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Der Kampf um die Gleichheit

Ende der 60er-Jahre reiste ein schwedisches Reporterteam in die USA, um über die Sschwarzenbewegung zu berichten. 30 Jahre lagen die Aufnahmen ungenutzt in den Archiven. Aus dem Material hat der schwedische Regisseur Göran Hugo Bolson 2011 einen Dokumentarfilm gemacht.

Von Christian Berndt |
    "Sieben Uhr früh in der dunklen, kargen Wohnung in der Hopkins Avenue. Margie Mayle zieht ihre zehn Kinder an, zwei sind krank. Für die älteren Kinder gibt es kein Frühstück. Die Kleineren bekommen, was heute da ist: Cornflakes. "Wir haben gerade keine Milch. Iss trotzdem, das schmeckt wie Kekse."

    Die schwedischen Reporter filmen den Alltag einer afroamerikanischen Familie in Harlem, New York. 1968 ist die Situation vieler Schwarzer immer noch erbärmlich. Zwar hatte die Bürgerrechtsbewegung unter Führung Martin Luther Kings Mitte der 60er-Jahre die rechtliche Gleichstellung der Schwarzen erreicht. Aber bis zur tatsächlichen Gleichberechtigung ist es noch weit. Militante weiße Rassisten reagieren auf die neue Entwicklung mit Terror gegen Schwarze, und die Polizei antwortet auf die friedlichen Demonstrationen der Bürgerrechtler oft mit äußerster Brutalität:

    Für junge, führende Aktivisten wie Stokely Carmichael ist die Zeit des friedlichen Protestes, wie ihn Martin Luther King propagiert, vorbei:

    "Dr. King ist ein wunderbarer Mensch voller Mitgefühl. Er ist barmherzig und äußerst geduldig. Er konnte das unzivilisierte Benehmen der weißen Amerikaner hinnehmen und Ihnen vergeben. Leider bin ich jünger und nicht so geduldig wie Dr. King."

    1967 prägt Carmichael den Begriff "Black Power", dem Rassismus soll kraftvoller Widerstand entgegengesetzt werden. Die neu gegründete Black Panther Party fordert zur Selbstverteidigung auf, und man fühlt sich bestätigt, als King 1968 von einem weißen Rassisten erschossen wird. Es liegt Bürgerkrieg in der Luft. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen, ein Höhepunkt ist die Anklage gegen die Aktivistin Angela Davis 1970. Weil bei dem Befreiungsversuch von Gefängnishäftlingen eine Waffe benutzt worden war, die man auf Davis’ Namen gekauft hatte, wird die Wissenschaftlerin wegen Beihilfe zum Terrorismus angeklagt. Darauf steht die Todesstrafe – im Gefängnis wird sie 1972 vom schwedischen Reporterteam interviewt:

    "Sie fragen mich, ob ich Gewalt gutheiße? Ich wuchs in Birmingham, Alabama auf. Einige gute Freunde starben durch Bomben der Rassisten. Der Mann, der damals die Stadt unter seiner Kontrolle hatte, sagte im Radio Sachen wie: 'Nigger wohnen jetzt im weißen Wohnviertel, hoffentlich gibt es heute Blutvergießen.’ Natürlich gab es dann Blutvergießen. Wenn mich jemand nach Gewalt fragt, finde ich das einfach unglaublich."

    Das Interview mit der charismatischen Ikone des Bürgerrechtskampfes ist ein vielsagender Höhepunkt von "The Black Power Mixtape". 1972 wird Angela Davis in allen Punkten freigesprochen, auch das ist ein Erfolg der Protestbewegung. Die sozialen Probleme dagegen verschärfen sich in den 70er-Jahren. Gleichzeitig aber lässt die Black-Power-Bewegung einen neuen Stolz auf die eigene, schwarze Kultur wachsen. Und das Bewusstsein einer eigenen Geschichte, die von den Schwarzen selbst erzählt werden sollte, wie Soulsängerin Erykah Badu im Kommentar fordert:

    "Das Wichtigste ist, unsere Geschichte zu dokumentieren. Es geht nicht um Schwarz oder Weiß, sondern darum, sie richtig zu erzählen. Deshalb müssen wir Schwarze unsere eigene Geschichte erzählen. Wenn wir sie andere erzählen lassen, wird sie verdreht. Dann schießt man uns die Nasen weg."

    Eine besondere Wirkung erreicht "The Black Power Mixtape" nicht zuletzt dadurch, dass die heutigen Interviewpartner wie Badu, Harry Belafonte oder Hip-Hop-Musiker Questlove die Originalaufnahmen aus dem Off kommentieren – ihre Gesichter sieht man nie. Das lässt die Auseinandersetzungen jener Jahre nicht nur gegenwärtiger erscheinen, sondern auch unvermittelter, manchmal schockierend direkt auf den Zuschauer treffen. Die atmosphärischen Aufnahmen erzählen zugleich vom Optimismus einer Ära des Aufbruchs wie von der Frustration, die sich angesichts des anhaltenden Rassismus und bleibender Armut breitmachte. Und doch sind die Hoffnungen nicht der Resignation gewichen. Die heutige Professorin Angela Davis kämpft weiter:

    "Die Geschichte meines Prozesses ist wichtig, aber es gibt auch viele andere. Der positive Ausgang dieser Verfahren hat gezeigt, dass Menschen gemeinsam stark sein können. Das müssen die Menschen vor allem im 21. Jahrhundert begreifen."