"Und dann hab ich das Vogelnest gefunden. Es war kein normales Nest, es war ein richtiges Vogelhaus. Und da war auch ein Ei drin, ein kleines weißes Ei, ein paar Zentimeter, aber wunderschön, als wär da weißer Lack draufgestrichen worden."
Sagt Freya. Vor Kurzem hat sie auf unserem Rasen ein Vogelnest entdeckt. Und darin lag tatsächlich ein Vogelei. Kleiner als ein Hühnerei mit einer festen weißen Schale. Wir hoben das Nest auf, hängten es in die kleine Palme, die in unserem Garten steht, und fragten uns, welchem Vogel dieses Nest wohl gehört.
"Vielleicht schlüpft aus dem Ei ja ein Dodo raus!"
Der Dodo ist ein Vogel, den es lange Zeit nur auf Mauritius gab, der aber schon seit mehr als 300 Jahren ausgestorben ist. Er war wohl nicht so hübsch wie die anderen bunten Vögel, die noch immer auf der Insel leben: Sein Fell soll ziemlich verstrubbelt und grau gewesen sein, und er hatte einen langen schwarzen Schnabel.
"Der Federschmuck der Hähne ist gräulich und braun, die Füße gleichen denen des Truthahns, und das gleiche gilt auch für den Schnabel, der jedoch etwas mehr gebogen ist. Sie haben fast keinen Schwanz, und ihr mit Federn bedecktes Hinterteil ist gerundet wie die Lende eines Pferdes. Sie sind von höherem Wuchs als Truthähne und haben einen geraden Hals. (...) Man findet Hähne, die bis zu 45 Kilo wiegen. Die Henne ist wunderschön, und es gibt sowohl blonde als auch dunkle."
Ein Auszug aus der letzten überlieferten Beschreibung, die es von der weißen Dronte, einem engen Verwandten des Dodos, gibt. Verfasst wurde sie von Francois Léguat, der einige Jahre auf der Nachbarinsel Rodrigues gelebt hat.))
Ein plumper, grauer Vogel also, der nicht fliegen konnte – und doch lieben die Mauritier ihren Dodo.
Wir wollen mehr über diesen komischen Vogel wissen und fahren nach Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius. Mitten im Straßengewirr liegt das Museum für Naturkunde. Ein schöner alter Bau mit Säulen und einem kleinen Park, in dem sich bunte Dodos aus Pappmaché befinden.
Hier sind wir mit Monsieur Ravi verabredet. Er arbeitet schon seit vielen Jahren im Museum. Einem wahren Kuriositätenkabinett an Exotik. Ein verschlafener Museumswärter weist uns lustlos den Weg. In Uniform - Jacke und Mütze sind etwas durch sein Nickerchen verrutscht - wacht er über die kleinen zusammengetragenen Trouvaillen der Insel. Eintritt ist nicht zu zahlen – alles, was an die Geschichte von Mauritius erinnert, ist für seine Einwohner frei zugänglich.
Das Haus, in dem sich das 1842 gegründete Museum befindet, ist eine gut erhaltene Kolonial-Villa. Bevor wir zur Dodo-Ausstellung des Hauses gelangen, sind drei Räume zu durchqueren, in denen ein ausgestopfter Hai von der Decke baumelt, eingelegte Tintenfische und Blindschleichen aus Gläsern blitzen und eine 70 Kilogramm schwere Monstermuschel zu bestaunen ist.
In diesen Räumen sind fast alle Exponate noch lehrmeisterhaft in Vitrinen ausgestellt, wie man es in Europa eigentlich nur noch aus verstaubten Universitätsmuseen kennt. Im Dodoraum indes arbeitet man durchaus mit modernen Präsentationstechniken. Möglich wurde das durch die finanzielle Unterstützung der niederländischen Regierung. Die Holländer fühlen sich, so scheint es, verantwortlich dafür, die Dodoforschung voranzutreiben – nicht nur im eigenen Land, auch auf Mauritius. Über Videovorführungen, Knochenpräsentationen und Dodo-Briefmarkensammlungen thront ein dicker, drolliger Vogel, der in etwa so groß wie ein Ferkel ist. Eine nicht gerade wissenschaftlich korrekte Nachahmung des Dodos.
"So könnte der Dodo also ausgesehen haben. Früher glaubte man, dass der Vogel 50 Kilo schwer gewesen wäre. (...) Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aber war der Dodo leichter, er wog nicht mehr als 20, 22 Kilo."
Der Dodo sah also nicht wirklich wie dieser nachgemachte Vogel aus. Noch nicht einmal die Federn, die dieses Ausstellungsexemplar trägt, sind echt. Man hat einfach Hühnerfedern genommen und den Vogel auch dicker gemacht, als er eigentlich war.
Erst als der britische Schriftsteller Lewis Carroll den Dodo in seinem legendären Kinderbuch Alice im Wunderland auftauchen ließ, wurde man überall auf der Welt auf ihn aufmerksam. Zu dieser Zeit war der Vogel allerdings schon fast seit 100 Jahren ausgestorben.
Als er noch auf Mauritius herumspazierte, muss es auf der Insel ein wenig wie im Wunderland ausgesehen haben: Es gab Ebenholzwälder, Mahagoni- und Teakbäume. Ganz Mauritius bestand aus einem verworrenen Dickicht mit Lianen, Farnen, Lilien und Orchideen. Menschen gab es dort nicht.
Erst später wurde die Insel von den Holländern entdeckt, und damit fingen dann die Probleme für den Dodo an.
"Und heute findet man keine Dodo-Eier mehr?"
"ça fait trop longtemps."
Nein, die Dodo-Eier sind alle aus Mauritius verschwunden, sagt Monsieur Ravi. Dann verabschiedet er sich von uns. Und gibt uns einen Tipp: Ganz im Süden von Mauritius liege eine kleine Insel, die Île aux Aigrettes. Dort gebe es noch Tiere, die eigentlich lange ausgestorben seien und nur noch hier überlebt haben. Schildkröten, Fledermäuse, Riesen-Leguane. Einen Dodo habe man aber auch hier noch nicht gesichtet.
Mit einem kleinen Schiff setzen wir auf die unbewohnte kleine Korallen-Insel über. Auch eine Schulklasse fährt mit. Man darf die Île aux Aigrettes nicht auf eigene Faust besuchen. Deshalb begleitet uns Diane. Sie ist Biologin und arbeitet für die Mauritius Wildlife Foundation, eine Naturschutzorganisation.
"On encourage la reproduction…les bébés."
"Wir tun alles dafür, dass die Pflanzen, die auf Mauritius einmal zuhause waren, zumindest hier wieder wachsen können. Inzwischen haben wir schon viele kleine Babypflanzen nachgezüchtet,"
Erklärt Diane der Schulklasse und uns. Tatsächlich gibt es hier viel mehr Bäume als auf Mauritius. Und es gibt riesengroße Schildkröten.
Die Schildkröten helfen dabei, das Ökosystem auf der Île aux Aigrettes zu stabilisieren, sagt Diane. Denn wenn die Schildkröten eine bestimmte endemische Pflanze fressen, und den Rest dann wieder ausscheiden, befindet sich in ihrem Kot Samen des wertvollen Ebenholzbaumes, den die Holländer auf Mauritius ausgerottet hatten. Mit Hilfe der Schildkröten wächst er nun also wieder – zumindest hier, auf der Île aux Aigrettes.
"Und wir sehen einen Gecko, mit ganz vielen verschiedenen Farben, grün, rot, einen Baum hochklettern. Ein Riesen-Leguan! Und er hat überhaupt keine Angst vor uns!"
Als wir mit dem kleinen Motorboot zurück aufs Festland fahren, ist die Stimmung an Bord ausgelassen.
Ein Dodo-Ei haben wir natürlich nicht gefunden. Dafür ist der Vogel einfach schon zu lange tot. Bisher konnten Forscher seine DNA auch noch nicht komplett entschlüsseln.
Uns bleibt also nur, es wie Alice zu machen und vom Dodo zu träumen.
Das Vogelnest in unserem Garten ist übrigens nicht leer geblieben. Ein echter Vogel ist zwar nicht geschlüpft. Nun hat darin ein kleiner Dodo aus Plüsch ein neues Zuhause gefunden.
Sagt Freya. Vor Kurzem hat sie auf unserem Rasen ein Vogelnest entdeckt. Und darin lag tatsächlich ein Vogelei. Kleiner als ein Hühnerei mit einer festen weißen Schale. Wir hoben das Nest auf, hängten es in die kleine Palme, die in unserem Garten steht, und fragten uns, welchem Vogel dieses Nest wohl gehört.
"Vielleicht schlüpft aus dem Ei ja ein Dodo raus!"
Der Dodo ist ein Vogel, den es lange Zeit nur auf Mauritius gab, der aber schon seit mehr als 300 Jahren ausgestorben ist. Er war wohl nicht so hübsch wie die anderen bunten Vögel, die noch immer auf der Insel leben: Sein Fell soll ziemlich verstrubbelt und grau gewesen sein, und er hatte einen langen schwarzen Schnabel.
"Der Federschmuck der Hähne ist gräulich und braun, die Füße gleichen denen des Truthahns, und das gleiche gilt auch für den Schnabel, der jedoch etwas mehr gebogen ist. Sie haben fast keinen Schwanz, und ihr mit Federn bedecktes Hinterteil ist gerundet wie die Lende eines Pferdes. Sie sind von höherem Wuchs als Truthähne und haben einen geraden Hals. (...) Man findet Hähne, die bis zu 45 Kilo wiegen. Die Henne ist wunderschön, und es gibt sowohl blonde als auch dunkle."
Ein Auszug aus der letzten überlieferten Beschreibung, die es von der weißen Dronte, einem engen Verwandten des Dodos, gibt. Verfasst wurde sie von Francois Léguat, der einige Jahre auf der Nachbarinsel Rodrigues gelebt hat.))
Ein plumper, grauer Vogel also, der nicht fliegen konnte – und doch lieben die Mauritier ihren Dodo.
Wir wollen mehr über diesen komischen Vogel wissen und fahren nach Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius. Mitten im Straßengewirr liegt das Museum für Naturkunde. Ein schöner alter Bau mit Säulen und einem kleinen Park, in dem sich bunte Dodos aus Pappmaché befinden.
Hier sind wir mit Monsieur Ravi verabredet. Er arbeitet schon seit vielen Jahren im Museum. Einem wahren Kuriositätenkabinett an Exotik. Ein verschlafener Museumswärter weist uns lustlos den Weg. In Uniform - Jacke und Mütze sind etwas durch sein Nickerchen verrutscht - wacht er über die kleinen zusammengetragenen Trouvaillen der Insel. Eintritt ist nicht zu zahlen – alles, was an die Geschichte von Mauritius erinnert, ist für seine Einwohner frei zugänglich.
Das Haus, in dem sich das 1842 gegründete Museum befindet, ist eine gut erhaltene Kolonial-Villa. Bevor wir zur Dodo-Ausstellung des Hauses gelangen, sind drei Räume zu durchqueren, in denen ein ausgestopfter Hai von der Decke baumelt, eingelegte Tintenfische und Blindschleichen aus Gläsern blitzen und eine 70 Kilogramm schwere Monstermuschel zu bestaunen ist.
In diesen Räumen sind fast alle Exponate noch lehrmeisterhaft in Vitrinen ausgestellt, wie man es in Europa eigentlich nur noch aus verstaubten Universitätsmuseen kennt. Im Dodoraum indes arbeitet man durchaus mit modernen Präsentationstechniken. Möglich wurde das durch die finanzielle Unterstützung der niederländischen Regierung. Die Holländer fühlen sich, so scheint es, verantwortlich dafür, die Dodoforschung voranzutreiben – nicht nur im eigenen Land, auch auf Mauritius. Über Videovorführungen, Knochenpräsentationen und Dodo-Briefmarkensammlungen thront ein dicker, drolliger Vogel, der in etwa so groß wie ein Ferkel ist. Eine nicht gerade wissenschaftlich korrekte Nachahmung des Dodos.
"So könnte der Dodo also ausgesehen haben. Früher glaubte man, dass der Vogel 50 Kilo schwer gewesen wäre. (...) Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aber war der Dodo leichter, er wog nicht mehr als 20, 22 Kilo."
Der Dodo sah also nicht wirklich wie dieser nachgemachte Vogel aus. Noch nicht einmal die Federn, die dieses Ausstellungsexemplar trägt, sind echt. Man hat einfach Hühnerfedern genommen und den Vogel auch dicker gemacht, als er eigentlich war.
Erst als der britische Schriftsteller Lewis Carroll den Dodo in seinem legendären Kinderbuch Alice im Wunderland auftauchen ließ, wurde man überall auf der Welt auf ihn aufmerksam. Zu dieser Zeit war der Vogel allerdings schon fast seit 100 Jahren ausgestorben.
Als er noch auf Mauritius herumspazierte, muss es auf der Insel ein wenig wie im Wunderland ausgesehen haben: Es gab Ebenholzwälder, Mahagoni- und Teakbäume. Ganz Mauritius bestand aus einem verworrenen Dickicht mit Lianen, Farnen, Lilien und Orchideen. Menschen gab es dort nicht.
Erst später wurde die Insel von den Holländern entdeckt, und damit fingen dann die Probleme für den Dodo an.
"Und heute findet man keine Dodo-Eier mehr?"
"ça fait trop longtemps."
Nein, die Dodo-Eier sind alle aus Mauritius verschwunden, sagt Monsieur Ravi. Dann verabschiedet er sich von uns. Und gibt uns einen Tipp: Ganz im Süden von Mauritius liege eine kleine Insel, die Île aux Aigrettes. Dort gebe es noch Tiere, die eigentlich lange ausgestorben seien und nur noch hier überlebt haben. Schildkröten, Fledermäuse, Riesen-Leguane. Einen Dodo habe man aber auch hier noch nicht gesichtet.
Mit einem kleinen Schiff setzen wir auf die unbewohnte kleine Korallen-Insel über. Auch eine Schulklasse fährt mit. Man darf die Île aux Aigrettes nicht auf eigene Faust besuchen. Deshalb begleitet uns Diane. Sie ist Biologin und arbeitet für die Mauritius Wildlife Foundation, eine Naturschutzorganisation.
"On encourage la reproduction…les bébés."
"Wir tun alles dafür, dass die Pflanzen, die auf Mauritius einmal zuhause waren, zumindest hier wieder wachsen können. Inzwischen haben wir schon viele kleine Babypflanzen nachgezüchtet,"
Erklärt Diane der Schulklasse und uns. Tatsächlich gibt es hier viel mehr Bäume als auf Mauritius. Und es gibt riesengroße Schildkröten.
Die Schildkröten helfen dabei, das Ökosystem auf der Île aux Aigrettes zu stabilisieren, sagt Diane. Denn wenn die Schildkröten eine bestimmte endemische Pflanze fressen, und den Rest dann wieder ausscheiden, befindet sich in ihrem Kot Samen des wertvollen Ebenholzbaumes, den die Holländer auf Mauritius ausgerottet hatten. Mit Hilfe der Schildkröten wächst er nun also wieder – zumindest hier, auf der Île aux Aigrettes.
"Und wir sehen einen Gecko, mit ganz vielen verschiedenen Farben, grün, rot, einen Baum hochklettern. Ein Riesen-Leguan! Und er hat überhaupt keine Angst vor uns!"
Als wir mit dem kleinen Motorboot zurück aufs Festland fahren, ist die Stimmung an Bord ausgelassen.
Ein Dodo-Ei haben wir natürlich nicht gefunden. Dafür ist der Vogel einfach schon zu lange tot. Bisher konnten Forscher seine DNA auch noch nicht komplett entschlüsseln.
Uns bleibt also nur, es wie Alice zu machen und vom Dodo zu träumen.
Das Vogelnest in unserem Garten ist übrigens nicht leer geblieben. Ein echter Vogel ist zwar nicht geschlüpft. Nun hat darin ein kleiner Dodo aus Plüsch ein neues Zuhause gefunden.