Dem ganzjährigen Klimt-Rausch in Wien noch Höhepunkte abzugewinnen, ist schon nicht einfach. Und im Reigen der über die ganze Stadt verteilten Geburtstagsausstellungen ist das Belvedere zuletzt drangekommen – da muss man zu punkten versuchen, am besten mit einem Konzept, das einer gewissen Klimt-Langeweile überzeugend entgegentritt. Zunächst hat man ja von Haus aus gute Karten: "Sie werden sehen, dass unsere Sammlung ganz großartig ist", sagte die Direktorin Agnes Husslein-Arco bei der Eröffnung, ohne das "unsere" zu betonen, aber irgendwie glaubte man's zu hören.
Wirklich ist die Klimt-Sammlung des Belvedere die größte, wenn auch nicht wirklich groß: Vieles von den einst über 100 Werken hat man in Zeiten mangelnder Klimt-Begeisterung weggetauscht, die Zeichnungen der Albertina übergeben; und dann die 10 Werke, die restituiert werden mussten. Aber dafür sind in diesem Jahr zwei Bilder neu erworben worden und jetzt erstmals zu sehen – eins zeigt eine Mutter mit ihren Kindern, mit dem Titel "Familie", das andere eine Sonnenblume, in der die Kuratoren Klimts-Langzeit-Freundin Emilie Flöge zu erkennen glauben, tatsächlich erinnert sie im Umriss stark an Flöges weiten Reformkleider. Die beiden Werke zählen jetzt zu den Highlights, mit denen das Belvedere wirbt, ebenso wie mit einigen bisher unbekannten Briefe von Klimt an die Langzeit-Freundin Emilie Flöge. Und die kann man jetzt mittels App sogar lesen.
"Der Besucher findet diese wunderschönen Briefe in Klimts Handschrift und weil das nicht jedem leicht fällt zu lesen, gibt es diese QR-Codes, und jetzt scanne ich den Barcode ein und jetzt kann ich auf meinem Smartphone den Originaltext lesen."
Weltbewegendes ist den Briefen nicht zu entnehmen, schon gar nicht, was nun eigentlich genau zwischen Klimt und Flöge ablief. Auch dass man sich jetzt mit seinem i-Pad über Google-Map an die Orte von Klimts Lebensstationen führen lassen kann, klingt nicht, als habe jemand darauf gewartet. Erleuchtender als das Plätschern des Attersees sind doch die Werke selbst, in denen auf Oberflächen, die das barocke Pathos des Belvedere-Palasts der Stimmung der klassischen Moderne angeglichen haben, Leben und Ära des Künstlers vorbeiziehen. Die Anfänge an der Kunstgewerbeschule, die Künstler-Compagnie der Brüder Klimt, die aus einer Kunsthandwerker-Familie kamen und zunächst mit dekorativer Malerei sehr erfolgreich waren; historistische Szenen vor ornamentierten Hintergründen, Gemälde mit griechischen Sagenszenen, kurz: der Stoff, der überm Ehebett im Schlafzimmer hing.
Dann die erste Begegnung mit Gustav Klimt als Künstler der Sezession: Das Bild "Dame am Kamin", aus völliger Düsternis heben sich erst langsam die Umrisse einer Frau im Lehnstuhl hervor. Der Klimt, den die Welt kennt, ist das noch nicht, die Bilder der Goldenen Periode hängen im eigenen Saal, Judith, Salome, und natürlich "Der Kuss", der unten im Belvedere-Shop als Aschenbecher, Notizbuchdeckeln und Schneekugeln verkauft wird. Und doch, hier, vor schwarzen Hintergründen, sieht man doch wieder das Hochpoetische und Frappierende dieser damals so fremdartigen, heute hundertfach durchforschten Symbolmalerei.
Den Bildern des Jubilars hat der Kurator Alfred Weidlinger Werke von Zeitgenossen zugesellt; so sieht den frühen Egon Schiele noch klimtisch malen und sich dann emanzipieren. Neben Klimts feierlicher "Umarmung", einem Duplikat aus dem Beethovenfries, wirkt Schieles gleichnamiges Gemälde - ein Paar auf zerwühlten Laken - ganz unerhört. Überhaupt erscheint Klimts Werk der fortschreitenden Zeit, die im Ersten Weltkrieg mündete, immer ferner. Sein Bild "Die Braut", verstörend zwar, aber auch verstörend hübsch, steht in seiner Fin de Sièclehaften Kunst-Überhöhung fremd neben dem, was seine Protegés Kokoschka und Schiele malten.
So spricht hier alles für sich selbst. Einem etwaigen Anspruch, Gustav Klimt biografisch im Kontext seiner Zeit kennenzulernen, wird die Ausstellung zwar nur ganz lückenhaft gerecht. Aber Überschaubarkeit hat ihren Preis, und bei einem Titanen setzt man wohl lieber auf direkte Wirkung.
Wirklich ist die Klimt-Sammlung des Belvedere die größte, wenn auch nicht wirklich groß: Vieles von den einst über 100 Werken hat man in Zeiten mangelnder Klimt-Begeisterung weggetauscht, die Zeichnungen der Albertina übergeben; und dann die 10 Werke, die restituiert werden mussten. Aber dafür sind in diesem Jahr zwei Bilder neu erworben worden und jetzt erstmals zu sehen – eins zeigt eine Mutter mit ihren Kindern, mit dem Titel "Familie", das andere eine Sonnenblume, in der die Kuratoren Klimts-Langzeit-Freundin Emilie Flöge zu erkennen glauben, tatsächlich erinnert sie im Umriss stark an Flöges weiten Reformkleider. Die beiden Werke zählen jetzt zu den Highlights, mit denen das Belvedere wirbt, ebenso wie mit einigen bisher unbekannten Briefe von Klimt an die Langzeit-Freundin Emilie Flöge. Und die kann man jetzt mittels App sogar lesen.
"Der Besucher findet diese wunderschönen Briefe in Klimts Handschrift und weil das nicht jedem leicht fällt zu lesen, gibt es diese QR-Codes, und jetzt scanne ich den Barcode ein und jetzt kann ich auf meinem Smartphone den Originaltext lesen."
Weltbewegendes ist den Briefen nicht zu entnehmen, schon gar nicht, was nun eigentlich genau zwischen Klimt und Flöge ablief. Auch dass man sich jetzt mit seinem i-Pad über Google-Map an die Orte von Klimts Lebensstationen führen lassen kann, klingt nicht, als habe jemand darauf gewartet. Erleuchtender als das Plätschern des Attersees sind doch die Werke selbst, in denen auf Oberflächen, die das barocke Pathos des Belvedere-Palasts der Stimmung der klassischen Moderne angeglichen haben, Leben und Ära des Künstlers vorbeiziehen. Die Anfänge an der Kunstgewerbeschule, die Künstler-Compagnie der Brüder Klimt, die aus einer Kunsthandwerker-Familie kamen und zunächst mit dekorativer Malerei sehr erfolgreich waren; historistische Szenen vor ornamentierten Hintergründen, Gemälde mit griechischen Sagenszenen, kurz: der Stoff, der überm Ehebett im Schlafzimmer hing.
Dann die erste Begegnung mit Gustav Klimt als Künstler der Sezession: Das Bild "Dame am Kamin", aus völliger Düsternis heben sich erst langsam die Umrisse einer Frau im Lehnstuhl hervor. Der Klimt, den die Welt kennt, ist das noch nicht, die Bilder der Goldenen Periode hängen im eigenen Saal, Judith, Salome, und natürlich "Der Kuss", der unten im Belvedere-Shop als Aschenbecher, Notizbuchdeckeln und Schneekugeln verkauft wird. Und doch, hier, vor schwarzen Hintergründen, sieht man doch wieder das Hochpoetische und Frappierende dieser damals so fremdartigen, heute hundertfach durchforschten Symbolmalerei.
Den Bildern des Jubilars hat der Kurator Alfred Weidlinger Werke von Zeitgenossen zugesellt; so sieht den frühen Egon Schiele noch klimtisch malen und sich dann emanzipieren. Neben Klimts feierlicher "Umarmung", einem Duplikat aus dem Beethovenfries, wirkt Schieles gleichnamiges Gemälde - ein Paar auf zerwühlten Laken - ganz unerhört. Überhaupt erscheint Klimts Werk der fortschreitenden Zeit, die im Ersten Weltkrieg mündete, immer ferner. Sein Bild "Die Braut", verstörend zwar, aber auch verstörend hübsch, steht in seiner Fin de Sièclehaften Kunst-Überhöhung fremd neben dem, was seine Protegés Kokoschka und Schiele malten.
So spricht hier alles für sich selbst. Einem etwaigen Anspruch, Gustav Klimt biografisch im Kontext seiner Zeit kennenzulernen, wird die Ausstellung zwar nur ganz lückenhaft gerecht. Aber Überschaubarkeit hat ihren Preis, und bei einem Titanen setzt man wohl lieber auf direkte Wirkung.