" Es ist soweit: Ohne eine feierliche Eröffnung, ganz aus dem Alltag der Arbeit geht nunmehr das Zweite Deutsche Fernsehen auf den Schirm."
Sechs Minuten dauerte die Ansprache, mit der Gründungsintendant Karl Holzamer am 1. April 1963 das Publikum zum Sendestart des ZDF begrüßte. Sechs Minuten, in denen der ordentliche Professor für Philosophie seine Idee vom Fernsehen erklärte:
" Der Intendant einer solchen Einrichtung, der hat es mit den gleichen Sorgen zu tun, die auch den Dichter bewegen wenn er sagt: "Wie machen wir's, dass alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei?"."
Denjenigen, die ihren Goethe nicht kannten, erklärte der Intendant später gerne, was gemeint war:
" Frisch heißt eben möglichst live, direkt, in einer unmittelbaren Zwiesprache mit dem Zuschauer. Neu, die Aktualität, selbstverständlich. Mit Bedeutung, möglichst kein Quatsch. Und gefällig, unterhaltend. Das wären so die vier Momente gewesen, die heute noch gültig sind meines Erachtens."
Ein ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie als Fernsehintendant, das war einmalig und nur möglich, als das Fernsehen noch jung und unschuldig war. Und Karl Holzamer achtete stets darauf, dass die Unschuld seines Senders - und die Moral seiner Zuschauer - nicht in Gefahr geriet: Den Showmaster Lou van Burg verbannte er vom Bildschirm, als dessen Ehebruch öffentlich wurde. Dieter Hildebrandts Kabarett musste verschwinden, weil Satire nicht zum staatstragenden Duktus des damaligen ZDF passte. Es waren auch solche Durchgriffe, die Karl Holzamer zur Legende machten. Und doch können sie angesichts seines Lebensleistung nur Randnotizen sein: 1931 kam er - frisch von der Uni - zum Westdeutschen Rundfunk. Die Nazis schoben den jungen Doktor, der sich als gläubiger Katholik weigerte, der NSDAP beizutreten, in den Landfunk ab - wo er trotz allem dafür sorgte, dass der "Reichsender Köln" als einziges der gleichgeschalteten Programme weiterhin kirchliche Morgenandachten ausstrahlte. Seine Unbeugsamkeit gegenüber dem Nationalsozialismus erleichterte ihm nach der Befreiung Deutschlands den Neuanfang als Professor für Philosophie an der Universität in Mainz und als Wegbereiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine bessere Wahl als Karl Holzamer hätten die Länder nicht treffen können, als sie 1962 nach einem Gründungsintendanten für das neue, das Zweite Deutsche Fernsehen suchten. Denn dem kleinen Professor mit dem freundlichen Gesicht war vor großen Aufgaben nicht bange:
" Als ich zum ersten Mal mit meinem späteren Technischen Direktor, den ich ja schon lange kannte, also als ich mit ihm nach Eschborn kam, wo wir eine Baracke dazu benutzten, um überhaupt irgendjemanden vor ein Mikrofon zu bringen, sagte der doch, als wir durch den Schlamm gingen: "Das darf doch nicht wahr sein!" - Und es wurde wahr!"
Aus dem Schlamm von Eschborn bei Frankfurt ließ der Intendant Holzamer die größte Fernsehanstalt des Kontinents erwachsen, die für Vatis Fußball das Aktuelle Sportstudio erfand und die großen Samstagabendshows - zum Beispiel Vergissmeinnicht mit Peter Frankenfeld - für die ganze Familie.
International war das ZDF schon feste stehende Größe, als daheim noch gezweifelt wurde, ob man das Zweite bundesweite Fernsehen wirklich brauche.
" Eine der wenigen, die diesen nationalen Rang anerkannten, war die Königin von England: Als ich ihr in Godesberg oder wo es war vorgestellt wurde, sagte sie "Ah, the National Television" - "Ach, das Nationale Fernsehen". Sie hatte also genau begriffen, was manche anderen erst lernen mussten."
Sein ZDF führte Holzamer 15 Jahre lang als strenger, aber stets um Gerechtigkeit bemühter Patriarch. Konziliant im Ton, aber kompromisslos in der Sache.
" Also im Haus hat man mich immer nur "der Professor" genannt. Ich meine auch in Verbindung mit freien Mitarbeitern oder Produzenten oder Künstlern - die haben den Professor geachtet. Es war mal eine Zeit, da hatten der Frankenfeld und der Alexander, die waren im Kniest. Und dann habe ich den beiden die Köpfe aneinander gestoßen - denn den Professor, den haben sie geachtet."
" Ich hatte manche Auseinandersetzungen mit unserem Studioleiter in Berlin. Und später hörte ich dann, dass er sagte "Der Holzamer, das ist der Adenauer des Fernsehens"."
...was der Christdemokrat Holzamer bis heute keinesfalls als Beleidigung verstehen möchte. Nun ist er also 100 und hat sich daran gewöhnt, seit einem Vierteljahrhundert alle fünf Jahre den rüstigen Jubilar zu geben. Fast 30 Jahre ist es her, dass der Professor sich als Intendant verabschiedet hat, aber natürlich kommt der Gründervater von seinem ZDF, seinem Lebenswerk, niemals los. Dessen Programm sei nach wie vor...
"...gut. Nach wie vor. Auch wenn man gelegentlich etwas daran auszusetzen hat. Aber es geschieht eben immer mit der Liebe zum eigenen Kind."
Sechs Minuten dauerte die Ansprache, mit der Gründungsintendant Karl Holzamer am 1. April 1963 das Publikum zum Sendestart des ZDF begrüßte. Sechs Minuten, in denen der ordentliche Professor für Philosophie seine Idee vom Fernsehen erklärte:
" Der Intendant einer solchen Einrichtung, der hat es mit den gleichen Sorgen zu tun, die auch den Dichter bewegen wenn er sagt: "Wie machen wir's, dass alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei?"."
Denjenigen, die ihren Goethe nicht kannten, erklärte der Intendant später gerne, was gemeint war:
" Frisch heißt eben möglichst live, direkt, in einer unmittelbaren Zwiesprache mit dem Zuschauer. Neu, die Aktualität, selbstverständlich. Mit Bedeutung, möglichst kein Quatsch. Und gefällig, unterhaltend. Das wären so die vier Momente gewesen, die heute noch gültig sind meines Erachtens."
Ein ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie als Fernsehintendant, das war einmalig und nur möglich, als das Fernsehen noch jung und unschuldig war. Und Karl Holzamer achtete stets darauf, dass die Unschuld seines Senders - und die Moral seiner Zuschauer - nicht in Gefahr geriet: Den Showmaster Lou van Burg verbannte er vom Bildschirm, als dessen Ehebruch öffentlich wurde. Dieter Hildebrandts Kabarett musste verschwinden, weil Satire nicht zum staatstragenden Duktus des damaligen ZDF passte. Es waren auch solche Durchgriffe, die Karl Holzamer zur Legende machten. Und doch können sie angesichts seines Lebensleistung nur Randnotizen sein: 1931 kam er - frisch von der Uni - zum Westdeutschen Rundfunk. Die Nazis schoben den jungen Doktor, der sich als gläubiger Katholik weigerte, der NSDAP beizutreten, in den Landfunk ab - wo er trotz allem dafür sorgte, dass der "Reichsender Köln" als einziges der gleichgeschalteten Programme weiterhin kirchliche Morgenandachten ausstrahlte. Seine Unbeugsamkeit gegenüber dem Nationalsozialismus erleichterte ihm nach der Befreiung Deutschlands den Neuanfang als Professor für Philosophie an der Universität in Mainz und als Wegbereiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine bessere Wahl als Karl Holzamer hätten die Länder nicht treffen können, als sie 1962 nach einem Gründungsintendanten für das neue, das Zweite Deutsche Fernsehen suchten. Denn dem kleinen Professor mit dem freundlichen Gesicht war vor großen Aufgaben nicht bange:
" Als ich zum ersten Mal mit meinem späteren Technischen Direktor, den ich ja schon lange kannte, also als ich mit ihm nach Eschborn kam, wo wir eine Baracke dazu benutzten, um überhaupt irgendjemanden vor ein Mikrofon zu bringen, sagte der doch, als wir durch den Schlamm gingen: "Das darf doch nicht wahr sein!" - Und es wurde wahr!"
Aus dem Schlamm von Eschborn bei Frankfurt ließ der Intendant Holzamer die größte Fernsehanstalt des Kontinents erwachsen, die für Vatis Fußball das Aktuelle Sportstudio erfand und die großen Samstagabendshows - zum Beispiel Vergissmeinnicht mit Peter Frankenfeld - für die ganze Familie.
International war das ZDF schon feste stehende Größe, als daheim noch gezweifelt wurde, ob man das Zweite bundesweite Fernsehen wirklich brauche.
" Eine der wenigen, die diesen nationalen Rang anerkannten, war die Königin von England: Als ich ihr in Godesberg oder wo es war vorgestellt wurde, sagte sie "Ah, the National Television" - "Ach, das Nationale Fernsehen". Sie hatte also genau begriffen, was manche anderen erst lernen mussten."
Sein ZDF führte Holzamer 15 Jahre lang als strenger, aber stets um Gerechtigkeit bemühter Patriarch. Konziliant im Ton, aber kompromisslos in der Sache.
" Also im Haus hat man mich immer nur "der Professor" genannt. Ich meine auch in Verbindung mit freien Mitarbeitern oder Produzenten oder Künstlern - die haben den Professor geachtet. Es war mal eine Zeit, da hatten der Frankenfeld und der Alexander, die waren im Kniest. Und dann habe ich den beiden die Köpfe aneinander gestoßen - denn den Professor, den haben sie geachtet."
" Ich hatte manche Auseinandersetzungen mit unserem Studioleiter in Berlin. Und später hörte ich dann, dass er sagte "Der Holzamer, das ist der Adenauer des Fernsehens"."
...was der Christdemokrat Holzamer bis heute keinesfalls als Beleidigung verstehen möchte. Nun ist er also 100 und hat sich daran gewöhnt, seit einem Vierteljahrhundert alle fünf Jahre den rüstigen Jubilar zu geben. Fast 30 Jahre ist es her, dass der Professor sich als Intendant verabschiedet hat, aber natürlich kommt der Gründervater von seinem ZDF, seinem Lebenswerk, niemals los. Dessen Programm sei nach wie vor...
"...gut. Nach wie vor. Auch wenn man gelegentlich etwas daran auszusetzen hat. Aber es geschieht eben immer mit der Liebe zum eigenen Kind."