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Der Kampf pestizidgeschädigter Landwirte in Frankreich

Der französische Getreideerzeuger Paul François hatte die Firma Monsanto aus den USA verklagt: Deren Herbizid Lasso habe bei ihm schwere gesundheitliche Störungen verursacht. Das Gericht gab ihm Recht - jetzt hat Monsanto Widerspruch angekündigt.

Von Suzanne Krause |
    Gestern am späten Nachmittag kommen Paul François und einige Mitstreiter vom Treffen mit zwei engen Beratern des Regierungschefs. Diese wollen sich der Anliegen der kranken Landwirte annehmen. Eine erste offizielle Würdigung der Arbeit des Vereins "Phyto-Victimes", "Pflanzenschutzmittel-Opfer", den Getreidebauer François 2011 gründete und dem bislang einhundert Mitglieder, allesamt Landwirte, angehören. Im Straßencafé zieht Paul François kurze Bilanz.

    "Premierminister Fillon hat uns eingeladen, weil wir vor zwei Tagen auf der Pariser Landwirtschaftsmesse vor dem Stand des Verbands der Pflanzenschutzmittel-Konzerne demonstrierten. Wir haben uns dort postiert, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Konzerne den Hinweis auf die potenziellen Gefahren ihrer Produkte unterschlagen. Über ein Dutzend Vereinsmitglieder war dabei, bei jedem ist Pestizidvergiftung als Berufskrankheit anerkannt worden."

    "Wir wollten mit unserer Demonstration auch die Politiker wachrütteln. Denn in Frankreich ist es sehr schwer für einen Landwirt, gesundheitliche Schäden durch Pestizide als Berufskrankheit anerkannt zu bekommen. Dabei liegt Frankreich beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weltweit an dritter Stelle."

    Caroline Chenet nickt zustimmend. Vor einem Jahr ist ihr Mann gestorben: Zwei Jahrzehnte arbeitete er auf seinem Hof mit unzähligen Pflanzenschutzmitteln. Das brachte ihn ins Grab, sagt die Witwe. Nun macht sie mutig sein Schicksal öffentlich.

    "Wir wollen auch bei den Landwirten selbst etwas bewegen. Wenn heute ein Bauer durch den Einsatz von Pestiziden erkrankt, wird er vom Nachbarn schief angesehen. Da wird auch auf eventuell freiwerdende Felder spekuliert. Das Milieu ist sehr eigen und schwierig."

    Der Prozess gegen Monsanto, den Paul François in erster Instanz gewonnen hat, sorgt weltweit für Aufmerksamkeit. Denn das Gericht in Lyon hält es für erwiesen, dass der Agrochemiekonzern die Anwender nicht ausreichend auf die potenziellen Gefahren von Lasso hinwies. Ein Herbizid, das seit 2007 in Europa Marktverbot hat. Und nach Ansicht des Gerichts gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Herbizid und den schweren Gesundheitsschäden, die bei François nach einem Unfall mit Lasso auftraten.

    Monsanto kontert auf seiner Webseite, Zitat: "Die vertiefte Analyse des Falls durch unsere Experten ergibt, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem Unkrautvernichtungsmittel Lasso und den von Herrn François geschilderten Symptomen fehlt. Wir sind nicht mit der Auffassung einverstanden, dass Lasso bei einem Unfall für den Schaden gesorgt haben könnte oder dass Monsanto dieses zugelassen haben könnte. Wir sind enttäuscht vom Gerichtsentscheid und werden somit Widerspruch einlegen."

    Eine schriftliche Interviewbitte an den Konzern blieb unbeantwortet. Paul François und sein Anwalt François Lafforgue haben fünf Jahre Arbeit in das Klageverfahren gesteckt. Lafforgue gehört zu einer Pariser Kanzlei, die mit Erfolg die Asbestopfer ebenso wie die Opfer der französischen Atomtests vertrat.

    "Wir haben einen Schriftwechsel zwischen Monsanto und dem belgischen Agrarministerium aus der zweiten Hälfte der 80er-Jahre wiedergefunden. Der belegt, dass Monsanto die Gefährlichkeit seines Produktes bestens bekannt war."

    Paul François und seinem Verein liegt eine verschärfte Kennzeichnungspflicht am Herzen. Werben dafür wird er bei einer Pestizidkonferenz, die eine Umweltorganisation Ende März in Paris veranstaltet. Dazu einladen möchten die Verantwortlichen auch Pestizidgeschädigte aus Deutschland.