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Der Doc im Netz

Wer sich im Internet zum Thema Gesundheit informieren möchte, der wird schnell fündig. Doch unabhängige, nicht auf Umsatz ausgerichtete Angebote tun sich schwer gegen die kommerzielle Konkurrenz. Der Gesundheits-Sachverständigenrat sieht das Internet als Medium für Medizin-Infos deshalb kritisch.

Von Nikolaus Nützel |
    Wer sich im Internet zum Thema Gesundheit informieren möchte, der wird schnell fündig. Schon zu einem ausgefallenen Stichwort wie "Hörtest" finden sich verschiedenste Angebote. Tests zum Beispiel, die das Gehör mit unterschiedlichen Tönen prüfen.

    Daneben gibt es aber auch Hörtests, bei denen es nur ums Verstehen geht:

    "Vierundfünfzig – Zweiundzwanzig - Einundsiebzig"

    Oder aber Tests, die das Gehör unter verschärften Bedingungen prüfen:

    "Affe" - "Adda"

    Seit sich das World Wide Web von einer Experten-Plattform zum Massenmedium gewandelt hat, stehen auf der Liste der am häufigsten besuchten Seiten Gesundheitsthemen immer ganz weit oben – und Gehörtests sind nur eines von unendlich vielen Beispielen. Die Macher von "Netdoktor.de" etwa bezeichnen ihr Gesundheitsportal selbst als "Dinosaurier" – denn es ist bereits im Jahr 1999 an den Start gegangen, also in der Frühzeit des Internet. Mit rund drei Millionen Besuchern im Monat ist das Portal, das zum Medienkonzern Holtzbrinck gehört, nach eigenen Angaben Marktführer im deutschsprachigen Raum. Die Gründe, aus denen Besucher auf die Seite gehen, seien über die Jahre hinweg ähnlich geblieben, sagt der Geschäftsführer von "Netdoktor", Olivier Blanchard:

    "Wir haben viele Nutzer, die kommen entweder vom Arzt und besuchen unsere Webseite, weil sie sagen, irgendetwas ist mir nicht klar geworden, oder hat er mir das richtig erklärt, oder habe ich das richtig verstanden. Also es geht sehr oft um tatsächlich noch einmal Verständnis schärfen. Und wir haben viele Nutzer, die gehen zum Arzt, und bereiten sich auf ihren Arztbesuch vor."

    Blanchard hat einen Doktortitel – allerdings in Literaturwissenschaft. Er nimmt für sich nicht in Anspruch, medizinische Themen fachlich beurteilen zu können. "Netdoktor" sorge aber auf zweierlei Weise dafür, dass nichts Falsches verbreitet wird, sagt er. Zum einen garantieren die Nutzer in den sogenannten Communities für eine Art Selbstkontrolle – wer dort Unsinn schreibt, der werde von den anderen schnell zur Ordnung gerufen. Außerdem arbeitet die in München ansässige Firma mit Ärzten zusammen. Sie sollen auf fachliche Korrektheit achten:

    "Wir sehen uns da schon in der Verantwortung. Also wir glauben schon, dass es extrem gefährlich ist, minderqualitative medizinische Informationen im Internet zu haben, die verwirren. Und wir kennen alle Fälle, die uns sagen, Mensch, ich kenne jemanden, der hat im Internet recherchiert, und nachdem er den Artikel dazu gelesen hat, dachte er, er sei sofort tot."

    Finanziert wird "Netdoktor" vor allem durch Werbung. Medikamente werden ebenso angepriesen wie private Krankenversicherungen, Diäten – oder auch Katzenfutter. Der Geschäftsführer sieht darin aber kein Problem. Seine Firma achte streng auf einen Grundsatz, beeilt sich Blanchard zu betonen.

    "Netdoctor als Dinosaurier dieser Medizinportale hat immer eine sehr klare Trennung gemacht zwischen gewerblichen Inhalten oder Anzeigen und den redaktionellen Inhalten. Dass es eben keine Vermischung von werblichen und redaktionellen Inhalten gibt."

    Dass man werbliche und redaktionelle Inhalte nicht vermischen soll, ist beim Mutter-Unternehmen von "Netdoktor" seit Langem bekannt. Die Holtzbrinck-Gruppe, zu der "Netdoktor" gehört, gibt unter anderem die Wochenzeitung "Die Zeit" heraus und betreibt verschiedene Buchverlage, wie etwa S. Fischer oder Rowohlt. Auch hinter anderen großen Medizinportalen stehen Verlagshäuser. Die Seiten "qualimedic" und "lifeline" gehören zur WAZ-Mediengruppe rund um die Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Die Seite "onmeda" wird von der Axel-Springer AG betrieben, die die BILD-Zeitung oder die Fernsehzeitschrift "Hörzu" herausgibt. Viele Gesundheitsportale im Internet sind also, wenn man so möchte, eine Erweiterung der traditionellen Verlagslandschaft. Und wenn es darum geht, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, setzen Medizinportale gerne auf ähnliche Strategien wie es andere Medien auch tun – beispielsweise auf Sex. Die Seite von "Onmeda" aus dem Springer-Verlag etwa begrüßt Besucher schon mal mit einer Bildergalerie mit der Überschrift "Kamasutra". Ein weiterer Klick führt zu Illustrationen einer Frau und eines Mannes beim Geschlechtsverkehr in hundert verschiedenen Stellungen. Der Vorsitzende des Deutschen Facharztverbandes, Thomas Scharmann, findet das nicht verwunderlich. Den Betreibern gehe es vor allem um eines:

    "Diese Großakteure wollen ja nur eines, trafic auf ihren Portalen haben, weil sie damit viele Werbekunden anlocken können. Es muss viel los sein auf dem Portal, viele Klicks, dann kann ich auch entsprechend hohe Gebühren von den Werbepartnern verlangen."

    Der Augenarzt Scharmann betont, er habe nichts gegen das Internet als Medium für Medizin-Infos. So hat er auf die Web-Seite seiner Praxis Merkblätter über Krankheiten und Therapien gestellt, von Bindehaut-Entzündung bis Grauer Star. Insgesamt findet er die Informationsangebote im Internet allerdings unbefriedigend. Eines der Themen, zu denen sich seine Patienten besonders oft kundig machen, sind Laser-Eingriffe am Auge, die sogenannte Lasik-Operation. Die Suchmaschine Google bietet dazu mehr als 18 Millionen Treffer an. Das heißt aber nicht, dass die Patienten die richtige Information finden, meint Scharmann – im Gegenteil.

    "Zum Beispiel einen wie ich ihn heute gerade hatte, einen Patienten, der hatte eine Diabetes. Und einem Diabetiker sollte man gerade keine Lasik machen, weil die Heilungschancen schlecht sind, und das hatte er gar nicht gefunden im Internet. Er hatte sich unglaublich viele Informationen geholt, aber die entscheidende sozusagen, die Schlüsselinformation, die geht verloren."

    Der Chef des Facharztverbandes steht mit seiner Grundsatz-Kritik nicht allein. Der Gesundheits-Sachverständigenrat der Bundesregierung kommt in seinem aktuellen Gutachten zu einem klaren Urteil:

    "Generell existiert mittlerweile eine kaum noch überschaubare Flut an Informationen im Internet."

    Und der Gesundheits-Sachverständigenrat findet, dass diese Flut viele Nutzer schlicht überfordert. Selbst für diejenigen, die erfahren sind im Umgang mit dem Internet, sei es schwer, zu Gesundheitsthemen brauchbare Infos zu finden, schreiben die Sachverständigen:

    "Keine leichte Aufgabe, zumal die angebotenen Informationen oft unverständlich, widersprüchlich oder sogar unrichtig, beziehungsweise mit einer manipulativen Absicht - etwa Verkaufsförderung - verbunden sind."

    Verkaufsförderung dürfte etwa die Absicht verschiedener Großkonzerne der Pharmaindustrie gewesen sein, als sie bestimmte Internet-Adressen für sich registrieren ließen. Die Seite "herzinfarkt.de" beispielsweise gehört der Pharmafirma Abbott. "Krebs.de"gehört dem Pharmakonzern Bristol Myers Squibb, "Alzheimer.de" der Firma Novartis. "Diabetes.de" gehört einem der größten Insulin-Hersteller, dem Pharmakonzern Novo Nordisk. Eine besonders poetische Internet-Adresse hat sich der Pharmakonzern Lilly gesichert. Auf "Helden-der-Liebe" lässt er ganz normale Menschen zu Wort kommen:

    "Also wir beide haben grundsätzlich mal eine sehr positive Einstellung zur Sexualität. Zweitens ist für uns Sexualität eigentlich, sag ich mal, die Erfüllung unserer Zuneigung. Das ist für uns das i-Tüpfelchen."

    Dem Pharmakonzern geht es aber nicht nur darum, Liebesbotschaften zu verbreiten. Lilly produziert auch die Potenzpille Cialis. Dafür darf in Deutschland allerdings nicht direkt geworben werden, weil das Mittel verschreibungspflichtig ist. Also nutzt die Firma das Internet für indirekte Werbung. Der Markenname wird auf der Seite "Helden der Liebe" zwar nicht erwähnt, aber man kann beispielsweise über einen Patienten Folgendes lesen:

    "Seine Frau empfindet die Tablette sogar als Lustgewinn."

    Wie man Patienten subtil zu den eigenen Produkten führt, weiß man auch bei der Pharmafirma Boehringer Ingelheim. Sie hat sich die Internetseiten "kopfschmerz.de" und "kopfschmerzen.de" gesichert. Bei der Frage, welche rezeptfreien Medikamente man gegen Kopfweh einsetzen kann, werden sogenannte Kombinationspräparate besonders positiv hervorgehoben. Über diese Mittel, in denen beispielsweise die Wirkstoffe ASS und Paracetamol gemeinsam in einer Tablette stecken, heißt es auf "Kopfschmerz.de":

    "Diese Präparate kombinieren einige Wirkstoffe miteinander, um so die Dosierung der Einzelwirkstoffe reduzieren zu können. Diese Reduktion senkt erheblich die Dosis abhängigen Nebenwirkungen und trägt somit entscheidend zur Verbesserung der Verträglichkeit bei."

    Ein Internet-Nutzer muss einiges an Recherchearbeit leisten, um zu bemerken, dass die Firma, die ihn mit dieser Information versorgt, die gleiche Firma ist, die das in Deutschland meistverkaufte Kombinationspräparat gegen Kopfschmerzen herstellt. Und der Nutzer müsste noch aufwendiger recherchieren, um auf ganz andere Informationen zu diesem Thema zu stoßen. So hat die Zeitschrift Ökotest sämtliche Kombinationspräparate als "ungenügend" bewertet. Mit Argumenten, wie sie sich auch auf der Internet-Seite der pharma-unabhängigen Zeitschrift "Gute Pillen – Schlechte Pillen" finden:

    "Die schmerzstillenden Wirkungen der Wirkstoffe addieren sich lediglich. Daraus ergeben sich keine Vorteile gegenüber Arzneimitteln mit nur einem Wirkstoff. Allerdings gibt es ernst zunehmende Hinweise auf besondere Risiken von Schmerzmittelmischungen. Werden sie über längere Zeit eingenommen, kann das die Nieren schädigen."

    Informationen zu Gesundheitsthemen, die sich auf unabhängige Studien stützen, die also evidenzbasiert sind, wie es im Fachjargon heißt, solche unabhängigen Informationen sind im Internet nicht leicht zu finden – diese Einschätzung hat auch Monika Lelgemann, sie leitet beim Medizinischen Dienst der Gesetzlichen Krankenversicherung den Bereich Evidenzbasierte Medizin. Ihr gehe es beim Surfen oft nicht anders als jedem Laien, sagt sie.

    "Das Problem ist, glaube ich, eher, wie findet man sich in den Dschungel zu Recht' Wir alle googeln inzwischen, wenn wir etwas suchen - und dann fragt sich: Wie sortiere ich aus meiner riesigen Trefferzahl dann diese Seiten aus?"

    Es gebe aber durchaus Informationen, hinter denen kein kommerzielles Interesse steht, meint Lelgemann. Beispielsweise von öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie den Ärztekammern oder auch vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, für den sie selbst arbeitet. Allerdings bringe ein kritisches und wissenschaftliches Herangehen an Gesundheitsinformationen eine Schwierigkeit mit sich, meint die promovierte Medizinerin:

    "Wir haben immer die Sorge, und das ist glaube ich auch eines der großen Probleme, dass wir uns nicht verständlich genug ausdrücken."

    Die Gratwanderung, entweder unwissenschaftlich zu sein oder aber unverständlich, kennt auch Professor Jürgen Windeler, er leitet das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWiG. Es hat von der Bundesregierung unter anderem den Auftrag, unabhängige Informationen zu medizinischen Themen für ein breites Publikum aufzubereiten. Der Institutsleiter räumt aber ein, dass das Angebot seines Hauses unter der Adresse "gesundheitsinformation.de" geringer sei als auf anderen Seiten:

    "Relativ breit gestreut, aber sicherlich nicht vollständig."

    Windeler hat auch eine Erklärung, warum sein Institut nicht alle denkbaren Themen abdeckt. Es lege besonders strenge Maßstäbe an sich selbst an.

    "Das IQWiG macht diese Information auf einer wissenschaftlichen Basis, das heißt es stellt nur Informationen auf seine Internetseite, die wissenschaftlich gestützt sind, in einem relativ aufwendigen Bewertungsprozess. Die Konsequenz ist auch, dass man auf der Internetseite nicht, wie bei anderen Portalen, Informationen zu allen möglichen Fragen findet, sondern nur zu ausgewählten."

    Medizinische Informationsangebote, hinter denen keine wirtschaftlichen Interessen stehen, tun sich also schwer im Wettbewerb mit der kommerziellen Konkurrenz. Die dehnt währenddessen ihr Angebot immer weiter aus. So hat der Deutsche Hausärzteverband die Seite "hausmed.de" ins Leben gerufen. Der Berufsverband, der sich auch als Anwalt der Patienten sieht, bietet hier Online-Schulungen an.

    "Hallo, und herzlich willkommen bei der ersten Woche mit ihrem persönlichen Hausmed-Coach."

    Über mehrere Monate hinweg sollen die "Hausmed"-Kunden sich beispielsweise das Rauchen abgewöhnen, ihr Gewicht auf ein gesundes Maß bringen - oder sie sollen lernen, mit Depressionen umzugehen:

    "Negative Gedanken führen zu negative Wahrnehmung, und negative Wahrnehmung führt zu negativen Gedanken. Und dieses Denkmuster spielt bei der Depression eine große Rolle."

    Das Patienten-Coaching hat allerdings seinen Preis. Die Online-Schulung zur Depression beispielsweise kostet 89 Euro. Wenn eine Hausarztpraxis zusätzlich mit telefonischer Beratung eingebunden ist, werden 129 Euro fällig. Zu den Anteilseignern der Hausmed-GmbH gehört der Unternehmer Carsten Maschmeyer, der als Gründer des Finanzdienstleisters AWD reich und bekannt wurde. Allerdings hat AWD auch eine Menge negative Schlagzeilen produziert. Der Gründer Maschmeyer ist dort vor einiger Zeit ausgestiegen – jetzt scheint er medizinische Info-Angebote im Internet als neue Einnahmequelle für sich entdeckt zu haben. Andere Anbieter gehen über das sogenannte Coaching noch hinaus. So können Patienten auf der Seite "Qualimedic", die zur Mediengruppe der "Westdeutschen Allgemeinen" gehört, direkt Fragen an Ärzte richten. Bei den Ärztekammern beobachtet man solche Entwicklungen mit Sorge. Denn es ist in Deutschland verboten, Patienten zu behandeln, ohne sie selbst zu sehen. Klaus Ottmann von der Bayerischen Landesärztekammer spricht von einer Grauzone:

    "Da muss man im Einzelfall darüber entscheiden. Je individueller und spezifischer die Beratung im Einzelfall ist, umso kritischer wird es. Weil wir verlangen bei einer ärztlichen Beratung auch einen persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient."

    Kritisch ist nach Ottmanns Meinung beispielsweise das Angebot der Firma justanswer, die ihren Firmensitz in den USA hat. Auf der Internetseite können Patienten auch auf Deutsch konkrete Fragen stellen:

    "Ich habe ständig ein rotes Auge, meistens nach dem Duschen. Ich wache morgens mit einem verklebten, hochroten Auge auf. Ich habe ständig Antibiotikum bekommen, Cortison. Nichts half, ich weiß nicht mehr weiter."

    Auch wenn die Patientin nicht mehr weiter weiß, so traut sich doch ein Dr. Garcia zu, eine Diagnose abzugeben – von der Dominikanischen Republik aus, wie der Nutzer erfährt.

    "Bei Ihnen ist als Ursache für Bindehautentzündungen nach Ihrer Beschreibung von einer Allergie auszugehen. Typisch ist ein plötzliches Auftreten. Starkes Tränen und Jucken und Verklebungen, wie sie auch bei der bakterienbedingten Bindehautentzündung vorgefunden werden. Bitte auch reiben am Augen vermeiden, da es sonst noch schlimmer wird."

    Bei solchen Fernbehandlungs-Angeboten zahlt der Patient eine bestimmte Gebühr – die teilnehmenden Ärzte erhalten für ihre Antworten ein Honorar. Der Augenarzt Thomas Scharmann, der auch Vorsitzender des Deutschen Facharztverbandes ist, kann nicht verstehen, warum einige seiner Kollegen bei solchen Portalen mitmachen:

    "Ich muss den Patienten hier haben, ich gehe soweit, dass ich behaupte, ich muss den Patienten riechen. Und ich muss den angefasst haben, und gerade am Auge muss ich herumprobiert und gedrückt und geschaut haben. Das muss ich nicht bei jedem, aber ich muss die Möglichkeit haben, ihn haptisch angesehen zu haben, das sage ich jetzt als Arzt."

    Die Ärzte, die für "justanswer.de" arbeiten, stellen keine Rezepte aus. Das in Großbritannien angesiedelte Portal "Dr. Ed" bietet sogar auch diese Dienstleistung an. Patienten können sich per Internet eine Diagnose stellen lassen – und bekommen rezeptpflichtige Medikamente verschrieben, beispielsweise gegen Haarausfall oder Potenzprobleme, heißt es auf der Seite von "Dr. Ed":

    "Wenn Sie für eine solche Behandlung geeignet sind, können unsere Ärzte Ihnen im Rahmen dieser Sprechstunde ein Rezept für Viagra®, Cialis® oder Levitra® zur Behandlung der Impotenz ausstellen."

    Die Stiftung Warentest hat erst kürzlich vor solchen Angeboten ausdrücklich gewarnt.

    "Wer sich an, von deutschen Ärzten von London aus betriebene Online-Praxis Namens Dr. Ed wendet, geht ein hohes Risiko einer Falschbehandlung ein. Die Stiftung Warentest rät deshalb davon ab, sich über die online-Arztpraxis behandeln zu lassen."

    Auch die Ärztekammern würden Portale wie "Dr. Ed" am liebsten schließen lassen. Ärzte und Psychotherapeuten, die innerhalb Deutschlands reine Online-Behandlungen anbieten, bei denen sie die Patienten niemals zu Gesicht bekommen, können von den Kammern abgestraft werden. Bei Anbietern mit Sitz im Ausland wie "Dr. Ed" sind den Kammern allerdings die Hände gebunden, stellt der Kammerfunktionär Ottmann fest:

    "Es gefällt uns nicht, aber wir werden es auch wahrscheinlich auf die Dauer nicht verhindern können."

    Ebenfalls nicht verhindern können die Kammern es, dass Ärzte auf Internetportalen bewertet werden. Der Chef des Deutschen Facharztverbandes, Thomas Scharmann, findet diese Art der Information besonders ärgerlich. Denn er hält kommerzielle Portale wie "jameda", "sanego" oder "topmedic" für manipulationsanfällig. Wer Bewertungen einstellen will, muss sich zwar anmelden – doch die Anmeldung kann auch unter Fantasienamen erfolgen. Ein Schutz vor Missbrauch sei das nicht, meint der Augenarzt:

    "Weil ich kann ja auch im Prinzip der für Leute bezahlen, dass sie für mich lauter positive Einträge machen, oder umgekehrt kann jemand, der einem anderen etwas Böses will, Leute dafür bezahlen, dass sie negative Einträge über die Mitbewerber, sag ich mal, hineinschreiben."

    In der Tat lässt sich auf werbefinanzierten Arztbewertungsportalen Merkwürdiges finden. Für die meisten Mediziner gibt es dort gar keine Bewertung oder vielleicht zwei oder drei. Es gibt aber auch Ärzte, die über 50 fast durchgängig euphorische Bewertungen haben, und zwar wortgleich auf verschiedenen Portalen. Einen anderen Weg bei der Ärztebewertung gehen große gesetzliche Krankenkassen gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung, sowie unter anderem den Verbraucherzentralen und dem Sozialverband VdK. Sie wollen eine Arztbewertung im Internet etablieren, die vor Manipulationen geschützt sein soll. Hier müssen die Patienten ihre Versicherungsnummer angeben, und Bewertungen werden erst frei geschaltet, wenn es mindestens zehn Einträge gibt. Solche Angebote seien durchaus positiv, meint der Chef des Deutschen Facharztverbandes Thomas Scharmann:

    "Es sollte ja ziemlich neutral sein und sachlich. So was finde ich gut."

    Allerdings tun sich unabhängige, nicht auf Umsatz ausgerichtete Informationsangebote im Internet ausgesprochen schwer gegen die kommerzielle Konkurrenz, stellt Scharmann fest. Sie hätten bei Weitem nicht die Reichweite wie die Angebote, deren Zweck es ist, bei ihren Betreibern für Gewinn zu sorgen. Und er bezweifelt, dass sich daran noch einmal etwas ändert.