Gordon Sobbeck, Finanzdezernent des Bistums Limburg, macht Kassensturz:
"Das Vermögen des Bistums ist dokumentiert in der Bilanz, und die Bilanz weist ein Volumen von 910 Millionen Euro aus."
Eine knappe Milliarde an Wertpapier- und Immobilienvermögen - mehr als selbst Insider vermutet hatten. Nur Peanuts also die 31 Millionen Euro, auf die Bischof Tebartz-van Elst sein Bauvorhaben durch immer neue Sonderwünsche trieb? Doch der Haushalt des Bischöflichen Stuhls, aus dem die Residenz gezahlt wurde, liegt noch nicht vor. Provokative Fragen stellt auch das neue Buch im Herder-Verlag: "Der 'Fall' Tebartz-van Elst Der Skandal um den mittlerweile emeritierten Bischof Tebartz-van Elst hat die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche massiv steigen lassen. Der Krise im Bistum Limburg widmet sich nun ein neues Buch - das eine ganze Reihe unangenehmer Fragen stellt. Kirchenkrise unter dem Brennglas". Joachim Valentin, Direktor des Frankfurter Hauses am Dom, lässt den Skandal von Wissenschaftlern und Essayisten ausleuchten. Seine unbequeme These ist,
"dass das, was in Limburg geschehen ist, auch anderswo in Teilen geschehen könnte oder geschieht. Wir haben sicher beim Thema Finanzkontrolle, Personalführung, Auswahl von Persönlichkeiten fürs Bischofsamt eine offene Diskussionslage."
Kein Blick hinter die Kulissen der Geheimverfahren
Ortskirchen endlich an der Bestimmung der Bischöfe zu beteiligen, schlägt in dem Sammelband der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff vor. Warum eigentlich macht Papst Franziskus nicht ernst damit, wundert man sich, warum hat die Bischofskongregation in Rom bei den Ernennungen in Freiburg und Köln die Vorschläge der Ortskirchen mutmaßlich übergangen und damit vatikanischen Zentralismus fortgeschrieben? Hinter die Kulissen der Geheimverfahren schaut Herausgeber Valentin auch nicht. Aber:
"Ich nehme hier schlicht eine massive Spannung wahr zwischen dem, was Franziskus schreibt und sagt, nämlich dass das Gewicht der Ortskirchen stärker werden soll, einerseits, und der Tatsache, dass in den Verfahren, wo diese Ortskirchen tatsächlich zu Wort kommen könnten, in den Bischofswahlverfahren, genau das nicht geschieht. Und ich kann mir als guter Katholik nur wünschen, dass diese Dissonanz ausgeräumt wird, dass man sich in Rom einigt, ob die Worte des Papstes oder das Agieren der Bischofskongregation der Weg ist, den wir künftig beschreiten wollen."
Das umfassende Kontrollversagen in Limburg
"Romtreu" gewinnt unter Papst Franziskus eine neue reformerische Bedeutung. Als Tebartz-van Elst sein Amt antrat, hieß der Papst Benedikt. Und der Limburger legte damals, "Siebenmeilenstiefel mit Stahlkappen an, in seinem Eifer, mit der liberalen Lotterwirtschaft aufzuräumen und dem Papst ein Musterbistum zu präsentieren". So schreibt Johannes zu Eltz in seinem streitlustigen Schluss-Essay.
An ihn selbst als Mitglied des Domkapitels, das sich phasenweise entmachten ließ, richten sich Fragen der anderen Buchautoren. Das umfassende Kontrollversagen in Limburg – "sechs Jahre Despotie und Duckmäusertum", fasst der Frankfurter Stadtdekan zusammen. Eine schwere Hypothek für das Bistum. Joachim Valentin kommentiert:
"Wir erheben uns nicht, die Autoren und der Herausgeber, auf alles fertige Antworten zu haben, aber wir versuchen doch, den Finger in Wunden zu legen. Dass etwas geschehen muss, ist - glaube ich - eindeutig."
Die Austrittszahlen 2013 explodierten auf rund 180.000 bundesweit - fast das Niveau des Krisenjahres 2010, als die Missbrauchsfälle bekannt wurden. Tebartz macht den bejubelten Franziskus-Effekt zunichte. Das Buch über die Kirchenkrise ist eine spannende Diagnose mit ersten Therapievorschlägen. Manche davon allerdings schon seit Jahren ungehört.
Joachim Valentin (Hrsg.): Der 'Fall' Tebartz-van Elst – Kirchenkrise unter dem Brennglas
Freiburg 2014, Herder-Verlag, Reihe Theologie kontrovers
208 Seiten, 14,99 Euro
Freiburg 2014, Herder-Verlag, Reihe Theologie kontrovers
208 Seiten, 14,99 Euro