Als Andrea Lucchesini 1983, mit 18 Jahren, seinen ersten Wettbewerb gewann, gab es noch so etwas wie eine italienische Klavierschule. Ihre Helden waren Arturo Benedetti Michelangeli, Maurizio Pollini - und Maria Tipo, von der Lucchesini jahrelang unterrichtet wurde. Der gebürtige Toskaner war ihr "Produkt", in technischer und musikalischer Hinsicht. Aber er entwickelte bald seinen eigenen Kopf, verzichtete auf eine Karriere als Virtuose, die ihm die Plattenfirmen nahelegten, und suchte Alternativen. Zeitgenössische Komponisten wie Luciano Berio interessierten ihn mehr als Liszt; Lucchesini spielte Kammermusik, unterrichtete, entwickelte seinen glasklaren, aber emotionalen Stil. Zu Beginn des Jahrtausends versenkte er sich in den Kosmos Beethoven und nahm die 32 Klaviersonaten auf; jetzt hat er sich genauso intensiv und reflektiert mit dem Spätwerk von Franz Schubert auseinandergesetzt.
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Der italienische Pianist Andrea Lucchesini
Toskanische Klarheit
Andrea Lucchesini machte in den 80ern Karriere als Klaviervirtuose. Aber er sah sich selbst nicht als Tastenlöwe und zog sich zurück. Über Irrwege und Phasen der Reifung ist er mit Mitte fünfzig bei Franz Schubert angekommen ‒ einem Komponisten, in dem er sich wiederfindet, in vielfacher Hinsicht.