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Der Fall Khashoggi
Wachsende Kritik in den USA an der Erklärung Saudi-Arabiens

Mit Skepsis und Empörung haben US-Politiker auf die Darstellung Saudi-Arabiens über die Tötung Jamal Khashoggis reagiert. Während die Rufe nach einem Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien immer lauter werden, versucht Donald Trump, genau dies zu verhindern.

Von Martin Ganslmeier |
    Protesters with the activist group Code Pink demonstrate outside the White House to call attention to the disappearance of Saudi Arabian journalist Jamal Khashoggi, in Washington, D.C. on October 19, 2018. Khashoggi has disappeared following a meeting at the Saudi consulate in Istanbul. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY WAP20181019319 KEVINxDIETSCH
    Demonstranten der Organisation Code Pink vor dem Weißen Haus in Washington fordern Aufklärung im Fall Jamal Khashoggi (imago stock&people / Kevin Dietsch)
    US-Präsident Donald Trump, der sonst selten klare Worte scheut, äußerte sich in den vergangenen Tagen gegenüber Saudi-Arabien betont diplomatisch. Als Saudi-Arabien nach über zwei Wochen Leugnen den Tod Jamal Khashoggis einräumte und diesen als Folge einer aus dem Ruder gelaufenen Schlägerei darstellte, nannte Trump die Erklärung glaubwürdig: "Das ist ein sehr wichtiger erster Schritt. Und er kam schneller als erwartet."
    Dagegen äußerten Kongressabgeordnete beider Parteien deutliche Kritik. Der republikanische Senator Lindsey Graham betonte, er sei mehr als skeptisch, ob der Tod Khashoggis wirklich nur die Folge einer Schlägerei gewesen sei und ob dies tatsächlich ohne Wissen des Kronprinzen geschah. Mehrere Demokraten bezeichneten die Erklärung Saudi-Arabiens als "Beleidigung". Wenn die Trump-Regierung nicht schärfer reagiere, werde der Kongress dies tun. Die Herausgeber der "Washington Post", für die Khashoggi als Kolumnist tätig war, sehen in der Darstellung Saudi-Arabiens eine "Lüge". Es gehe dem Regime nicht um Aufklärung, sondern um Vertuschung.
    Forderung nach Rüstungsexportstopp
    Angesichts der heftigen Kritik stellte Trump am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Nevada klar: "Ich bin nicht zufrieden, bis wir alle Antworten gefunden haben. Dennoch war es ein wichtiger und guter erster Schritt."
    Unterdessen werden in den USA Forderungen laut, die Aufklärung der Tötung Khashoggis dürfe weder den saudischen Behörden noch der Türkei überlassen werden. Dies sollten internationale Experten im Auftrag der Vereinten Nationen tun, schlug Ivo Daalder im Sender CNN vor. Der frühere US-Botschafter und jetzige Chef der Denkfabrik "Chicago Council on Global Affairs" sprach sich außerdem für einen sofortigen Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien aus: "Die USA sollten gemeinsam mit Großbritannien, Frankreich und anderen Verbündeten alle weiteren Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien einstellen. Es gibt absolut keinen Grund, warum wir ausgerechnet jetzt den Saudis Waffen schicken sollten."
    Erst das Geschäft, dann die Moral
    Doch genau das will Donald Trump verhindern. Zum wiederholten Male betonte er die wirtschaftliche Bedeutung der bei seinem Antrittsbesuch in Saudi-Arabien abgeschlossenen Rüstungsverträge: "Das sind insgesamt 450 Milliarden Dollar, davon 110 Milliarden für das Militär. Das sind über eine Millionen Jobs. Solch eine Bestellung einfach abzusagen, ist nicht hilfreich."
    Trump seien Rüstungsgeschäfte wichtiger als der moralische Führungsanspruch Amerikas, werfen ihm seine Kritiker vor. Und immer wieder wird der Vorwurf laut, Trump denke dabei auch an die Geschäfte seiner Firma in Saudi-Arabien. Doch auch politisch steht für den US-Präsidenten viel auf dem Spiel: Trumps Eindämmungspolitik gegen Iran ist auf saudisches Öl angewiesen. Und sein Nahost-Friedensplan einer israelisch-arabischen Koalition gegen Iran wäre Makulatur, wenn es zum Bruch mit Saudi-Arabien kommt.