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Der Fall Mesut Özil
Chinesische Mauer

Seit acht Monaten hat Mesut Özil nicht mehr für den FC Arsenal gespielt. Nach chinakritischen Äußerungen verschwindet der Mann, der zu den großen Fußballstars der letzten Jahre zählt, zunehmend in der Bedeutungslosigkeit. Im Hintergrund geht es vor allem um Geld, Druck und Einfluss, sagte ARD-Chinakorrespondent Steffen Wurzel im Dlf.

Steffen Wurzel im Gespräch mit Astrid Rawohl |
Das Foto zeigt Mesut Özil im Trikot seines Vereinsd FC Arsenal im April 2018.
Ex-Nationalspieler Mesut Özil ist bei seinem Verein Arsenal London komplett aufs Abstellgleis geraten. Ein Grund: China. (picture-alliance / dpa / TASS / Sergei Bobylev)
Noch vor gut einem Jahr war Mesut Özil ein hochbezahlter und geschätzter Fußballprofi in der englischen Premier League. Doch nachdem ihn Arsenal-Trainer Mikel Arteta zu Beginn der neuen Saison weder für die Premier League noch für die Europa League gemeldet hatte, begann der Stern des Ex-Nationalspielers rapide zu sinken.
Hintergrund ist seine Kritik vom Dezember 2019, als er in den sozialen Medien die Situation der muslimischen Minderheit der Uiguren in China sowie das Schweigen muslimischer Staaten anprangerte. Daraufhin gab es vor allem von chinesischer Seite harsche Kritik. Der FC Arsenal distanzierte sich von den Aussagen seines Spielers. Zwar sei Özil in der jüngeren Vergangenheit durchaus in mehrere Fettnäppchen getreten, wie die Affäre rund um den türkischen Staatspräsidenten Erdogan oder dass Erdogan als Treuzeuge bei dessen Hochzeit zugegen gewesen war. Aber natürlich spiele "China da auch eine Rolle", wenn es um dessen Sturz in die Bedeutungslosigkeit geht, sagte ARD-Chinakorrespondent Steffen Wurzel im Deutschlandfunk.
Soldaten, die eine chinesische Flagge tragen bei einer Parade
China - Im Jahr der weiter wachsenden Medienkontrolle
Reporter ohne Grenzen zieht Bilanz für 2019. Dabei betont die Organisation besonders die negative Rolle Chinas. Die Auseinandersetzung mit dem Fußballspieler Mesut Özil wirft darauf ein weiteres negatives Schlaglicht.
"Starkes politisches Statement"
Die Aussagen von Özil in Richtung China seien ein starkes politisches Statement gewesen, sagte Wurzel. Wenn Chinesen solch deutliche Kritik üben würden, kämen sie ins Gefägnis, schilderte der Hörfunkkorrespondent. Für Özil und andere Ausländer sei eine solche Kritik gleichbedeutend mit einem Einreiseverbot nach China.

Nach den Özil-Äußerungen sei der Druck aus China auf dessen Klub Arsenal London extrem groß gewesen. Erst nachdem die Arsenal-Führung sich von Özils Aussagen distanziert hatte, sei der Boykott der Übertragungen der Arsenal-Spiele in China rückgängig gemacht worden. "Da ist es um richtig viel Geld gegangen", sagte Wurzel.
"Es wird in China mächtig viel Geld umgesetzt"
Tatsächlich hat Arsenal starke kommerzielle Interessen in Fernost, die es zu verteidigen gilt. Das chinesische Staatsfernsehen entschied damals umgehend, das Topspiel zwischen Arsenal und Manchester City kurzfristig aus dem Programm zu nehmen. Andere Klubs fürchteten, dass die lukrativen Übertragungsrechte in Gefahr geraten könnten. Der aktuelle Vertrag bringt den Vereinen aus der englischen Premier League fast 700 Millionen Euro ein.
"Es wird in China mächtig viel Geld umgesetzt", erklärte Wurzel. Das gelte für die Klubs der nordamerikanischen Football- und Basketballklubs, aber auch für die europäischen und deutschen Fußballklubs. "Der Markt ist so wichtig, dass man dem Ganzen auf Seiten der Vereine sehr viel unterordnet", sagte der ARD-Korrespondent.
Houston-Rockets-Profi James Harden (rechts) bei einem Spiel gegen die Toronto Raptors am 10.10.2019 in Saitama/Japan.
Streit zwischen NBA und China - "Man sieht in erster Linie die Dollars"
Auf einen chinakritischen Tweet des Houston-Rockets-Managers Daryl Morey folgten sehr schnell Beschwichtigungen. "Das kam hier nicht gut an", sagte USA-Korrespondent Martin Ganslmeier im Dlf.
Der Vorfall rund um Özil sei kein Einzelfall, berichtete der Radiojournalist aus Shanghai. So habe ein Tweet des Managers der US-Basketball-Mannschaft Houston Rockets in Fernost für Verstimmung gesorgt, als Daryl Morey auf Twitter seine Solidarität mit der Protestbewegung in Hongkong bekundet hatte. Die indirekte Kritik an der kommunistischen Führung Chinas hatte kurzzeitig für einen NBA-Boykott in China geführt, erst nach Entschuldigungen nahm man die Übertragungen wieder auf.
Auch ein chinakritisches Posting auf Instagram von Franck Ribery hatte für Wirbel beim FC Bayern geführt, weil einige Bayern-Spieler den Post ihres Ex-Mitspielers geliked hatten.
Özils Öffentlichkeitswirksamkeit ist trotz zunehmender sportlicher Bedeutungslosigkeit nach wie vor immens. Kein deutscher Fußballer hat in den sozialen Netzwerken derart viele Follower: Bei Facebook, Twitter und Instagram sind es derzeit weit über 80 Millionen Abonnenten.