Dieter Baumann hat Doping immer verurteilt, immer für einen sauberen Sport geworben. Und plötzlich gerät er selbst in Verdacht. Am 19. November wird bekannt, bei zwei Doping-Proben bei ihm der Wirkstoff Nandrolon gefunden wurde. Baumann geht am Nachmittag vor die Presse. Wie er sich gefühlt habe, als er über die Proben informiert wurde, wird er gefragt.
"Ich konnte es nicht glauben, denn es konnte nicht sein. Ich hatte und habe nie etwas zu mir genommen, Dopingmittel, und deswegen konnte es nicht sein, dass eine Kontrolle von mir positiv ist. Ich versuche eigentlich mehr für mich selber Klarheit zu schaffen. Ich denke ja schon, ich bin nicht ganz knusper."
Dopingmittel in Zahnpasta injiziert
Unverständnis auch bei den Bürgern in Baumanns schwäbischer Heimatgemeinde Blaustein.
"Ich glaube es nicht, ich schätze ihn so nicht ein."
"Bin halt enttäuscht, weil er hat's normal nicht notwendig."
"Er ist ein symphatischer, netter Kerl. Ich glaub's noch gar nicht, dass es wirklich stimmt. Grad macht er Reklame, so nett, und dann hört man sowas. Da war ich schon ein bisschen geschockt."
"Wenn das stimmen würde, wäre es unverschämt, aber ich glaube es fast nicht, oder?"
Zwei Wochen später bekommt der Fall eine neue Wendung. Die Quelle für die Doping-Substanz wird ausgemacht. Der Wirkstoff steckte in Dieter Baumanns Zahnpasta. Dieter Baumann sieht sich als Opfer einer Intrige, denn das Dopingmittel wurde in die Zahnpasta injiziert. Für ihn ein Beleg seiner Unschuld und dafür, dass ihm jemand einen Dopingfall anhängen wollte.
"Erleichterung ja, das ist für mich persönlich wichtig. Und jetzt kommt sofort die nächste Frage: Wer war das? Und diese Frage nimmt im Moment für mich eine große Wichtigkeit ein."
Freispruch und dann der Rückschlag
Doch weiter wird über die Frage diskutiert, ob Dieter Baumann die Zahnpasta selbst manipuliert haben könnte, um sich als Opfer zu inszenieren. Baumann stellt Strafanzeige gegen unbekannt. Umgekehrt ermittelt die Staatsanwaltschaft Tübingen.
"Über die Frage nämlich ob uns Dieter Baumann mit seiner Anzeige einen Bären aufgebunden haben könnte und sich nur als - wenn Sie so wollen - ertappter Dopingsünder freischaufeln werden wollte. Zeugenschaftliche Erkenntnisse in diesem Zusammenhang haben sich nicht ergeben."
So werden die Ermittlungen gegen Baumann eingestellt. Erster Punktsieg. Zweiter Punktsieg: Das Urteil: Der Deutsche Leichtathletikverband spricht Baumann vom Doping-Vorwurf ebenfalls - nicht zuletzt aufgrund einer Haarprobe.
Sperre bei Olympia
Im September reist Dieter Baumann zu den Olympischen Spielen nach Sydney. Doch kaum haben die Spiele begonnen, der nächste Schlag: Der Internationale Leichtathletikverband hebt den Freispruch aus Deutschland wieder auf. Dieter Baumann wird für zwei Jahre gesperrt. Helmut Digel, Chef des Deutschen Leichtathletikverbands ist empört.
"Ich habe ein Verfahren erlebt, dass mit meinen moralischen Prinzipien nicht übereinstimmt. Und dass mit meinen Prinzipien des Fairplay, und ich denke von diesem Prinzip verstehe ich etwas, vielleicht etwas mehr als von Rechtsprinzipien, mit diesen Prinzipien auch nicht übereinstimmt. Aber damit habe ich selbst klarzukommen, auch wie man behandelt wird als Mensch."
Seine Rekorde werden Dieter Baumann aberkannt. Nach Ablauf der Sperre nimmt er er wieder an Wettkämpfen teil, wird 2003 auch nochmal Deutscher Meister über 10.000 Meter. Doch an die alten Erfolge kann er nicht mehr anknüpfen. Am 8. September 2003 beendet er seine Karriere als Sportler und beginnt neu - als Kleinkünstler und Motivationstrainer.