Jede Maßnahme wird mit einer härteren Gegenmaßnahme beantwortet – so heißt es aus Riad. Eine Reaktion darauf, dass zahlreiche westliche Unternehmen zu Saudi-Arabien auf Distanz gegangen sind. Der Verdacht, dass Kronprinz Mohammed bin Salman den Regierungskritiker Jamal Khashoggi ermorden ließ, wiegt für viele schwer. Auch Firmen, die den Reformkurs des Kronprinzen bisher unterstützten, stellten ihre Gespräche über Investitionen vorläufig ein.
Prominentes Beispiel: Sir Richard Branson. Der Gründer des Medienkonzerns Virgin stand in Verhandlungen darüber, dass Saudi-Arabien eine Milliarde US-Dollar in sein Raumfahrt-Unternehmen investiert. Zudem hat Branson seine Mitarbeit an zwei Tourismus-Projekten in Saudi-Arabien ausgesetzt.
Unternehmen reisen nicht zum "Wüsten-Davos"
Außerdem haben führende internationale Wirtschaftsvertreter ihre Teilnahme an einer Konferenz in Riyad abgesagt: So wollte Jamie Dimon - Chef der US-Großbank JPMorgan - zu einem für kommende Woche geplanten Investmentgipfel reisen, "Wüsten-Davos" genannt. Der Bankier sagte nun wegen des Falls Khashoggi ab. Ebenso der Chef der Firma Viacom, Bob Bakish, der AOL-Mitbegründer Steve Case und einige schwergewichtige Wirtschaftsvertreter mehr.
Als Medien-Partner haben sich die New York Times und Bloomberg aus der Veranstaltung zurückgezogen. Dass westliche Medien-Partner abgesprungen sind, ist nicht erstaunlich, da Jamal Khashoggi mittlerweile als Symbol für die Freiheit des Wortes gilt. Auch wegen Interviews wie diesem bei al-Jazeera: "Zu Ihrer Frage: Was man nicht mehr in Saudi Arabien aushalten kann? Da sage ich: Der Verlust der Freiheit ist unerträglich. Nicht mehr auszuhalten ist auch das Gefühl der Hilflosigkeit, weil man die eigene Meinung nicht mehr sagen darf. In der Hinsicht bin ich nicht der Einzige, es gibt viele saudische Bürger, die in Gefängnissen verschwunden sind."
US-Präsident Donald Trump drohte dem saudischen Königshaus mit einer "schweren Strafe", sollte sich der Verdacht bestätigen, dass Khashoggi ermordet wurde. Aber: Trump will an einem Waffengeschäft im Wert von 90 Milliarden Euro festhalten, das er bei einem Besuch in Saudi-Arabien im vergangenen Jahr abschloss. Der US-Präsident verwies darauf, dass Hunderttausende Arbeitsplätze in den USA betroffen wären. Trump fügte aber hinzu: "Es gibt andere Dinge, die wir tun können, die sehr, sehr wirksam sind, sehr stark."
Europas Außenminister bringen noch keine Sanktionen ins Spiel
Die deutsche Firma Siemens bleibt derzeit bei ihren Saudi-Arabien-Plänen. So hat der Münchner Konzern den Auftrag, zur Stromproduktion fünf Gasturbinen in Saudi-Arabien zu bauen. Darüber hinaus ist Siemens an dem weltweit größten U-Bahn-System in Riad beteiligt. Gegenüber dem ARD-Studio Kairo gab der Siemens-Sprecher Yashar Nasrollahi Azaz diese Erklärung ab: "Ich kann Ihnen sagen, dass wir den Fall und die Situation sehr genau beobachten und verfolgen."
Damit ist Siemens ganz auf Linie der Bundesregierung: Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens appellierten gestern an Saudi-Arabien, das Verschwinden des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi aufzuklären. Von wirtschaftspolitischer Distanz zu Saudi-Arabien oder gar Sanktionen jedoch kein Wort.