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Der einarmige Pianist

Musik gehört zum Menschsein, die Freude daran zur menschlichen Natur. Wer den Wohlklang harmonischer Schallwellen nicht nachempfinden kann, dem fehlt etwas Wesentliches. Wer von Musik besessen ist, der braucht, wie Ludwig van Beethoven, nicht einmal die Wahrnehmung von Tönen, um Klänge zu genießen und zu komponieren. Denn die eigentliche Musik spielt im Gehirn.

Von Michael Lange |
    Nach langer Pause legt der Neurologe und Schriftsteller Oliver Sacks aus New York nun ein neues Buch mit Patientengeschichten vor. Diese hatten ihn Anfang der 1990er Jahre berühmt gemacht (Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte).

    In seinem neuen Buch dreht sich alles um die Musik, und was sie mit unserem Gehirn anstellt. Wie kommen Melodien in unseren Kopf? Was passiert, wenn unser Gehirn uns Musik vorgaukelt? Sacks erzählt von Menschen, die nach einer Gehirntumoroperation ihre Liebe zur Musik entdeckten, von Patienten, bei denen Musik keinerlei Empfindungen auslöst oder von einem Chirurgen, der vom Blitz getroffen wurde, überlebte und nun geradezu besessen ist von Klaviermusik.

    Getragen wird das Buch erneut vom Fach- und Allgemeinwissen des Autors, seiner Beobachtungsgabe und von seiner Menschlichkeit, mit der er den einzelnen Personen begegnet. Außerdem schwingt in jedem Kapitel die Liebe zur Musik mit, weshalb der englische Titel weit besser zum Buch passt: Musicophilia. Dass Oliver Sacks gelegentlich ein paar Fachwörter in den Text hineinrutschten, sei ihm verziehen. Er ist eben nicht nur ein außergewöhnlicher Schriftsteller, sondern auch ein Arzt.

    Oliver Sacks: Der einarmige Pianist. Über Musik und das Gehirn
    ISBN: 978-3-498-06376-4
    Rowohlt, 352 Seiten, 19,90 Euro