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Der Kampf um die Tiefsee

"Am Meeresboden ist ein Goldrausch ausgebrochen wie einst im Wilden Westen. Jeder greift sich, was er kriegen kann", stellt Sarah Zierul fest. Dann nimmt sie den Leser mit auf das Schlachtfeld, auf dem künftig um die Rohstoffe der Erde gekämpft werden wird - die Meere.

Rezension: Dagmar Röhrlich |
    Ob Gold, Silber und Kupfer, Öl oder Gas, die Schätze in der Tiefsee sollen die unersättliche Gier der Menschheit befriedigen. Dabei ist die Tiefsee alles andere als ein problemloses Arbeitsumfeld, wie die Katastrophe der Deepwater-Horizon beweist. Und "Der Kampf um die Tiefsee" lässt fürchten, dass das erst der Vorgeschmack auf künftige Katastrophen gewesen sein könnte. Schließlich nimmt die Menschheit wenig Rücksicht auf die Umwelt an Land, in der sie doch lebt. Deshalb ist zu befürchten, dass ihr der unbekannte Lebensraum Tiefsee einfach nur gleichgültig sein wird.

    Also schildert die Autorin beredt und mitreißend die Vielfalt der Tiefsee - und was passieren kann, wenn wir sie ausbeuten. Außerdem ist oft umstritten, wem die Rohstoffe tief unten im Wasser gehören. Staatliche Hoheitsrechte enden 200 Seemeilen vor der Küste. Für den großen "Rest" des Meeresbodens ist die von den Vereinten Nationen eingesetzte Seebodenbehörde zuständig. Nur: "30 Mitarbeiter, keine Schiffe und keine Kontrollmöglichkeiten für eine Fläche, die zwei Drittel der Erdoberfläche bedeckt" - was kann eine solche Behörde erreichen, fragt sich Zierul.

    Was auf uns zukommen könnte, zeichnet sich heute schon ab: Russland, Dänemark, Norwegen, Kanada und die USA stecken im Rennen um die Bodenschätze des Nordpolarmeers ihre Claims ab. China und Japan streiten sich um ein paar Inseln. Kriege um Rohstoffe sind in einer Welt, in der alles immer knapper wird und auf der immer mehr Menschen leben, durchaus möglich. Eigentlich soll künftig der Hamburger Seegerichtshof marine Gebietsansprüche klären - aber bislang wurden dort nur ein paar Fälle zum Fischereirecht verhandelt und es haben noch nicht einmal alle Staaten die internationale Seerechtskonvention UNCLOS ratifiziert: Große Hoffnungen, dass mit diesem Instrumentarium Konfrontationen vermieden werden können, sollte man sich nicht machen.

    "Der Kampf um die Tiefsee" ist ein mitreißend geschriebenes und sehr aktuelles Buch. Es bleibt nur zu hoffen, dass Sarah Zieruls Forderung Gehör findet: Dass die Menschheit auf breiter Basis diskutiert, wer am Meeresboden was tun darf: "Schließlich geht es um die Zukunft einer Welt, die noch immer erst zu einem Teil erforscht, für das Zusammenleben der Menschen und die Abläufe der Natur jedoch von enormer Bedeutung ist".

    Sarah Zierul: Der Kampf um die Tiefsee. Wettlauf um die Rohstoffe der Erde
    ISBN: 978-3455501698
    Hoffmann und Campe, 350 Seiten, 22 Euro