Archiv

Der Fall Chris Ares
Rechtsextreme Inhalte auf Spotify

Der Rapper Chris Ares wird vom bayerischen Verfassungsschutz als Beispiel für rechtsextreme Musik geführt. Dennoch tauchte er zuletzt ganz oben in den Charts von Amazon Music, Spotify und Co. auf. Der Musikjournalist Sammy Khamis gab dafür im Dlf den Streaminganbietern die Hauptschuld.

Sammy Khamis im Kollegengespräch mit Anja Buchmann |
Der rechtsextrem Rapper Chris Ares in einem schwarzen Sweatshirt mit goldenem Adler drauf in einer Menschenmenge mit Transparenten. Im Vordergrund ein Einsatzpolizist in Uniform.
Rapper Chris Ares 2016 auf einer AfD-Demo in München mit einem Sweatshirt des rechtsextremen Bündnis Deutscher Patrioten. (imago stock&people)
Dass Pop-Musik nicht zwingend progressiv und links ist, das hat sich diese Woche wieder ziemlich eindeutig gezeigt. Denn in den Streaming-Charts taucht aktuell ein Interpret auf, der höchst umstritten ist: Chris Ares - Rapper aus München. Er steht der Identitären Bewegung nahe, weshalb ihn der Bayerische Verfassungsschutz in seinem Bericht (Quelle: Seite 132) als Beispiel für rechtsextreme Musik führt.
Rechtsextrem und im Mainstream aufgeploppt
Und wie das heutzutage so ist: Ares verkauft nicht mehr zwingend CDs und Tonträger, sondern wird durch Streams bekannt. Deshalb sind die großen Streaminganbieter in der ersten Juliwoche in die Kritik geraten, ganz besonders heftig der Streaming-Gigant Spotify. Dort war das am 3.7. erschienene Album abzurufen - und das warf die Frage auf: Hat Spotify ein Problem mit rechten Inhalten auf der eigenen Plattform?
Die Streamingdienste Amazon, Spotify und ITunes haben im Laufe der Woche das Angebot gelöscht. Trotzdem: "Genug Zeit, dass Chris Ares hier im Mainstream aufploppt", sagte der Journalist Sammy Khamis im Deutschlandfunk. "Ein Novum - bisher hat es noch kein Rapper aus der rechtsextremen, identitären Szene so weit vorzudringen. Da tragen die Streaminganbieter die Hauptverantwortung für."
Zu späte Reaktion von Spotify und Co.
Chris Ares sei auch vor dem Albumrelease über Monate schon auf Spotify zu hören gewesen, sagte Sammy Khamis, "bis Dienstag diese Woche." Da erst habe Spotify verkündet, dass sie die Titel von Ares nicht mehr auf ihrer Plattform hosten möchten.
In der Pressemitteilung heißt es:
"Spotify verbietet Inhalte auf der Plattform, die ausdrücklich und hauptsächlich zu Hass oder Gewalt gegen eine Gruppe oder ein Individuum aufgrund von Merkmalen wie Religion, Geschlechtsidentität, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Nationalität, sexuelle Orientierung oder Behinderung, aufrufen, dies befürworten oder dazu aufstacheln."
Und weiter:
"Wenn wir Inhalte, die diesen Standard verletzen, identifizieren, werden sie von der Plattform entfernt."
Im Fall von Chris Ares sei dies nun geschehen, so Khamis, allerdings spät, wie Kritiker*innen bemängeln. Amazon hatte schon einige Tage zuvor die Inhalte von der Plattform genommen. Und, auch das sagen Kritiker*innen, es sei seit Jahren bekannt, dass Chris Ares ein rechter Rapper ist.
In seinen Texten transportiere er rassistische Inhalte, rufe zu Gewalt auf - das sei also nicht neu. "Man hätte durchaus auch vor Monaten argumentieren können, dass man ihn von der Plattform herunter nimmt.
Spotify und die Bundesprüfstelle
Bislang ist seine Musik lediglich indiziert, also als jugendgefährdend eingestuft, allerdings nicht verboten. Die Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien prüft, nicht nur ob Inhalte jugendgefährdend sind. Etwa weil sie zu Hass anstacheln, besonders explizit oder extrem gewaltverherrlichend sind. Sie prüft aber auch, ob sie den Nationalsozialismus verherrlichen oder antisemitisch sind. Chris Ares sei noch nicht geprüft worden, so Khamis, daher sei seine Musik nicht einmal indiziert.
Spotify kooperiert international mit der Bundesprüfstelle. In Deutschland indizierte und verbotene Inhalte ließen sich nicht nur in Deutschland nicht finden - weltweit habe Spotify diese Inhalte gesperrt. Das sei neu, urteilte Khamis, "kein anderer Anbieter - weder YouTube noch Apple gehen so weit."
Das Problem ist älter und besteht weiter
Trotz dieser konsequenten Vorgehensweise des Anbieters, macht der Journalist Sammy Khamis am Beispiel Chris Ares deutlich: Spotify habe ein Problem mit rechten Inhalten. "Nur weil was nicht verboten oder indiziert ist," führte Khamis aus, "heißt es ja nicht, dass es nicht rechtsextrem ist. Chris Ares ist vom Verfassungsschutz so eingestuft."
Auch wenn Ares jetzt gesperrt werde: Es gebe, so Kharmis, auch weitere Beispiele, die man immer noch auf Spotify findet. Wie Prototyp NDS, ein aus NRW stammender Rap-Partner von Ares, der ebenfalls der rechtsextremen Identitären Bewegung nahestehe, so Khamis. Spotify hoste außerdem den Podcast einer rechten Kampagnen-Plattform, die auf den rechten Ideologen Götz Kubitschek zurückgeht. "Auch auf Nachfrage hat Spotify nichts dazu gesagt", prangerte Khamis an.
Wird mit zweierlei Maß gemessen?
Er kommt zu dem Urteil, die Kritik an Spotify sei nicht unbegründet, "die Frage ist aber auch, weshalb es Spotify so hart trifft, denn iTunes, der Streaming-Dienst von Apple, hatte Chris Ares noch länger auf seiner Plattform auch im vergangenen Jahr." Bei YouTube, wo die Abrufzahlen von Ares in die Hunderttausende gehen, sei er immernoch zu hören. Dabei seien die Community Standards bei allen großen Plattformen vergleichbar zu denen von Spotify. "Trotzdem finden sich diese Inhalte auf den anderen Plattformen weiter und deshalb ist diese Fokussierung auf Spotify als Marktführer nachvollziehbar, es gibt aber auch Mitbewerber und die hat die Kritik weniger hart getroffen.
Uploadfilter gegen Rechts
Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass Spotify bereits im Januar in der Kritik stand, rechte Inhalte zu streamen. Damals waren rechte Bilder auf Playlists zu sehen wie Hakenkreuze oder Hitler-Portraits. "Das Problem sei laut Khamis, der Playlist-Bereich von Spotify, der von User*innen frei gestaltet werden könne. Diesem können diese Namen geben und Bilder hochladen. "’Heil Hitler’ sei ein häufiger Name solcher Playlists, über Anne Frank wurde sich auf geschmacklose Weise lustig gemacht."
Spotify habe erklärt, in Zukunft Upload-Filter zu verwenden, die Bilder shcneller zu erkennen. "Spotify hat seine Hausaufgaben gemacht", urteilt Khamis. Es seien nicht mehr so krasse Beispiele zu finden und auf Spotify finde man keine Neo-Nazi-Songs. "Man ist da im Vergleich zu anderen Konkurrenten progressiver", so Sammy Khamis. Weder die verbotenen Rechtsrock-Lieder aus den 1990er oder 2000er Jahren noch Bands, die auf den großen Rechtsrock-Festivals in Themar oder Ostritz in den letzten Jahren auftraten hatten bei Spotify in der Regel ein Profil - anders als bei Facebook, YouTube oder Soundcloud.