"Et hätt noch immer jot jejange." Mit diesem ur-kölschen Spruch kommentierte Konrad Adenauer am 15. September 1949 das denkbar knappe Resultat seiner Wahl zum Bundeskanzler. Gerade eine Stimme - wie es heißt: die eigene - sicherte ihm im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit von 202 Stimmen. Danach blieben ihm noch vier Tage Zeit, um die mühsamen Verhandlungen über die Kabinettsbildung abzuschließen.
Am 20. September 1949 trat Adenauer in der zum Plenarsaal umgebauten Aula der ehemaligen Pädagogischen Hochschule Bonn vor den Bundestag, um seine erste Regierungserklärung abzugeben. Der Kanzler einer aus CDU, CSU, FDP und der nationalkonservativen Deutschen Partei gebildeten Koalitionsregierung pries die Vorzüge der neuen Demokratie:
"Zwar müssen wir uns immer bewusst sein, dass Deutschland und das deutsche Volk noch nicht frei sind, dass es noch nicht gleichberechtigt neben den anderen Völkern steht, dass es - und das ist besonders schmerzlich für uns - in zwei Teile zerrissen ist. Aber wir erfreuen uns doch einer wenigstens relativen staatlichen Freiheit. Unsere Wirtschaft ist im Aufstieg. Vor allem aber: Wir haben wieder den Schutz der Persönlichkeitsrechte."
Erst in der Nacht vom 19. auf den 20. September, einem Dienstag, war Adenauer dazu gekommen, den Entwurf seiner Erklärung auszuarbeiten. Ab zwölf Uhr mittags tippten sieben Sekretärinnen das Redemanuskript ins Reine. Die letzten Seiten wurden in den Plenarsaal gebracht, als der Kanzler schon am Pult stand und seine Rede begonnen hatte.
Ausführlich begründete Adenauer, warum er eine Koalition mit den bürgerlichen Parteien eingegangen war, statt eine große Koalition mit den Sozialdemokraten zu bilden, die im Bundestag die stärkste Fraktion stellten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung, so der Kanzler, seien die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der SPD gewesen.
"Die Frage 'Planwirtschaft' oder 'Soziale Marktwirtschaft' hat im Wahlkampf eine überragende Rolle gespielt. Das deutsche Volk hat mit großer Mehrheit sich gegen die Planwirtschaft ausgesprochen. Eine Koalition zwischen den Parteien, die die Planwirtschaft verworfen, und denjenigen, die sie bejaht haben, würden dem Willen der Mehrheit der Wähler entgegengerichtet gewesen sein."
Ein großer Wurf war diese Regierungserklärung nicht, wie Herbert Blankenhorn, einer der engsten Mitarbeiter Adenauers, in seinem Tagebuch anmerkte:
Es fehlte ihr jegliche rhetorische Brillanz. Es war die Rede eines Mannes, der in nüchternen Worten die Probleme und Aufgaben aneinanderreihte, vor die sich die eben konstituierte Bundesregierung gestellt sah.
Wichtigste Themen waren die Demontagepolitik der Alliierten, der Mangel an Wohnungen, die Unterbringung der Vertriebenen, die Lage der Kriegsgefangenen und der Umgang mit den Besatzungsmächten; dazu das Bekenntnis zur Westbindung der jungen Republik und ein Plädoyer für den Ausgleich mit Frankreich.
Das Parlament debattierte Adenauers erste Regierungserklärung an insgesamt sechs Sitzungstagen. Kurt Schumacher, Adenauers sozialdemokratischer Gegenspieler, merkte an:
"Wir können uns ein demokratisches Staatswesen nicht vorstellen, bei dem die Arbeiter eine so geringe Rolle spielen, dass die Regierungserklärung das Wort 'Arbeiter' nicht einmal erwähnt hat, und wir können uns einen funktionierenden sozialen Organismus auch nicht recht vorstellen, bei dem die Gewerkschaften unerwähnt bleiben."
Für Tumulte sorgten der Auftritt eines Kriegsheimkehrers, der sich von der Zuschauertribüne fast bis ans Rednerpult durchschlug, und zahlreiche Zwischenrufe aus den Reihen der kommunistischen Oppositionspartei. Rhetorisch war der Auftakt für die bundesdeutsche Demokratie nicht eben glanzvoll. Dennoch markierte diese Regierungserklärung den Beginn der "Ära Adenauer", die 14 Jahre dauern sollte.
Am 20. September 1949 trat Adenauer in der zum Plenarsaal umgebauten Aula der ehemaligen Pädagogischen Hochschule Bonn vor den Bundestag, um seine erste Regierungserklärung abzugeben. Der Kanzler einer aus CDU, CSU, FDP und der nationalkonservativen Deutschen Partei gebildeten Koalitionsregierung pries die Vorzüge der neuen Demokratie:
"Zwar müssen wir uns immer bewusst sein, dass Deutschland und das deutsche Volk noch nicht frei sind, dass es noch nicht gleichberechtigt neben den anderen Völkern steht, dass es - und das ist besonders schmerzlich für uns - in zwei Teile zerrissen ist. Aber wir erfreuen uns doch einer wenigstens relativen staatlichen Freiheit. Unsere Wirtschaft ist im Aufstieg. Vor allem aber: Wir haben wieder den Schutz der Persönlichkeitsrechte."
Erst in der Nacht vom 19. auf den 20. September, einem Dienstag, war Adenauer dazu gekommen, den Entwurf seiner Erklärung auszuarbeiten. Ab zwölf Uhr mittags tippten sieben Sekretärinnen das Redemanuskript ins Reine. Die letzten Seiten wurden in den Plenarsaal gebracht, als der Kanzler schon am Pult stand und seine Rede begonnen hatte.
Ausführlich begründete Adenauer, warum er eine Koalition mit den bürgerlichen Parteien eingegangen war, statt eine große Koalition mit den Sozialdemokraten zu bilden, die im Bundestag die stärkste Fraktion stellten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung, so der Kanzler, seien die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der SPD gewesen.
"Die Frage 'Planwirtschaft' oder 'Soziale Marktwirtschaft' hat im Wahlkampf eine überragende Rolle gespielt. Das deutsche Volk hat mit großer Mehrheit sich gegen die Planwirtschaft ausgesprochen. Eine Koalition zwischen den Parteien, die die Planwirtschaft verworfen, und denjenigen, die sie bejaht haben, würden dem Willen der Mehrheit der Wähler entgegengerichtet gewesen sein."
Ein großer Wurf war diese Regierungserklärung nicht, wie Herbert Blankenhorn, einer der engsten Mitarbeiter Adenauers, in seinem Tagebuch anmerkte:
Es fehlte ihr jegliche rhetorische Brillanz. Es war die Rede eines Mannes, der in nüchternen Worten die Probleme und Aufgaben aneinanderreihte, vor die sich die eben konstituierte Bundesregierung gestellt sah.
Wichtigste Themen waren die Demontagepolitik der Alliierten, der Mangel an Wohnungen, die Unterbringung der Vertriebenen, die Lage der Kriegsgefangenen und der Umgang mit den Besatzungsmächten; dazu das Bekenntnis zur Westbindung der jungen Republik und ein Plädoyer für den Ausgleich mit Frankreich.
Das Parlament debattierte Adenauers erste Regierungserklärung an insgesamt sechs Sitzungstagen. Kurt Schumacher, Adenauers sozialdemokratischer Gegenspieler, merkte an:
"Wir können uns ein demokratisches Staatswesen nicht vorstellen, bei dem die Arbeiter eine so geringe Rolle spielen, dass die Regierungserklärung das Wort 'Arbeiter' nicht einmal erwähnt hat, und wir können uns einen funktionierenden sozialen Organismus auch nicht recht vorstellen, bei dem die Gewerkschaften unerwähnt bleiben."
Für Tumulte sorgten der Auftritt eines Kriegsheimkehrers, der sich von der Zuschauertribüne fast bis ans Rednerpult durchschlug, und zahlreiche Zwischenrufe aus den Reihen der kommunistischen Oppositionspartei. Rhetorisch war der Auftakt für die bundesdeutsche Demokratie nicht eben glanzvoll. Dennoch markierte diese Regierungserklärung den Beginn der "Ära Adenauer", die 14 Jahre dauern sollte.