Martin Zagatta: "Wir werden alles tun, um den Euro zu retten" – mit dieser Aussage hat Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank Spekulationen angeheizt, die EZB wolle schon wieder in großem Stil Staatsanleihen von Schuldenländern aufkaufen. Hinzu kommen jetzt Berichte, der Rettungsfonds ESM könne in eine solche Aktion einbezogen werden. Gerhard Schröder sagt uns, worum es geht.
Aus Berlin waren das Informationen von Gerhard Schröder. Und wir haben Michael Meister, den finanzpolitischen Sprecher und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nach diesen angeblichen Plänen für den künftigen Rettungsschirm ESM gefragt, ob es für ihn vorstellbar ist, dass dem Euroschutzschirm ESM unbegrenzter Kredit eingeräumt wird für den Kauf von Staatsanleihen.
Michael Meister: Nein, das ist für uns und auch für mich nicht vorstellbar, denn das würde dazu führen, dass wir letztendlich eine Finanzierung von Staatsschulden über die Zentralbank bekommen, und zwar dauerhaft und unbegrenzt, und dies würde bedeuten, dass wir letztendlich die Geldmenge massiv ausweiten und damit in eine inflationäre Entwicklung hineinlaufen.
Zagatta: Wäre das rechtswidrig oder lehnen Sie das nur ab?
Meister: Ich glaube zunächst einmal, wir lehnen das aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil wir sagen, der Euro, die Zentralbank sind auf die Geldwertstabilität verpflichtet. Weil im Statut der Europäischen Zentralbank ausdrücklich die Verpflichtung enthalten ist, die Geldwertstabilität als einziges Ziel zu verfolgen, kann ich einen solchen Vorschlag nicht im Einklang mit dem Statut der Zentralbank sehen.
Zagatta: Aber kann die Bundesregierung das überhaupt verhindern?
Meister: Ja, ich glaube, die Bundesregierung kann deutlich sagen, dass sie diese Position nicht mit aufnimmt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass im Rahmen ESM und der gesamten Euro-Rettungsaktionen Maßnahmen beschlossen werden, die nicht auch ein positives Votum der Bundesrepublik Deutschland haben.
Zagatta: Zuletzt hat die Bundesregierung bzw. hat die Kanzlerin aber den Druck von Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich zumindest teilweise nachgegeben. Den Eindruck hat man doch jetzt auch wieder.
Meister: Also ich glaube, wir haben versucht, entlang von Prinzipien, die wir formuliert haben, uns an der Rettung, an der Hilfe, an der solidarischen Hilfe mit einzelnen Ländern zu beteiligen, und diese Prinzipien waren, dass wir erstens nur temporär helfen, dass diese Hilfen immer konditioniert erfolgen und dass die einzelnen Länder diese Konditionen auch umsetzen müssen.
Zagatta: Von anderen Ländern werden die Beschlüsse des letzten EU-Gipfels anders ausgelegt.
Meister: Wir müssen, glaube ich, nicht nur eine Diskussion führen, ob wir den Euro wollen. Ich glaube, zu dieser Frage sagen die meisten in Deutschland, auch die meisten in Europa, ein klares Ja, sondern ich glaube, wir müssen auch eine Diskussion führen, wie wir uns diesen Euro vorstellen, und ich habe eben deutlich gemacht, wir wollen keinen Euro, der instabil ist, eben über eine Zentralbank-Finanzierung, wir wollen auch keinen Euro, der Transfermechanismen unkonditionierter Art erlaubt, und damit so etwas wie den Länderfinanzausgleich in Deutschland nach Europa exportiert, sondern wir wollen einen Euro, der dauerhaft stabil ist, und über die Frage der Ausgestaltung des Euro wird momentan gestritten, und da sollten wir unsere Position klar und deutlich vertreten.
Zagatta: Was bedeutet es denn dann aus Ihrer Sicht, wenn auch Kanzlerin Merkel jetzt zusagt, alles zu tun, um den Euro zu retten? Was ist da jetzt zu erwarten in den nächsten Tagen?
Meister: Das ist zunächst mal das klare Signal, weil es ja sehr viel Verunsicherung bei Investoren an den Finanzmärkten gibt, wie es mit dem Euro weitergeht, dass die Bundesrepublik Deutschland, aber auch andere in Europa klar und deutlich zu dieser gemeinsamen Währung stehen. Ich halte das für ein gutes und richtiges Signal, um für Stabilität zu sorgen. Konkret muss jetzt zunächst mal gesehen werden, dass in Spanien das, was wir zur Rettung beschlossen haben, umgesetzt wird, und zwar nicht nur das Einschießen von Geld, sondern indem auch vernünftige Geschäftsmodelle für die betroffenen Banken vereinbart und umgesetzt werden und die notwendigen Restrukturierungen stattfinden. Es muss möglichst schnell Klarheit geschaffen werden über den Troika-Bericht zu Griechenland, wie es in Griechenland weitergeht, dass da die offenen Fragen beendet werden, und zum Dritten müssen wir mit Blick auf September sehen, da wird ja in Europa ein Vorschlag kommen aus der Kommission zum Thema gemeinsame Bankenaufsicht, dass wir auch hier zum Schritt Integration der Finanzpolitik in Europa weiter vorankommen.
Zagatta: Herr Meister, jetzt will aber die Europäische Zentralbank – so heißt es – angeblich noch in dieser Woche vielleicht sogar wieder Staatsanleihen von Schuldnerländern in großem Ausmaße aufkaufen, das wäre dann schon zum dritten Mal – kann sich Deutschland dagegen überhaupt wehren?
Meister: Also ich glaube, an der Stelle muss man zwei Dinge unterscheiden. Wir sollten drauf achten, dass die Zentralbank politisch unabhängig bleibt, also keine Einflussnahme auf die Zentralbank erfolgt, wenn an dieser Stelle – von wem auch immer – Rufe erfolgen aus der Politik in Richtung Zentralbank, sollten wir das abwehren. Zum Zweiten haben wir ein vereinbartes Statut, dem alle Länder zugestimmt haben, die der Euro-Gemeinschaft angehören, und wir sollten darauf drängen, dass dieses Statut eingehalten wird, und das Statut verpflichtet die Zentralbank darauf, alles zu tun, dass der Euro im Sinne stabiles Geld erhalten bleibt, und darauf sollten wir drängen und darauf sollten wir uns konzentrieren.
Zagatta: Aber wenn der EZB-Präsident Mario Draghi das jetzt vorhat, das hat er ja angedeutet, dann kann Deutschland das nicht verhindern?
Meister: Ich glaube, wenn er damit sein Statut überschreiten würde, dann können wir selbstverständlich dafür vorgehen. Allerdings habe ich Herrn Draghi so verstanden, dass er lediglich mal auf dieses Statut hingewiesen hat, dass die Zentralbank den Auftrag hat, den Euro zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass dieses Geld, dieser Euro stabil bleibt.
Zagatta: Aber Deutschland, die Bundesregierung beziehungsweise die Bundesbank hat das ja schon zweimal hingenommen, dass da über die EZB Staatsanleihen aufgekauft werden.
Meister: Ja, die Frage, die wir zu diskutieren haben, ist ja nicht die Frage, wir sitzen ja nicht im EZB-Rat als deutsche Politik, wie die EZB ihren Auftrag umzusetzen hat, sondern wir haben drauf zu achten, dass dabei der Rahmen, den wir gesetzt haben, eingehalten wird, das ist unser Auftrag. Deshalb würde ich uns raten, dass wir uns auf diese Frage als Politiker auch konzentrieren.
Zagatta: Herr Meister, nach Presseberichten soll jetzt auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vorliegen, wonach der Rettungsschirm ESM auch von Deutschland zusätzliche Milliarden abrufen kann, ohne dass der Bundestag dagegen sein Veto einlegen kann. Kennen Sie dieses Gutachten?
Meister: Ich kenne dieses Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes. Allerdings immer zu beachten die Voraussetzungen: Abgerufen werden kann nur dann, wenn es vorher beim Eigenkapital zu entsprechenden Ausfällen gekommen ist. Und wir werden sicherlich, wenn wir einzelne Programme beschließen, bezogen auf den ESM, was ja bisher nicht geschehen ist, drauf achten, dass wir bei Eigenkapitaleinlagen natürlich Ausfälle vermeiden beziehungsweise wenn damit zu rechnen ist, deren Größe begrenzen, und ich glaube, insofern hat der Bundestag im Vorhinein präventiv die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass diese Situation nicht eintritt.
Zagatta: Aber ausschließen kann man das nicht, und dann tritt sie ein. Sind wir da von der Regierung nicht getäuscht worden, oder ist dieser Eindruck falsch? Die hat so etwas ja bestritten.
Meister: Der Ausfall kann ja nur erfolgen, wenn entsprechende Programme, die dann zum Ausfall führen, vorher beschlossen worden sind. Die brauchen ein positives Mandat des Deutschen Bundestages, und ich glaube, an der Stelle haben wir die Möglichkeit, darauf zu achten, dass wir in diese Situation nicht kommen.
Zagatta: Wie bewerten Sie eigentlich die Äußerungen von Euro-Gruppenchef Juncker, in Deutschland werde mit dem Thema Euro Innenpolitik gemacht?
Meister: Es würde, glaube ich, auch Europa und dem Euro guttun, wenn alle verstehen, dass wir in einer Demokratie leben, und dass deshalb für alle Aktivitäten, die stattfinden, eine demokratische Legitimation und im Nachgang eine demokratische Kontrolle erforderlich ist. Über die Frage muss, glaube ich, in Europa noch vertieft diskutiert werden. Zum Zweiten, glaube ich, sollten wir uns als deutsche Innenpolitik nicht anmaßen, Entscheidungen treffen zu wollen, die in anderen Ländern zu beantworten sind. Die Frage, ob Griechenland Mitglied der Eurozone bleibt oder nicht, ist eine Frage, die muss die griechische Regierung, das griechische Parlament beantworten, und da hat, glaube ich, Herr Juncker Recht, wenn er etwas zur Zurückhaltung mahnt. Auf der anderen Seite ist es, glaube ich, legitim, dass wir beim ESM, bei den einzelnen Rettungspaketen sehr intensiv diskutieren, wie stellen wir uns den Euro vor, und die Debatte ist eine Debatte in die Zukunft, die ist neu, und da muss auch jeder die Gelegenheit haben, seine Meinung einzubringen.
Zagatta: Herr Meister, der Luxemburger Juncker, der war doch in der Vergangenheit eher ein Verbündeter der Bundesregierung. Zeigt dieser Streit mit ihm da jetzt, dass Berlin doch ganz schön isoliert ist in der Eurozone?
Meister: Ich glaube nicht, dass es hier um die Frage der Isolation geht, sondern wir diskutieren die Frage, wie wir uns diese Euro-Gemeinschaft vorstellen, und es scheint mir so zu sein, dass nicht alle das Leitbild eines dauerhaft stabilen Euro jenseits von Transferunion, jenseits Zentralbankfinanzierung so sehen wie die Deutschen, und ich glaube, für die beiden Ziele – Transferunion zu verhindern, Inflationierung der Währung zu verhindern –, dafür lohnt es sich zu streiten.
Zagatta: Michael Meister, der finanzpolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, heute Mittag im Deutschlandfunk. Herr Meister, herzlichen Dank für das Gespräch!
Meister: Ich bedanke mich, Herr Zagatta!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Aus Berlin waren das Informationen von Gerhard Schröder. Und wir haben Michael Meister, den finanzpolitischen Sprecher und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nach diesen angeblichen Plänen für den künftigen Rettungsschirm ESM gefragt, ob es für ihn vorstellbar ist, dass dem Euroschutzschirm ESM unbegrenzter Kredit eingeräumt wird für den Kauf von Staatsanleihen.
Michael Meister: Nein, das ist für uns und auch für mich nicht vorstellbar, denn das würde dazu führen, dass wir letztendlich eine Finanzierung von Staatsschulden über die Zentralbank bekommen, und zwar dauerhaft und unbegrenzt, und dies würde bedeuten, dass wir letztendlich die Geldmenge massiv ausweiten und damit in eine inflationäre Entwicklung hineinlaufen.
Zagatta: Wäre das rechtswidrig oder lehnen Sie das nur ab?
Meister: Ich glaube zunächst einmal, wir lehnen das aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil wir sagen, der Euro, die Zentralbank sind auf die Geldwertstabilität verpflichtet. Weil im Statut der Europäischen Zentralbank ausdrücklich die Verpflichtung enthalten ist, die Geldwertstabilität als einziges Ziel zu verfolgen, kann ich einen solchen Vorschlag nicht im Einklang mit dem Statut der Zentralbank sehen.
Zagatta: Aber kann die Bundesregierung das überhaupt verhindern?
Meister: Ja, ich glaube, die Bundesregierung kann deutlich sagen, dass sie diese Position nicht mit aufnimmt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass im Rahmen ESM und der gesamten Euro-Rettungsaktionen Maßnahmen beschlossen werden, die nicht auch ein positives Votum der Bundesrepublik Deutschland haben.
Zagatta: Zuletzt hat die Bundesregierung bzw. hat die Kanzlerin aber den Druck von Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich zumindest teilweise nachgegeben. Den Eindruck hat man doch jetzt auch wieder.
Meister: Also ich glaube, wir haben versucht, entlang von Prinzipien, die wir formuliert haben, uns an der Rettung, an der Hilfe, an der solidarischen Hilfe mit einzelnen Ländern zu beteiligen, und diese Prinzipien waren, dass wir erstens nur temporär helfen, dass diese Hilfen immer konditioniert erfolgen und dass die einzelnen Länder diese Konditionen auch umsetzen müssen.
Zagatta: Von anderen Ländern werden die Beschlüsse des letzten EU-Gipfels anders ausgelegt.
Meister: Wir müssen, glaube ich, nicht nur eine Diskussion führen, ob wir den Euro wollen. Ich glaube, zu dieser Frage sagen die meisten in Deutschland, auch die meisten in Europa, ein klares Ja, sondern ich glaube, wir müssen auch eine Diskussion führen, wie wir uns diesen Euro vorstellen, und ich habe eben deutlich gemacht, wir wollen keinen Euro, der instabil ist, eben über eine Zentralbank-Finanzierung, wir wollen auch keinen Euro, der Transfermechanismen unkonditionierter Art erlaubt, und damit so etwas wie den Länderfinanzausgleich in Deutschland nach Europa exportiert, sondern wir wollen einen Euro, der dauerhaft stabil ist, und über die Frage der Ausgestaltung des Euro wird momentan gestritten, und da sollten wir unsere Position klar und deutlich vertreten.
Zagatta: Was bedeutet es denn dann aus Ihrer Sicht, wenn auch Kanzlerin Merkel jetzt zusagt, alles zu tun, um den Euro zu retten? Was ist da jetzt zu erwarten in den nächsten Tagen?
Meister: Das ist zunächst mal das klare Signal, weil es ja sehr viel Verunsicherung bei Investoren an den Finanzmärkten gibt, wie es mit dem Euro weitergeht, dass die Bundesrepublik Deutschland, aber auch andere in Europa klar und deutlich zu dieser gemeinsamen Währung stehen. Ich halte das für ein gutes und richtiges Signal, um für Stabilität zu sorgen. Konkret muss jetzt zunächst mal gesehen werden, dass in Spanien das, was wir zur Rettung beschlossen haben, umgesetzt wird, und zwar nicht nur das Einschießen von Geld, sondern indem auch vernünftige Geschäftsmodelle für die betroffenen Banken vereinbart und umgesetzt werden und die notwendigen Restrukturierungen stattfinden. Es muss möglichst schnell Klarheit geschaffen werden über den Troika-Bericht zu Griechenland, wie es in Griechenland weitergeht, dass da die offenen Fragen beendet werden, und zum Dritten müssen wir mit Blick auf September sehen, da wird ja in Europa ein Vorschlag kommen aus der Kommission zum Thema gemeinsame Bankenaufsicht, dass wir auch hier zum Schritt Integration der Finanzpolitik in Europa weiter vorankommen.
Zagatta: Herr Meister, jetzt will aber die Europäische Zentralbank – so heißt es – angeblich noch in dieser Woche vielleicht sogar wieder Staatsanleihen von Schuldnerländern in großem Ausmaße aufkaufen, das wäre dann schon zum dritten Mal – kann sich Deutschland dagegen überhaupt wehren?
Meister: Also ich glaube, an der Stelle muss man zwei Dinge unterscheiden. Wir sollten drauf achten, dass die Zentralbank politisch unabhängig bleibt, also keine Einflussnahme auf die Zentralbank erfolgt, wenn an dieser Stelle – von wem auch immer – Rufe erfolgen aus der Politik in Richtung Zentralbank, sollten wir das abwehren. Zum Zweiten haben wir ein vereinbartes Statut, dem alle Länder zugestimmt haben, die der Euro-Gemeinschaft angehören, und wir sollten darauf drängen, dass dieses Statut eingehalten wird, und das Statut verpflichtet die Zentralbank darauf, alles zu tun, dass der Euro im Sinne stabiles Geld erhalten bleibt, und darauf sollten wir drängen und darauf sollten wir uns konzentrieren.
Zagatta: Aber wenn der EZB-Präsident Mario Draghi das jetzt vorhat, das hat er ja angedeutet, dann kann Deutschland das nicht verhindern?
Meister: Ich glaube, wenn er damit sein Statut überschreiten würde, dann können wir selbstverständlich dafür vorgehen. Allerdings habe ich Herrn Draghi so verstanden, dass er lediglich mal auf dieses Statut hingewiesen hat, dass die Zentralbank den Auftrag hat, den Euro zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass dieses Geld, dieser Euro stabil bleibt.
Zagatta: Aber Deutschland, die Bundesregierung beziehungsweise die Bundesbank hat das ja schon zweimal hingenommen, dass da über die EZB Staatsanleihen aufgekauft werden.
Meister: Ja, die Frage, die wir zu diskutieren haben, ist ja nicht die Frage, wir sitzen ja nicht im EZB-Rat als deutsche Politik, wie die EZB ihren Auftrag umzusetzen hat, sondern wir haben drauf zu achten, dass dabei der Rahmen, den wir gesetzt haben, eingehalten wird, das ist unser Auftrag. Deshalb würde ich uns raten, dass wir uns auf diese Frage als Politiker auch konzentrieren.
Zagatta: Herr Meister, nach Presseberichten soll jetzt auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vorliegen, wonach der Rettungsschirm ESM auch von Deutschland zusätzliche Milliarden abrufen kann, ohne dass der Bundestag dagegen sein Veto einlegen kann. Kennen Sie dieses Gutachten?
Meister: Ich kenne dieses Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes. Allerdings immer zu beachten die Voraussetzungen: Abgerufen werden kann nur dann, wenn es vorher beim Eigenkapital zu entsprechenden Ausfällen gekommen ist. Und wir werden sicherlich, wenn wir einzelne Programme beschließen, bezogen auf den ESM, was ja bisher nicht geschehen ist, drauf achten, dass wir bei Eigenkapitaleinlagen natürlich Ausfälle vermeiden beziehungsweise wenn damit zu rechnen ist, deren Größe begrenzen, und ich glaube, insofern hat der Bundestag im Vorhinein präventiv die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass diese Situation nicht eintritt.
Zagatta: Aber ausschließen kann man das nicht, und dann tritt sie ein. Sind wir da von der Regierung nicht getäuscht worden, oder ist dieser Eindruck falsch? Die hat so etwas ja bestritten.
Meister: Der Ausfall kann ja nur erfolgen, wenn entsprechende Programme, die dann zum Ausfall führen, vorher beschlossen worden sind. Die brauchen ein positives Mandat des Deutschen Bundestages, und ich glaube, an der Stelle haben wir die Möglichkeit, darauf zu achten, dass wir in diese Situation nicht kommen.
Zagatta: Wie bewerten Sie eigentlich die Äußerungen von Euro-Gruppenchef Juncker, in Deutschland werde mit dem Thema Euro Innenpolitik gemacht?
Meister: Es würde, glaube ich, auch Europa und dem Euro guttun, wenn alle verstehen, dass wir in einer Demokratie leben, und dass deshalb für alle Aktivitäten, die stattfinden, eine demokratische Legitimation und im Nachgang eine demokratische Kontrolle erforderlich ist. Über die Frage muss, glaube ich, in Europa noch vertieft diskutiert werden. Zum Zweiten, glaube ich, sollten wir uns als deutsche Innenpolitik nicht anmaßen, Entscheidungen treffen zu wollen, die in anderen Ländern zu beantworten sind. Die Frage, ob Griechenland Mitglied der Eurozone bleibt oder nicht, ist eine Frage, die muss die griechische Regierung, das griechische Parlament beantworten, und da hat, glaube ich, Herr Juncker Recht, wenn er etwas zur Zurückhaltung mahnt. Auf der anderen Seite ist es, glaube ich, legitim, dass wir beim ESM, bei den einzelnen Rettungspaketen sehr intensiv diskutieren, wie stellen wir uns den Euro vor, und die Debatte ist eine Debatte in die Zukunft, die ist neu, und da muss auch jeder die Gelegenheit haben, seine Meinung einzubringen.
Zagatta: Herr Meister, der Luxemburger Juncker, der war doch in der Vergangenheit eher ein Verbündeter der Bundesregierung. Zeigt dieser Streit mit ihm da jetzt, dass Berlin doch ganz schön isoliert ist in der Eurozone?
Meister: Ich glaube nicht, dass es hier um die Frage der Isolation geht, sondern wir diskutieren die Frage, wie wir uns diese Euro-Gemeinschaft vorstellen, und es scheint mir so zu sein, dass nicht alle das Leitbild eines dauerhaft stabilen Euro jenseits von Transferunion, jenseits Zentralbankfinanzierung so sehen wie die Deutschen, und ich glaube, für die beiden Ziele – Transferunion zu verhindern, Inflationierung der Währung zu verhindern –, dafür lohnt es sich zu streiten.
Zagatta: Michael Meister, der finanzpolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, heute Mittag im Deutschlandfunk. Herr Meister, herzlichen Dank für das Gespräch!
Meister: Ich bedanke mich, Herr Zagatta!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.