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Der Barockdichter Andreas Gryphius
Sonette über die Schrecken des Krieges

Der schlesische Dichter Andreas Gryphius gehört zu den wichtigsten Barockdichtern deutscher Sprache. Er thematisierte in seiner Lyrik das Leid und die existenzielle Verunsicherung der Menschen während des Dreißigjährigen Kriegs. Er starb heute vor 350 Jahren.

Von Eva Pfister |
    Ein zeitgenössiches Porträt des deutschen Dichters Andreas Gryphius (1616-1664).
    Der deutsche Dichter Andreas Gryphius (picture alliance / dpa)
    "Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen.
    Ein Ball des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit,
    Ein Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid.
    Ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen."
    So beginnt das Gedicht "Menschliches Elend“ von Andreas Gryphius. Eines seiner Klagelieder über die irdische Existenz, geprägt von den Erfahrungen eines Lebens im Dreißigjährigen Krieg.
    Andreas Greif, der seinen Namen später zu Gryphius latinisierte, kam am 2. Oktober 1616 im schlesischen Glogau zur Welt als Sohn eines evangelischen Kirchenmannes. Schlesien gehörte zum katholischen Habsburgerreich und wurde immer wieder von Söldnern besetzt, gebrandschatzt, von der Pest heimgesucht. Mit fünf Jahren verlor Andreas seinen Vater, mit zwölf auch seine Mutter, kurz danach wurde er, wie alle Protestanten, aus Glogau vertrieben. Im polnischen Fraustadt konnte er schließlich das Gymnasium besuchen, in Danzig die Universität. Dort entstanden seine ersten Sonette, in denen sich die Schrecken des Krieges spiegeln, wie in "Tränen des Vaterlands":
    "Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr den ganz verheeret!
    Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
    Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun
    Hat aller Schweiß, und Fleiß, und Vorrat aufgezehret.
    Die Türme stehn in Glut, die Kirch’ ist umgekehret.
    Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,
    Die Jungfraun sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun,
    Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret."
    In Danzig lernte Andreas Gryphius einen anderen Geist kennen: In der weltoffenen Handelsstadt lebten Menschen verschiedener Nationen und Religionen friedlich zusammen. Als Student und Hauslehrer fand Gryphius Eingang in die höheren Stände und reiste mit 22 Jahren als Begleiter zweier adliger Schüler ins holländische Leyden, wo er für weitere sechs Jahre die Universität besuchte. Die Vielfalt seiner Studien ist beeindruckend, sie reicht von Poetik und Philosophie über Mathematik, Jurisprudenz und Geografie bis zur Anatomie.
    1644 brach Gryphius zu einer zweijährigen Bildungsreise durch Frankreich und Italien auf. Er besuchte Kunstkammern und Bibliotheken - und er schrieb sein "fürsten-mörderisches" Trauerspiel "Leo Armenius", das als allererstes deutsches Drama gilt.
    "Gott legt uns nicht mehr auf, denn man ertragen kann. - Er nimmt auf einen Tag: Thron, Krone, Reich und Mann. - Er nimmt, Prinzessin, das, was er vorhin gegeben. - Nur eines nimmt er nicht: was man nicht will. Das Leben."
    Kurz vor dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs kehrte Andreas Gryphius nach Schlesien zurück. Er heiratete und wurde Rechtsberater der evangelischen Landstände von Glogau. Sein literarisches Werk umfasst neben Gedichten und Märtyrerdramen auch zwei Lustspiele, die ihn von einer anderen Seite zeigen. Mit "Horribilicribrifax" machte er sich in der Tradition der Commedia dell’Arte über militärische Maulhelden lustig. Und in seinem "Schimpfspiel" "Absurda Comica oder Herr Peter Squentz" sogar über den eigenen Hang zum Moralisieren.

    "Hiermit endet die schöne Comödie, für zweie war‘s eine Tragödie. Lernet hieraus, wie gut es sei, dass man von Liebe bleibe frei!“
    Andreas Gryphius starb am 16. Juli 1664 an einem Schlaganfall. Er gehört zu der Generation von Dichtern, die im 17. Jahrhundert eine eigenständige deutsche Literatur schufen. Sie war geprägt vom barocken Lebensgefühl der Ohnmacht gegenüber undurchschaubaren Zeitläuften: "Es ist alles ganz eitel":

    "Ich seh wohin ich seh / nur Eitelkeit auf Erden/
    Was dieser heute baut / reißt jener morgen ein/
    Wo jetzt die Städte stehn so herrlich / hoch und fein/
    Da wird in kurzem gehn ein Hirt mit seinen Herden."