Jeder Mensch besitzt eine Innere Uhr. Sie gibt dem Organismus vor, wann er im Tagesverlauf bestimmte Ereignisse zu erwarten hat – etwa Sonnenauf- und Untergang oder die typischen Zeiten der Nahrungsaufnahme. So kann sich der Körper besser auf seine Umwelt einstellen. Der interne Zeitgeber lässt sich sogar genau lokalisieren. Er sitzt im Gehirn und wird Suprachiasmatischer Nucleus genannt, kurz: SCN.
"Der SCN besteht aus etwa 10.000 Neuronen in der linken und 10.000 Neuronen in der rechten Hirnhälfte. Er ist sehr klein, sein Durchmesser entspricht gerade mal dem von zehn menschlichen Haaren. Die Zellen im SCN kommunizieren miteinander, um sich zu synchronisieren. So einigen sie sich auf eine gemeinsame Zeitvorgabe.”"
Erik Herzog ist Biologe an der Washington University in Seattle. Seit Jahren erforscht er die Funktionsweise des Suprachiasmatischen Nucleus und seiner zeitgebenden Neuronen. Schon länger ist bekannt, dass die Neuronen des SCN kleine Proteine, sogenannte Peptide namens VIP austauschen, um ihre jeweiligen Zeiten aufeinander abzustimmen. Ohne VIP als Informationsträger können sich die Zellen nicht synchronisieren. Erik Herzog und Kollegen wollten wissen, wie sich unterschiedliche Konzentrationen des Botenstoffes auf diesen Prozess auswirken. Bei Versuchen mit Mäusen stießen sie auf etwas Unerwartetes.
""Es war im Grunde eine Art Laborunfall. Als wir die VIP-Konzentrationen weiter und weiter steigerten, hörte die Synchronisierung plötzlich auf und die Zellen verloren ihren gemeinsamen Takt. VIP trägt also nur in kleinen Dosen zur Synchronisierung bei, in größeren Mengen wirkt es störend."
Offenbar führt eine höhere Dosis des Botenstoffes dazu, dass die zeitgebenden Neuronen gewissermaßen durchgerüttelt werden. Das hat auch Vorteile. Wie bei einem flackernden Röhrenfernseher, bei dem manchmal ein Klaps ans Gehäuse hilft, das Bild zu beruhigen, hat der Schwall von VIP unter bestimmten Bedingungen letztendlich einen positiven Effekt:
"Die Desynchronisierung ermöglicht es dem SCN, sich leichter auf größere Zeitverschiebungen einzustellen."
Eine solche Zeitverschiebung tritt beispielsweise auf, wenn ein Mensch mit dem Flugzeug auf Reisen geht und dabei gleich mehrere Zeitzonen überspringt. In der Natur kommen solche abrupten Veränderungen nicht vor. Normalerweise braucht die innere Uhr in Form des SCN mindestens eine Woche, um sich an plötzlich stark verschobene Tages- und Nachtzeiten anzupassen. Die Diskrepanz zwischen äußerer und innerer Uhr belastet währenddessen den Körper. Es kommt zum sogenannten Jetlag. Eine erhöhte Dosis VIP könnte hier helfen.
In ihren Versuchen mit Mäusen simulierten die Forscher über ein Lichtprogramm im Labor einen Zeitsprung von acht Stunden. Einen Tag zuvor spritzten sie den Tieren zusätzliches VIP direkt ins Gehirn. Bei den so behandelten Tieren verkürzte sich die nachweisbare Jetlag-Periode auf die Hälfte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Erik Herzog hofft, diese Erkenntnisse eines Tages auch bei Menschen für eine Prophylaxe gegen Jetlag einsetzen zu können. Doch zuvor gilt es, noch ein Problem zu lösen:
"VIP ist ein kleines Peptid, das aus dem Blut nur schwer tief ins Hirn vordringt. Es bringt deshalb wenig, VIP als Pille zu schlucken und dann zu hoffen, dass der Wirkstoff sein Ziel erreicht. Wir wollen aber auch niemanden ermuntern, sich VIP direkt ins Gehirn spritzen zu lassen."
Realisierbar erscheint derzeit nur eine andere Strategie. Sie zielt darauf, die körpereigenen VIP-Vorräte des Gehirns selbst therapeutisch zu nutzen.
"Wir wissen, dass VIP normalerweise tagsüber ausgeschüttet wird im Zusammenhang mit Licht. Wir hoffen einen Weg zu finden, wie wir mit hellem Licht erreichen, dass das körpereigene VIP in größeren Mengen freigesetzt wird."
Wenn das funktionieren sollte, wäre es denkbar, mit einer passend terminierten Lichttherapie die Dauer eines Jetlags bei einer Reise zu verkürzen. Interessant könnte dieser Ansatz auch sein, um bei Menschen mit Schichtarbeit durch gezielte Lichtanwendungen die negativen Folgen wechselnder Arbeitszeiten auf die Gesundheit abzumildern.
"Der SCN besteht aus etwa 10.000 Neuronen in der linken und 10.000 Neuronen in der rechten Hirnhälfte. Er ist sehr klein, sein Durchmesser entspricht gerade mal dem von zehn menschlichen Haaren. Die Zellen im SCN kommunizieren miteinander, um sich zu synchronisieren. So einigen sie sich auf eine gemeinsame Zeitvorgabe.”"
Erik Herzog ist Biologe an der Washington University in Seattle. Seit Jahren erforscht er die Funktionsweise des Suprachiasmatischen Nucleus und seiner zeitgebenden Neuronen. Schon länger ist bekannt, dass die Neuronen des SCN kleine Proteine, sogenannte Peptide namens VIP austauschen, um ihre jeweiligen Zeiten aufeinander abzustimmen. Ohne VIP als Informationsträger können sich die Zellen nicht synchronisieren. Erik Herzog und Kollegen wollten wissen, wie sich unterschiedliche Konzentrationen des Botenstoffes auf diesen Prozess auswirken. Bei Versuchen mit Mäusen stießen sie auf etwas Unerwartetes.
""Es war im Grunde eine Art Laborunfall. Als wir die VIP-Konzentrationen weiter und weiter steigerten, hörte die Synchronisierung plötzlich auf und die Zellen verloren ihren gemeinsamen Takt. VIP trägt also nur in kleinen Dosen zur Synchronisierung bei, in größeren Mengen wirkt es störend."
Offenbar führt eine höhere Dosis des Botenstoffes dazu, dass die zeitgebenden Neuronen gewissermaßen durchgerüttelt werden. Das hat auch Vorteile. Wie bei einem flackernden Röhrenfernseher, bei dem manchmal ein Klaps ans Gehäuse hilft, das Bild zu beruhigen, hat der Schwall von VIP unter bestimmten Bedingungen letztendlich einen positiven Effekt:
"Die Desynchronisierung ermöglicht es dem SCN, sich leichter auf größere Zeitverschiebungen einzustellen."
Eine solche Zeitverschiebung tritt beispielsweise auf, wenn ein Mensch mit dem Flugzeug auf Reisen geht und dabei gleich mehrere Zeitzonen überspringt. In der Natur kommen solche abrupten Veränderungen nicht vor. Normalerweise braucht die innere Uhr in Form des SCN mindestens eine Woche, um sich an plötzlich stark verschobene Tages- und Nachtzeiten anzupassen. Die Diskrepanz zwischen äußerer und innerer Uhr belastet währenddessen den Körper. Es kommt zum sogenannten Jetlag. Eine erhöhte Dosis VIP könnte hier helfen.
In ihren Versuchen mit Mäusen simulierten die Forscher über ein Lichtprogramm im Labor einen Zeitsprung von acht Stunden. Einen Tag zuvor spritzten sie den Tieren zusätzliches VIP direkt ins Gehirn. Bei den so behandelten Tieren verkürzte sich die nachweisbare Jetlag-Periode auf die Hälfte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Erik Herzog hofft, diese Erkenntnisse eines Tages auch bei Menschen für eine Prophylaxe gegen Jetlag einsetzen zu können. Doch zuvor gilt es, noch ein Problem zu lösen:
"VIP ist ein kleines Peptid, das aus dem Blut nur schwer tief ins Hirn vordringt. Es bringt deshalb wenig, VIP als Pille zu schlucken und dann zu hoffen, dass der Wirkstoff sein Ziel erreicht. Wir wollen aber auch niemanden ermuntern, sich VIP direkt ins Gehirn spritzen zu lassen."
Realisierbar erscheint derzeit nur eine andere Strategie. Sie zielt darauf, die körpereigenen VIP-Vorräte des Gehirns selbst therapeutisch zu nutzen.
"Wir wissen, dass VIP normalerweise tagsüber ausgeschüttet wird im Zusammenhang mit Licht. Wir hoffen einen Weg zu finden, wie wir mit hellem Licht erreichen, dass das körpereigene VIP in größeren Mengen freigesetzt wird."
Wenn das funktionieren sollte, wäre es denkbar, mit einer passend terminierten Lichttherapie die Dauer eines Jetlags bei einer Reise zu verkürzen. Interessant könnte dieser Ansatz auch sein, um bei Menschen mit Schichtarbeit durch gezielte Lichtanwendungen die negativen Folgen wechselnder Arbeitszeiten auf die Gesundheit abzumildern.