"Dr. Molina und ich veröffentlichten die erste Arbeit im Sommer 1974. Darin stellten wir fest: Fluorchlorkohlenwasserstoffe gefährden das Ozon. Und deshalb rieten wir zu einem Produktionsstopp der FCKW."
Der Chemiker Frank Sherwood Rowland war einer der ersten, die den Zusammenhang herstellten, dass die als Treibmittel in Spraydosen und als Kühlmittel in Kühlschränken verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoffe, kurz FCKW, die Ozonschicht zerstören. Mitte der 70er-Jahre eine umstrittene These, die aber nach und nach von Wissenschaftlern und Forschern auf der ganzen Welt bestätigt wurde. 1995 erhielten Rowland und zwei seiner Kollegen dafür den Nobelpreis für Chemie. Rowland verstarb im Frühjahr dieses Jahres. Und zu seinen Verdiensten gehört es, eine politische Diskussion angestoßen zu haben, die im September 1987, vor 25 Jahren, zum Montrealer Protokoll führte. Rund 40 Staaten verpflichteten sich in diesem internationalen Umweltabkommen, Produktion und Verbrauch Ozonschicht schädigender Stoffe zu reduzieren. Und zwar mit einem konkreten Fahrplan – ein Radiobericht von damals.
1. Juli 1999 – das ist der Tag, an dem weltweit nur noch die Hälfte dessen produziert und verbraucht werden soll, was heute noch an Schadstoffen, etwa in Form von Fluorchlorkohlenwasserstoffen, in die Stratosphäre dringt. Und dort den lebenswichtigen Ozongürtel zerstört. So jedenfalls sieht es das Protokoll vor, das vor wenigen Stunden von 40 UNO-Delegationen erarbeitet wurde und noch im Lauf des heutigen Mittwochs hier in Montreal unterzeichnet werden soll.
Zwei Jahre zuvor, 1985, war die Existenz eines Ozonlochs über der Antarktis von den Wissenschaftlern bestätigt worden. Ozon ist ein Gas aus Sauerstoffatomen, welches in der Stratosphäre zwischen 15 und 50 Kilometern Höhe eine Schutzschicht gegen gefährliche ultraviolette Strahlen bildet. Vom Menschen hergestellte Chemikalien, wie beispielsweise Fluorchlorkohlenwasserstoffe und Halone sind stabile und auch reaktionsarme Verbindungen, die in die Stratosphäre aufsteigen. Zwar dauert dieser Prozess mehrere Jahre, doch entfalten die Schadstoffe dort schließlich eine zerstörerische Wirkung. Denn in den höheren Sphären werden sie von der energieintensiven Sonnenstrahlung gespalten – mit fatalen Folgen: Ein Chloratom kann bis zu 100.000 Ozonmoleküle zerstören. Extreme Kälte – wie in und über der Antarktis vorhanden - fördert diesen unheilvollen Prozess. Hinzu kommt: Während Ozon in der Stratosphäre die Erde schützt, entfaltet es am Boden eine giftige Wirkung. Ein unsichtbares Gas, welches bei hoher Konzentration beispielsweise die Atemwege des Menschen schädigt. Die Menschheit war aufgeschreckt, das Ozonloch als Gefahr erkannt. Selbstverständlich auch in den Medien:
Das Ozonloch wächst offenbar schneller als je zuvor. Nach Messungen der NASA ist es inzwischen dreimal so groß wie die USA.
Die im Protokoll von Montreal vereinbarten Maßnahmen waren jedoch nur ein Anfang. Dieses erste Abkommen hatte Lücken – Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen ließen der Industrie Spielräume. Christoph Bals ist politischer Geschäftsführer von Germanwatch, eine Nicht-Regierungsorganisation, die sich für den Erhalt der Lebensgrundlagen starkmacht. Bals gilt als einer der renommiertesten Klimaexperten in Deutschland.
"Wobei man auch sagen muss, dass der erste Wurf des Montreal-Protokolls damals zu Recht vom Max-Planck-Institut als Sterbehilfe für die Ozonschicht tituliert worden ist. Es wurde dann aber deutlich nachgebessert, deutlich verschärft. Und es gab innerhalb weniger Jahre den Durchbruch."
Laut Angaben des Umweltbundesamtes wurden noch Mitte der 70er-Jahre mehr als 50.000 Tonnen FCKW in der damaligen Bundesrepublik verbraucht. Auch in der Produktion hatte sie eine bedeutende Rolle. 1986 Jahre wurden mehr als 110.000 Tonnen Fluorchlorkohlenwasserstoffe produziert, rund zehn Prozent des Weltverbrauchs. Der Export spielte für die deutsche Industrie somit eine wichtige Rolle. Neben der Nutzung in Spraydosen wurden FCKW überwiegend als Kältemittel in Kühlschränken oder als Treibmittel zur Herstellung von Schaumstoffen eingesetzt. Die Vorbereitungen zur Montreal-Konferenz liefen 1986 noch unter der Ägide von Walter Wallmann (CDU), dem ersten Umweltminister in einer Bundesregierung. Schon 1986 hatte er deutliche Worte für die Ozon-Problematik gefunden:
"Hier haben einfach die Umweltinteressen tatsächlich nun einmal absolute Priorität gegenüber wirtschaftlichen Interessen – das muss auch jeder begreifen."
Das war leicht gesagt, aber schwierig umzusetzen. Denn natürlich gab es Widerstände – vor allem bei den Herstellern der Chemikalien. Die Ozon zerstörenden FCKW seien unverzichtbar und Ersatzstoffe noch nicht verfügbar – hieß es. Abwehrgefechte – beispielsweise von Franz Nader vom Verband der Chemischen Industrie:
"Das würde zum Beispiel bedeuten, dass die Kühlschrankproduktion in der Bundesrepublik ganz einfach eingestellt werden müsste, bis die neue Technologie zur Verfügung steht. In der Zwischenzeit kann natürlich das Nachbarausland seine Kühlschränke alter Produktion in Deutschland verkaufen. Denn einen Markt gibt es ja nun für diese Produkte."
In der Zwischenzeit war Klaus Töpfer (CDU) neuer Bundesumweltminister geworden. Er verlangte von den betroffenen Branchen eine freiwillige Selbstverpflichtung. Hierin sagte die Industrie zu, bis zum Jahr 1989 den FCKW-Verbrauch in Deutschland um 90 Prozent gegenüber 1976 zu senken. Aufgrund dieses Übereinkommens zwischen Politik und Wirtschaft sind seit 1988 beispielsweise Haar-, Deo- und Haushaltssprays FCKW-frei. Und auch bei den verwendeten Kühlmitteln ging es in Deutschland letztendlich schneller als noch im Montreal-Protokoll angedacht. Christoph Bals von Germanwatch erinnert sich.
"Zuerst hat die Wirtschaft in Deutschland praktisch geschlossen argumentiert und gesagt, es gebe keine Ersatzstoffe, die wirklich geeignet sind. Damals hat vor allem Greenpeace mit einer kleinen Firma gezeigt, dass diese Alternative doch möglich ist. Und als die dann ihre Alternativkühlschränke auf den Markt gebracht haben, die auch kaum teurer waren als ein normaler Kühlschrank, hat es kein halbes Jahr gedauert. Alle großen deutschen Hersteller hatten dann solche auf dem Markt. Und es konnte dann auch gesetzlich verankert werden, dass man den Umstieg vorantreibt."
Greenpeace verwirklichte den weltweit ersten FCKW-freien Kühlschrank in Zusammenarbeit mit dem ostdeutschen Unternehmen "Foron", welches später von der Treuhandanstalt "abgewickelt" wurde. Da jedoch der Aufstieg der ozonschädlichen Gase in die Stratosphäre Jahrzehnte dauert, konnte das Montrealer Protokoll kurzfristig keine ökologische Entlastung bringen. Ganz im Gegenteil – in den 80er-Jahren stiegen die Konzentrationen der sogenannten Ozonkiller weiterhin deutlich an. Markus Rex ist Atmosphärenphysiker am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Das AWI forscht seit Jahren an beiden Polen dieser Erde. Mit dem Resümee: Das Ozonloch ist nicht verschwunden. Die größte Ausprägung ist heute zwar weiterhin am Südpol zu beobachten, doch inzwischen existiert auch am Nordpol ein Ozonloch. Markus Rex:
"Normalerweise haben wir dort gerade in den höchsten Breitengraden über dem Nordpol die dickste Ozonschicht – im Frühjahr, eigentlich. Nun sorgt der Ozonabbau über der Arktis dafür, dass dieser Berg an Ozon abgetragen wird. Der Berggipfel ist sozusagen vom Ozonabbau weggegessen worden. Deswegen bin ich in der Vergangenheit immer sehr vorsichtig gewesen, von einem Ozonloch in der Arktis zu sprechen, denn ein fehlender Berg ist für mich kein Loch. Nun ist es aber im Jahr 2011 tatsächlich zum ersten Mal soweit gekommen, dass wir dort ein tiefes Tal, eine Kuhle in der Ozonschicht drin hatten. Das wir nun wirklich als Ozonloch in der Arktis bezeichnen konnten. Aber bisher erst ein Mal."
Es ist ein Auf und Ab. 2002 ging die Expertenwelt davon aus, dass die Zersetzung der Ozonschicht nicht weiter voranschreitet, doch 2006 wurde über der Antarktis der drittniedrigste Stand an Ozon seit Beginn der Messungen registriert. Für eine Entwarnung ist es also zu früh. AWI-Experte Markus Rex über jene Prozesse, die auch dafür sorgen könnten, dass Auswirkungen über Europa zu spüren sind.
"Die sind eingeschlossen in ein großes Tiefdrucksystem. Wir nennen das den Polarwirbel. Der hat eine riesige Dimension – ungefähr 15 bis 20 Millionen Quadratkilometer. Er wandert aber hin und her. Er kommt auch immer mal wieder über Zentraleuropa, der Polarwirbel kann bis in den Mittelmeerraum vorstoßen. Und wenn in diesem Polarwirbel das Ozon abgebaut worden ist, dann würde damit auch das Ozonloch über unsere eigenen Köpfe kommen."
Deutschland gilt heute als Vorreiter beim Kampf gegen das Ozonloch, auch wenn es die USA waren, die bereits Mitte der 70er-Jahre den Verzicht auf gefährliche Treibgase gesetzlich als erste große Industrienation verankerten. Die 1991 hierzulande inkraft getretene FCKW-Halon-Verbotsverordnung ging aber zumindest deutlich über die Vorgaben des Montrealer Protokolls hinaus.
"Umwelt – da reagiert der Deutsche völlig hysterisch. Ozonloch, Ozonloch! Haben sie Probleme mit dem Ozonloch? War doch toll im letzten Sommer, oder? Wir kriegen hier Mittelmeerklima. Hat man uns versprochen."
Kabarettisten wie Volker Pispers nahmen damals die Umweltbesorgnis vieler Deutscher aufs Korn. Doch ebenso engagierten sich andere Künstler für das Thema. Beispielsweise Udo Jürgens, der im Sommer 1990 zusammen mit Kollegen wie Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer nach Bonn fuhr, um rund 300.000 Unterschriften gegen die zunehmende Verschmutzung der Erdatmosphäre zu übergeben.
"Es genügt sicherlich nicht, nur zu singen. Ich habe etliche Lieder, die dieses Thema deutlich ansprechen, aber das ist dann eben schön verpackte Musik. Ich glaube, es muss einfach so sein, dass da jetzt ein Bewusstsein aufkommt für die Zukunft, für unsere Kinder, die ja noch weiterleben wollen. Wir müssen Voraussetzungen schaffen, die lebenswürdig sind."
Schon damals wurden die deutschen Reaktionen auf eine Umweltproblematik im Ausland mit geteiltem Echo verfolgt. Was den einen nur konsequent schien, war für die anderen fast hysterisch. Hans Claude vom Deutschen Wetterdienst gilt seit Jahren als einer der führenden Ozonschichtexperten. Vielleicht habe es in der Diskussion einige Übertreibungen gegeben, meint er - aber:
"Ohne die Ozonschicht in der Stratosphäre wäre ein Leben auf der Erde in der Form, wie wir das heute kennen, überhaupt nicht möglich. Dieser Rückgang in der Ozonschicht, die Ausdünnung, die wurde ja auch über lange Zeiträume betrachtet und war wissenschaftlich manifestiert. Insofern war das sehr, sehr berechtigt, nicht nur darüber zu diskutieren, sondern auch politisch zu handeln."
Dabei sei es eher zweitrangig, ob letztendlich jede Prognose eingetroffen sei. So sahen und sehen einige Forscher beispielsweise einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Ozonproblematik und steigenden Hautkrebszahlen. Die Kurve bei diesen Erkrankungen zeigt in Europa nach oben, noch immer nimmt die Hautkrebsrate jährlich um fünf bis sieben Prozent zu. Wetterdienstexperte Hans Claude sieht hier durchaus einen Zusammenhang, benennt aber auch andere Faktoren:
"Wir haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine sozusagen intensivere Sonne gehabt, also eine verstärkte UV-Strahlung durch eine dünnere Ozonschicht. Aber es gibt auch – und das muss man so sehen – ein deutlich verändertes Freizeitverhalten. Die Menschen suchen in der Regel die Sonne und sie fahren auch gern in Urlaubsländer, wo viel Sonnenschein ist. Dadurch hat sich grundsätzlich die Situation verändert und sich – was den Hautkrebs und andere Hauterkrankungen angeht - auch verschlechtert."
Bei mehreren Nachfolgetreffen des Montreal-Protokolls wuchs die Zahl der Unterzeichnerstaaten ständig. Im Laufe der Jahre wurde dabei vor allem ein Konflikt sichtbar: Die Industriestaaten stiegen eher aus der FCKW-Produktion aus, als Schwellen- oder Entwicklungsländer. Der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer benannte Anfang der 90er-Jahre die Stolpersteine auf dem Weg einer globalen Einigung:
"Die sagen uns nämlich: Wir haben doch nicht mit FCKW die Ozonschicht zerstört. Das war doch euer Gebrauch von FCKW. Ihr habt damit ein Stück weit euren Wohlstand abgesichert. Und wenn ihr so die Umwelt in Anspruch genommen habt, könnt ihr uns doch jetzt nicht verwehren, Gleiches zu tun. Also: Wenn, dann beteiligt euch – nicht als Almosen, sondern als ein fairer Interessenausgleich gegenüber dem, was ihr ganz selbstverständlich in der Vergangenheit für euch genutzt habt. So ist die Argumentation! Und deshalb haben wir ja glücklicherweise in London auch bereits einen entsprechenden Fonds gegründet."
Mitunter dauerte dieser Prozess lange: So schloss China erst 2007 fünf seiner sechs Produktionsanlagen für FCKW und Halone. Zu diesem Zeitpunkt war das Land der weltgrößte Hersteller solcher Stoffe. Inzwischen haben über 190 Staaten das Montrealer Protokoll ratifiziert. Laut Angaben des Umweltbundesamtes verringerten die Vertragsstaaten bis 2005 die Produktion und den Verbrauch Ozonschicht schädigender Stoffe um rund 95 Prozent. Hans Claude vom Deutschen Wetterdienst sieht heute nur noch wenig Handlungsbedarf bei der Bekämpfung der sogenannten Ozonkiller. Auch wenn die Erholung der Ozonschicht noch Jahrzehnte dauern wird.
"Man hat das Problem zum allergrößten Teil im Griff. Damals allerdings war es eine Katastrophe, was da alles emittiert wurde. Große Kühlaggregate wurden einfach auf Müllkippen geschmissen, die sind dort verrostet und die Kühlmittel einfach ausgetreten. Da verfährt man heute ganz anders. Es sind Ersatzstoffe gefunden worden. Es mag durchaus sein, dass es noch den einen oder anderen Ozonkiller gibt. Was jedoch die Rettung der Ozonschicht angeht: Hier hat man beispielhaft gehandelt."
Doch trotz aller Erfolge gibt es auch nach wie vor kritische Stimmen in der Ozondebatte. Beispielsweise die von Christoph Bals von Germanwatch:
"Wir haben uns ein zusätzliches Problem eingehandelt, dass nämlich viele der Ersatzstoffe einen starken treibhauswirksamen Charakter haben. Und es ist jetzt auch mehrfach der Anlauf gescheitert, zu sagen, gut, dann lasst uns doch auch diese Ersatzstoffe in den Rahmen des Montreal-Protokolls hineinnehmen. Hier blockieren in der Tat eine Reihe von Ländern, vor allem Schwellenländer, wo dies noch eine gewaltige Produktionsmenge ausmacht."
Für Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung sind beide Sachgebiete ohnehin kaum voneinander zu trennen. Man wisse heute mehr über die Zusammenhänge von Ozon und Klimawandel als noch vor 25 Jahren.
"Die Temperatur spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Bei höheren Temperaturen tun die FCKWs der Ozonsicht fast gar nichts, bei tiefen Temperaturen werden sie so richtig aggressiv. Nun beobachten wir natürlich auch, dass sich die Temperaturverteilung der Atmosphäre durch Klimawandel verändert. Leider ist es so, dass der Klimawandel, der ja am Boden zu einer Erwärmung führt, in den oberen Luftschichten aber eher eine Abkühlung zur Folge hat. Diese Abkühlung verschärft das Problem noch mal, weil die Ozonzerstörer dann effizienter werden."
Eine wichtige Frage ist, ob der Erfolg des internationalen Umweltabkommens von Montreal auch Vorbild für die Klimaverhandlungen unserer Zeit haben kann. Germanwatch-Experte Christoph Bals hat in den vergangenen Jahren als Berater die meisten der sogenannten Weltklimagipfel besucht, sie blieben bekanntlich ohne durchschlagenden Erfolg.
"Beim Montreal-Protokoll ging es um ein Gas, welches sich relativ leicht ersetzen ließ. Bei den Treibhausgasklimaverhandlungen geht es vor allem um das CO2, das heißt, um die fossilen Energieträger. Und genau das ist hier die Schwierigkeit, dass die Energieinteressen, die Interessen der Wirtschaft so stark sind. Dagegen ein anderes Modell durchzusetzen, ist viel, viel schwieriger als im FCKW-Bereich."
Die Problematik des Ozonlochs ist heute vielerorts aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden, verdrängt durch die Klimawandeldebatte. Doch wie lange wird es dauern, bis sich die Ozonschicht wieder erholt hat? Ganz unterschiedlich, sagt Hans Claude vom Deutschen Wetterdienst, abhängig von der jeweiligen Klimazone.
"Einmal sind das die Tropen und die Subtropen. Da ist generell die Ozonschicht dünner. Das war so und das ist heute auch noch so. Die gemäßigten Breiten in den beiden Hemisphären, das ist so ungefähr der Raum, wo auch wir leben – da gab es diesen anfänglichen Rückgang. Bis Anfang der 90er-Jahre um 15 bis 20 Prozent. Danach gab es wieder einen Anstieg um fünf bis acht Prozent – so etwa in den vergangenen zehn Jahren. In den Polarregionen, der Antarktis und der Arktis, sieht die Sache ziemlich anders aus: Wir werden auch in diesen Regionen eine Ozonschichterholung erst in viel späteren Jahrzehnten sehen, als wir das heute hier bei uns schon ansatzweise beobachten können."
Der 16. September wird heute – wenn auch etwas abseits des medialen Interesses – als Internationaler Tag zum Schutz der Ozonschicht begangen. Ausgerufen von den Vereinten Nationen 1994. Eine Mahnung, die Verantwortung für die lebenserhaltende Ozonschicht ernst zu nehmen. Und natürlich auch eine Erinnerung an das Montreal-Protokoll von 1987. Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut:
"Unsere Kinder und Enkelkinder werden es sein, die dann sehen, dass das Ozonloch nicht mehr auftritt. Wir selber werden das gar nicht mehr erleben. Aber es ist natürlich trotzdem ein riesiger Erfolg. Hätten wir das Montrealer Protokoll nicht, dann würde die Ozonschicht spätestens Mitte des Jahrhunderts so weit ausgedünnt worden sein, dass wir global ein riesiges Problem bekommen hätten."
Der Chemiker Frank Sherwood Rowland war einer der ersten, die den Zusammenhang herstellten, dass die als Treibmittel in Spraydosen und als Kühlmittel in Kühlschränken verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoffe, kurz FCKW, die Ozonschicht zerstören. Mitte der 70er-Jahre eine umstrittene These, die aber nach und nach von Wissenschaftlern und Forschern auf der ganzen Welt bestätigt wurde. 1995 erhielten Rowland und zwei seiner Kollegen dafür den Nobelpreis für Chemie. Rowland verstarb im Frühjahr dieses Jahres. Und zu seinen Verdiensten gehört es, eine politische Diskussion angestoßen zu haben, die im September 1987, vor 25 Jahren, zum Montrealer Protokoll führte. Rund 40 Staaten verpflichteten sich in diesem internationalen Umweltabkommen, Produktion und Verbrauch Ozonschicht schädigender Stoffe zu reduzieren. Und zwar mit einem konkreten Fahrplan – ein Radiobericht von damals.
1. Juli 1999 – das ist der Tag, an dem weltweit nur noch die Hälfte dessen produziert und verbraucht werden soll, was heute noch an Schadstoffen, etwa in Form von Fluorchlorkohlenwasserstoffen, in die Stratosphäre dringt. Und dort den lebenswichtigen Ozongürtel zerstört. So jedenfalls sieht es das Protokoll vor, das vor wenigen Stunden von 40 UNO-Delegationen erarbeitet wurde und noch im Lauf des heutigen Mittwochs hier in Montreal unterzeichnet werden soll.
Zwei Jahre zuvor, 1985, war die Existenz eines Ozonlochs über der Antarktis von den Wissenschaftlern bestätigt worden. Ozon ist ein Gas aus Sauerstoffatomen, welches in der Stratosphäre zwischen 15 und 50 Kilometern Höhe eine Schutzschicht gegen gefährliche ultraviolette Strahlen bildet. Vom Menschen hergestellte Chemikalien, wie beispielsweise Fluorchlorkohlenwasserstoffe und Halone sind stabile und auch reaktionsarme Verbindungen, die in die Stratosphäre aufsteigen. Zwar dauert dieser Prozess mehrere Jahre, doch entfalten die Schadstoffe dort schließlich eine zerstörerische Wirkung. Denn in den höheren Sphären werden sie von der energieintensiven Sonnenstrahlung gespalten – mit fatalen Folgen: Ein Chloratom kann bis zu 100.000 Ozonmoleküle zerstören. Extreme Kälte – wie in und über der Antarktis vorhanden - fördert diesen unheilvollen Prozess. Hinzu kommt: Während Ozon in der Stratosphäre die Erde schützt, entfaltet es am Boden eine giftige Wirkung. Ein unsichtbares Gas, welches bei hoher Konzentration beispielsweise die Atemwege des Menschen schädigt. Die Menschheit war aufgeschreckt, das Ozonloch als Gefahr erkannt. Selbstverständlich auch in den Medien:
Das Ozonloch wächst offenbar schneller als je zuvor. Nach Messungen der NASA ist es inzwischen dreimal so groß wie die USA.
Die im Protokoll von Montreal vereinbarten Maßnahmen waren jedoch nur ein Anfang. Dieses erste Abkommen hatte Lücken – Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen ließen der Industrie Spielräume. Christoph Bals ist politischer Geschäftsführer von Germanwatch, eine Nicht-Regierungsorganisation, die sich für den Erhalt der Lebensgrundlagen starkmacht. Bals gilt als einer der renommiertesten Klimaexperten in Deutschland.
"Wobei man auch sagen muss, dass der erste Wurf des Montreal-Protokolls damals zu Recht vom Max-Planck-Institut als Sterbehilfe für die Ozonschicht tituliert worden ist. Es wurde dann aber deutlich nachgebessert, deutlich verschärft. Und es gab innerhalb weniger Jahre den Durchbruch."
Laut Angaben des Umweltbundesamtes wurden noch Mitte der 70er-Jahre mehr als 50.000 Tonnen FCKW in der damaligen Bundesrepublik verbraucht. Auch in der Produktion hatte sie eine bedeutende Rolle. 1986 Jahre wurden mehr als 110.000 Tonnen Fluorchlorkohlenwasserstoffe produziert, rund zehn Prozent des Weltverbrauchs. Der Export spielte für die deutsche Industrie somit eine wichtige Rolle. Neben der Nutzung in Spraydosen wurden FCKW überwiegend als Kältemittel in Kühlschränken oder als Treibmittel zur Herstellung von Schaumstoffen eingesetzt. Die Vorbereitungen zur Montreal-Konferenz liefen 1986 noch unter der Ägide von Walter Wallmann (CDU), dem ersten Umweltminister in einer Bundesregierung. Schon 1986 hatte er deutliche Worte für die Ozon-Problematik gefunden:
"Hier haben einfach die Umweltinteressen tatsächlich nun einmal absolute Priorität gegenüber wirtschaftlichen Interessen – das muss auch jeder begreifen."
Das war leicht gesagt, aber schwierig umzusetzen. Denn natürlich gab es Widerstände – vor allem bei den Herstellern der Chemikalien. Die Ozon zerstörenden FCKW seien unverzichtbar und Ersatzstoffe noch nicht verfügbar – hieß es. Abwehrgefechte – beispielsweise von Franz Nader vom Verband der Chemischen Industrie:
"Das würde zum Beispiel bedeuten, dass die Kühlschrankproduktion in der Bundesrepublik ganz einfach eingestellt werden müsste, bis die neue Technologie zur Verfügung steht. In der Zwischenzeit kann natürlich das Nachbarausland seine Kühlschränke alter Produktion in Deutschland verkaufen. Denn einen Markt gibt es ja nun für diese Produkte."
In der Zwischenzeit war Klaus Töpfer (CDU) neuer Bundesumweltminister geworden. Er verlangte von den betroffenen Branchen eine freiwillige Selbstverpflichtung. Hierin sagte die Industrie zu, bis zum Jahr 1989 den FCKW-Verbrauch in Deutschland um 90 Prozent gegenüber 1976 zu senken. Aufgrund dieses Übereinkommens zwischen Politik und Wirtschaft sind seit 1988 beispielsweise Haar-, Deo- und Haushaltssprays FCKW-frei. Und auch bei den verwendeten Kühlmitteln ging es in Deutschland letztendlich schneller als noch im Montreal-Protokoll angedacht. Christoph Bals von Germanwatch erinnert sich.
"Zuerst hat die Wirtschaft in Deutschland praktisch geschlossen argumentiert und gesagt, es gebe keine Ersatzstoffe, die wirklich geeignet sind. Damals hat vor allem Greenpeace mit einer kleinen Firma gezeigt, dass diese Alternative doch möglich ist. Und als die dann ihre Alternativkühlschränke auf den Markt gebracht haben, die auch kaum teurer waren als ein normaler Kühlschrank, hat es kein halbes Jahr gedauert. Alle großen deutschen Hersteller hatten dann solche auf dem Markt. Und es konnte dann auch gesetzlich verankert werden, dass man den Umstieg vorantreibt."
Greenpeace verwirklichte den weltweit ersten FCKW-freien Kühlschrank in Zusammenarbeit mit dem ostdeutschen Unternehmen "Foron", welches später von der Treuhandanstalt "abgewickelt" wurde. Da jedoch der Aufstieg der ozonschädlichen Gase in die Stratosphäre Jahrzehnte dauert, konnte das Montrealer Protokoll kurzfristig keine ökologische Entlastung bringen. Ganz im Gegenteil – in den 80er-Jahren stiegen die Konzentrationen der sogenannten Ozonkiller weiterhin deutlich an. Markus Rex ist Atmosphärenphysiker am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Das AWI forscht seit Jahren an beiden Polen dieser Erde. Mit dem Resümee: Das Ozonloch ist nicht verschwunden. Die größte Ausprägung ist heute zwar weiterhin am Südpol zu beobachten, doch inzwischen existiert auch am Nordpol ein Ozonloch. Markus Rex:
"Normalerweise haben wir dort gerade in den höchsten Breitengraden über dem Nordpol die dickste Ozonschicht – im Frühjahr, eigentlich. Nun sorgt der Ozonabbau über der Arktis dafür, dass dieser Berg an Ozon abgetragen wird. Der Berggipfel ist sozusagen vom Ozonabbau weggegessen worden. Deswegen bin ich in der Vergangenheit immer sehr vorsichtig gewesen, von einem Ozonloch in der Arktis zu sprechen, denn ein fehlender Berg ist für mich kein Loch. Nun ist es aber im Jahr 2011 tatsächlich zum ersten Mal soweit gekommen, dass wir dort ein tiefes Tal, eine Kuhle in der Ozonschicht drin hatten. Das wir nun wirklich als Ozonloch in der Arktis bezeichnen konnten. Aber bisher erst ein Mal."
Es ist ein Auf und Ab. 2002 ging die Expertenwelt davon aus, dass die Zersetzung der Ozonschicht nicht weiter voranschreitet, doch 2006 wurde über der Antarktis der drittniedrigste Stand an Ozon seit Beginn der Messungen registriert. Für eine Entwarnung ist es also zu früh. AWI-Experte Markus Rex über jene Prozesse, die auch dafür sorgen könnten, dass Auswirkungen über Europa zu spüren sind.
"Die sind eingeschlossen in ein großes Tiefdrucksystem. Wir nennen das den Polarwirbel. Der hat eine riesige Dimension – ungefähr 15 bis 20 Millionen Quadratkilometer. Er wandert aber hin und her. Er kommt auch immer mal wieder über Zentraleuropa, der Polarwirbel kann bis in den Mittelmeerraum vorstoßen. Und wenn in diesem Polarwirbel das Ozon abgebaut worden ist, dann würde damit auch das Ozonloch über unsere eigenen Köpfe kommen."
Deutschland gilt heute als Vorreiter beim Kampf gegen das Ozonloch, auch wenn es die USA waren, die bereits Mitte der 70er-Jahre den Verzicht auf gefährliche Treibgase gesetzlich als erste große Industrienation verankerten. Die 1991 hierzulande inkraft getretene FCKW-Halon-Verbotsverordnung ging aber zumindest deutlich über die Vorgaben des Montrealer Protokolls hinaus.
"Umwelt – da reagiert der Deutsche völlig hysterisch. Ozonloch, Ozonloch! Haben sie Probleme mit dem Ozonloch? War doch toll im letzten Sommer, oder? Wir kriegen hier Mittelmeerklima. Hat man uns versprochen."
Kabarettisten wie Volker Pispers nahmen damals die Umweltbesorgnis vieler Deutscher aufs Korn. Doch ebenso engagierten sich andere Künstler für das Thema. Beispielsweise Udo Jürgens, der im Sommer 1990 zusammen mit Kollegen wie Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer nach Bonn fuhr, um rund 300.000 Unterschriften gegen die zunehmende Verschmutzung der Erdatmosphäre zu übergeben.
"Es genügt sicherlich nicht, nur zu singen. Ich habe etliche Lieder, die dieses Thema deutlich ansprechen, aber das ist dann eben schön verpackte Musik. Ich glaube, es muss einfach so sein, dass da jetzt ein Bewusstsein aufkommt für die Zukunft, für unsere Kinder, die ja noch weiterleben wollen. Wir müssen Voraussetzungen schaffen, die lebenswürdig sind."
Schon damals wurden die deutschen Reaktionen auf eine Umweltproblematik im Ausland mit geteiltem Echo verfolgt. Was den einen nur konsequent schien, war für die anderen fast hysterisch. Hans Claude vom Deutschen Wetterdienst gilt seit Jahren als einer der führenden Ozonschichtexperten. Vielleicht habe es in der Diskussion einige Übertreibungen gegeben, meint er - aber:
"Ohne die Ozonschicht in der Stratosphäre wäre ein Leben auf der Erde in der Form, wie wir das heute kennen, überhaupt nicht möglich. Dieser Rückgang in der Ozonschicht, die Ausdünnung, die wurde ja auch über lange Zeiträume betrachtet und war wissenschaftlich manifestiert. Insofern war das sehr, sehr berechtigt, nicht nur darüber zu diskutieren, sondern auch politisch zu handeln."
Dabei sei es eher zweitrangig, ob letztendlich jede Prognose eingetroffen sei. So sahen und sehen einige Forscher beispielsweise einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Ozonproblematik und steigenden Hautkrebszahlen. Die Kurve bei diesen Erkrankungen zeigt in Europa nach oben, noch immer nimmt die Hautkrebsrate jährlich um fünf bis sieben Prozent zu. Wetterdienstexperte Hans Claude sieht hier durchaus einen Zusammenhang, benennt aber auch andere Faktoren:
"Wir haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine sozusagen intensivere Sonne gehabt, also eine verstärkte UV-Strahlung durch eine dünnere Ozonschicht. Aber es gibt auch – und das muss man so sehen – ein deutlich verändertes Freizeitverhalten. Die Menschen suchen in der Regel die Sonne und sie fahren auch gern in Urlaubsländer, wo viel Sonnenschein ist. Dadurch hat sich grundsätzlich die Situation verändert und sich – was den Hautkrebs und andere Hauterkrankungen angeht - auch verschlechtert."
Bei mehreren Nachfolgetreffen des Montreal-Protokolls wuchs die Zahl der Unterzeichnerstaaten ständig. Im Laufe der Jahre wurde dabei vor allem ein Konflikt sichtbar: Die Industriestaaten stiegen eher aus der FCKW-Produktion aus, als Schwellen- oder Entwicklungsländer. Der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer benannte Anfang der 90er-Jahre die Stolpersteine auf dem Weg einer globalen Einigung:
"Die sagen uns nämlich: Wir haben doch nicht mit FCKW die Ozonschicht zerstört. Das war doch euer Gebrauch von FCKW. Ihr habt damit ein Stück weit euren Wohlstand abgesichert. Und wenn ihr so die Umwelt in Anspruch genommen habt, könnt ihr uns doch jetzt nicht verwehren, Gleiches zu tun. Also: Wenn, dann beteiligt euch – nicht als Almosen, sondern als ein fairer Interessenausgleich gegenüber dem, was ihr ganz selbstverständlich in der Vergangenheit für euch genutzt habt. So ist die Argumentation! Und deshalb haben wir ja glücklicherweise in London auch bereits einen entsprechenden Fonds gegründet."
Mitunter dauerte dieser Prozess lange: So schloss China erst 2007 fünf seiner sechs Produktionsanlagen für FCKW und Halone. Zu diesem Zeitpunkt war das Land der weltgrößte Hersteller solcher Stoffe. Inzwischen haben über 190 Staaten das Montrealer Protokoll ratifiziert. Laut Angaben des Umweltbundesamtes verringerten die Vertragsstaaten bis 2005 die Produktion und den Verbrauch Ozonschicht schädigender Stoffe um rund 95 Prozent. Hans Claude vom Deutschen Wetterdienst sieht heute nur noch wenig Handlungsbedarf bei der Bekämpfung der sogenannten Ozonkiller. Auch wenn die Erholung der Ozonschicht noch Jahrzehnte dauern wird.
"Man hat das Problem zum allergrößten Teil im Griff. Damals allerdings war es eine Katastrophe, was da alles emittiert wurde. Große Kühlaggregate wurden einfach auf Müllkippen geschmissen, die sind dort verrostet und die Kühlmittel einfach ausgetreten. Da verfährt man heute ganz anders. Es sind Ersatzstoffe gefunden worden. Es mag durchaus sein, dass es noch den einen oder anderen Ozonkiller gibt. Was jedoch die Rettung der Ozonschicht angeht: Hier hat man beispielhaft gehandelt."
Doch trotz aller Erfolge gibt es auch nach wie vor kritische Stimmen in der Ozondebatte. Beispielsweise die von Christoph Bals von Germanwatch:
"Wir haben uns ein zusätzliches Problem eingehandelt, dass nämlich viele der Ersatzstoffe einen starken treibhauswirksamen Charakter haben. Und es ist jetzt auch mehrfach der Anlauf gescheitert, zu sagen, gut, dann lasst uns doch auch diese Ersatzstoffe in den Rahmen des Montreal-Protokolls hineinnehmen. Hier blockieren in der Tat eine Reihe von Ländern, vor allem Schwellenländer, wo dies noch eine gewaltige Produktionsmenge ausmacht."
Für Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung sind beide Sachgebiete ohnehin kaum voneinander zu trennen. Man wisse heute mehr über die Zusammenhänge von Ozon und Klimawandel als noch vor 25 Jahren.
"Die Temperatur spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Bei höheren Temperaturen tun die FCKWs der Ozonsicht fast gar nichts, bei tiefen Temperaturen werden sie so richtig aggressiv. Nun beobachten wir natürlich auch, dass sich die Temperaturverteilung der Atmosphäre durch Klimawandel verändert. Leider ist es so, dass der Klimawandel, der ja am Boden zu einer Erwärmung führt, in den oberen Luftschichten aber eher eine Abkühlung zur Folge hat. Diese Abkühlung verschärft das Problem noch mal, weil die Ozonzerstörer dann effizienter werden."
Eine wichtige Frage ist, ob der Erfolg des internationalen Umweltabkommens von Montreal auch Vorbild für die Klimaverhandlungen unserer Zeit haben kann. Germanwatch-Experte Christoph Bals hat in den vergangenen Jahren als Berater die meisten der sogenannten Weltklimagipfel besucht, sie blieben bekanntlich ohne durchschlagenden Erfolg.
"Beim Montreal-Protokoll ging es um ein Gas, welches sich relativ leicht ersetzen ließ. Bei den Treibhausgasklimaverhandlungen geht es vor allem um das CO2, das heißt, um die fossilen Energieträger. Und genau das ist hier die Schwierigkeit, dass die Energieinteressen, die Interessen der Wirtschaft so stark sind. Dagegen ein anderes Modell durchzusetzen, ist viel, viel schwieriger als im FCKW-Bereich."
Die Problematik des Ozonlochs ist heute vielerorts aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden, verdrängt durch die Klimawandeldebatte. Doch wie lange wird es dauern, bis sich die Ozonschicht wieder erholt hat? Ganz unterschiedlich, sagt Hans Claude vom Deutschen Wetterdienst, abhängig von der jeweiligen Klimazone.
"Einmal sind das die Tropen und die Subtropen. Da ist generell die Ozonschicht dünner. Das war so und das ist heute auch noch so. Die gemäßigten Breiten in den beiden Hemisphären, das ist so ungefähr der Raum, wo auch wir leben – da gab es diesen anfänglichen Rückgang. Bis Anfang der 90er-Jahre um 15 bis 20 Prozent. Danach gab es wieder einen Anstieg um fünf bis acht Prozent – so etwa in den vergangenen zehn Jahren. In den Polarregionen, der Antarktis und der Arktis, sieht die Sache ziemlich anders aus: Wir werden auch in diesen Regionen eine Ozonschichterholung erst in viel späteren Jahrzehnten sehen, als wir das heute hier bei uns schon ansatzweise beobachten können."
Der 16. September wird heute – wenn auch etwas abseits des medialen Interesses – als Internationaler Tag zum Schutz der Ozonschicht begangen. Ausgerufen von den Vereinten Nationen 1994. Eine Mahnung, die Verantwortung für die lebenserhaltende Ozonschicht ernst zu nehmen. Und natürlich auch eine Erinnerung an das Montreal-Protokoll von 1987. Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut:
"Unsere Kinder und Enkelkinder werden es sein, die dann sehen, dass das Ozonloch nicht mehr auftritt. Wir selber werden das gar nicht mehr erleben. Aber es ist natürlich trotzdem ein riesiger Erfolg. Hätten wir das Montrealer Protokoll nicht, dann würde die Ozonschicht spätestens Mitte des Jahrhunderts so weit ausgedünnt worden sein, dass wir global ein riesiges Problem bekommen hätten."