremer Amt seit 2000 erlassen habe, sei nur in 165 Fällen ein "grobes Hinwegsetzen über Vorgaben" vorgekommen, hieß es nun in einem Bericht der "Bild am Sonntag" unter Berufung auf einen vertraulichen Abschlussbericht des Bamf.
    Bereits Mitte Juni hatte der Regensburger Strafrechtler Henning Ernst Müller den Umgang der Medien mit dem Fall und die Folgen der Enthüllungen kritisiert: "Eine anonyme Masse wird zum Rufmord-Mob, der sich durch die Rechercheergebnisse der seriösen Presse und Sender, die man doch sonst auch gern der Lüge bezichtigt, geradezu ermuntert fühlt", schrieb Müller in einem Blog-Beitrag. Nicht für alles sei das Recherchenetzwerk verantwortlich, "aber in der heutigen Zeit müssen Journalisten wissen, was ihre Berichte über ein Ermittlungsverfahren anrichten können". Umso besser und fundierter müsse die Recherche sein.
    Deutschlandfunk-Nachrichtenchef Marco Bertolaso setzte sich Anfang August im Blog seiner Redaktion mit dem Thema auseinander und stellte fest: Eine Gegenrecherche aller Vorgänge bei einem komplexen Thema wie diesem sei nicht möglich gewesen. Und so bleibe der "Eindruck einer wichtigen Geschichte, die zunächst einigermaßen falsch erzählt wurde, zu Lasten einiger Einzelpersonen und mit erheblichen Folgen für die gesellschaftliche Diskussion über das Thema Flucht und Migration."
    "Eine Hysterie, die kaum einzufangen war"
    Auch Jochen Grabler von Radio Bremen kritisiert die "Dynamik", die nach Bekanntwerden der Recherchen entstanden ist. "Es gab in den ersten Wochen des sogenannten Bamf-'Skandals' eine Hysterie, die kaum einzufangen war, die auch zum Teil von Medien befeuert worden ist."
    Doch auch Politiker hätten ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Meldungen hätten "manchen Menschen im politischen Raum gut in den Kram gepasst", findet Grabler. "Das kann man nicht der Berichterstattung über einen Vorfall vorwerfen."