"Natürlich machen sie irgendwo auch mit der Darstellung des diffusen internationalen Phänomens Terrorismus Einschaltquote und Reichweite, aber das macht CNN genauso wie die BBC, das machen auch deutsche Fernsehsender. … Aber nur Al-Dschasira deshalb ein Terror-TV-Label zu verpassen, weil es der erste Sender war, der so genannte Terrorvideos ausgestrahlt hat, finde ich, dann würde man dem Sender Unrecht tun."
Verteidigt der Dortmunder Medienwissenschaftler Oliver Hahn den Fernsehsender "Al-Dschasira" gegenüber der Behauptung, Terroristen und ihre Aktivitäten zu unterstützen. Doch wer ist dieser Sender, der jeden Tag vierzig bis fünfzig Millionen Zuschauer hat und in der arabischen Welt mittlerweile zur Informationsquelle Nr. 1 geworden ist?
125 Millionen Euro reichten, um im April 1996 die Reste eines gescheiterten Kooperationsabkommens zwischen der britischen BBC und einem saudi-arabischen Sender zu übernehmen. Genau diese Summe zahlte Hamad bin Khalifa al-Thani, seines Zeichens Emir von Katar, einem kleinen Scheichtum am persischen Golf. Der Name des neuen Satellitensenders: Al-Dschasira, auf Deutsch: Die Insel, in Anspielung auf die Halbinsel, auf der Qatar liegt. Al-Dschasira durchbrach damit die Dominanz der staatlichen Fernsehsender, welche die Programme in den arabischen Ländern bis dahin beherrscht hatten:
"Diese Staatsfernsehen waren und sind es heute noch einhundertprozentige Regierungsveranstaltungen oder Veranstaltungen der Machthaber, und von diesen Staatsfernsehsendern hat der arabische Zuschauer eigentlich nicht mehr zu erwarten als Protokollnachrichten. Protokollnachrichten heißt, welcher Emir hat welchem Scheich wann wo die Hand geschüttelt. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Das heißt, durch eine gewisse kritische Berichterstattung, durch eine Öffnung der Berichterstattung auch in Richtung westliche Nachrichtenstandards hat Al-Dschasira schon eine gewisse Nachrichtenrevolution ausgelöst in der arabischen Welt."
Die Sendezentrale in der katarischen Hauptstadt Doha sendet rund um die Uhr: Nachrichten zur vollen Stunde, die sich mit Dokumentarfilmen, Reportagen und Talkshows abwechseln. Das hochprofessionell arbeitende Journalistenteam setzt sich dabei vor allem mit den in der arabischen Welt vorherrschenden Tabuthemen auseinander: Politik, Menschenrechte, die Stellung der Frau, Religion und Sexualität. Das Besondere dabei: Die Zuschauer können sich durch Anrufe oder per SMS in Sendungen einschalten – ein Novum in der arabischen Welt:
"Dass heißt, hier haben wir zum ersten Mal auch eine zivilgesellschaftliche oder politische, in Anführungsstrichen politische Beteiligungsmöglichkeit in politischen Kontexten, wo Wahlen zwar inzwischen stattfinden, aber wo politische Meinungsäußerung immer noch relativ jung ist und in den Kinderschuhen steckt."
Die Berichterstattung des kleinen katarischen Senders ist daher vor allem den vielen despotisch herrschenden Politikern in der arabischen Welt ein Dorn im Auge, die durch die kritischen Beiträge ihre Machtposition gefährdet sehen. Aus diesem Grund wurden auch schon in einigen arabischen Hauptstädten die Büros des Senders geschlossen, zuletzt 2003 in Bagdad. Doch auch von westlichen Politikern, besonders aus den USA und Großbritannien, wird Al-Dschasira wegen seiner Berichterstattung kritisiert: Die Bilder von verstümmelten Leichen, die oft gezeigt werden, seien zu hart und würden die Menschen in der arabischen Welt nur aufhetzen, so die Stimmen Aktham Suliman, Deutschland-Korrespondent von Al-Dschasira, wehrt sich gegen diese Vorwürfe:
"Ich sage nur eins: Wenn wir bestimme Bilder nicht zeigen, dann gelten wir als Lügner in der Region. Der Palästinenser sieht die Leichen an seiner Haustür, ... und wenn ich das nicht zeige, dann bin ich ein Lügner, und dann werden alle umschalten und sagen, wo gibt es die Bilder, die meine Realität beschreiben."
Aber Al-Dschasira spielt auch für viele arabische Zuschauer eine große Rolle als Brücke zum Westen. Denn der Sender verfügt über ein weit verzweigtes Netz an Korrespondenten – einmalig in der arabischen Welt:
"Das ist auch einer der Gründe, warum man, vor allem am Anfang, uns zugeschaut hat. Zum ersten Mal kommt jemand aus Moskau und erzählt aus arabischer Sicht die Entwicklung in Russland, zum ersten Mal kommt jemand aus Paris und erzählt das, was in Frankreich passiert aus arabischer Sicht und so weiter. Das war ein Bonus für uns, inzwischen gibt es andere arabische Sender, die ähnliches machen, etwa Al-Arabiya, unsere Konkurrenz."
Doch eine erhoffte Demokratisierung des Nahen Ostens durch den Sender hat sich in den letzten Jahren als Trugschluss erwiesen. Noch einmal der Medienwissenschaftler Oliver Hahn:
"Kurz und gut, zehn Jahre Al-Dschasira, und politische Wirkung in Richtung Demokratie sieht sehr bescheiden aus, keine großartigen Demokratisierungstendenzen, keine großartigen Veränderungen in Richtung Demokratisierungsprozessen bisher."
Verteidigt der Dortmunder Medienwissenschaftler Oliver Hahn den Fernsehsender "Al-Dschasira" gegenüber der Behauptung, Terroristen und ihre Aktivitäten zu unterstützen. Doch wer ist dieser Sender, der jeden Tag vierzig bis fünfzig Millionen Zuschauer hat und in der arabischen Welt mittlerweile zur Informationsquelle Nr. 1 geworden ist?
125 Millionen Euro reichten, um im April 1996 die Reste eines gescheiterten Kooperationsabkommens zwischen der britischen BBC und einem saudi-arabischen Sender zu übernehmen. Genau diese Summe zahlte Hamad bin Khalifa al-Thani, seines Zeichens Emir von Katar, einem kleinen Scheichtum am persischen Golf. Der Name des neuen Satellitensenders: Al-Dschasira, auf Deutsch: Die Insel, in Anspielung auf die Halbinsel, auf der Qatar liegt. Al-Dschasira durchbrach damit die Dominanz der staatlichen Fernsehsender, welche die Programme in den arabischen Ländern bis dahin beherrscht hatten:
"Diese Staatsfernsehen waren und sind es heute noch einhundertprozentige Regierungsveranstaltungen oder Veranstaltungen der Machthaber, und von diesen Staatsfernsehsendern hat der arabische Zuschauer eigentlich nicht mehr zu erwarten als Protokollnachrichten. Protokollnachrichten heißt, welcher Emir hat welchem Scheich wann wo die Hand geschüttelt. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Das heißt, durch eine gewisse kritische Berichterstattung, durch eine Öffnung der Berichterstattung auch in Richtung westliche Nachrichtenstandards hat Al-Dschasira schon eine gewisse Nachrichtenrevolution ausgelöst in der arabischen Welt."
Die Sendezentrale in der katarischen Hauptstadt Doha sendet rund um die Uhr: Nachrichten zur vollen Stunde, die sich mit Dokumentarfilmen, Reportagen und Talkshows abwechseln. Das hochprofessionell arbeitende Journalistenteam setzt sich dabei vor allem mit den in der arabischen Welt vorherrschenden Tabuthemen auseinander: Politik, Menschenrechte, die Stellung der Frau, Religion und Sexualität. Das Besondere dabei: Die Zuschauer können sich durch Anrufe oder per SMS in Sendungen einschalten – ein Novum in der arabischen Welt:
"Dass heißt, hier haben wir zum ersten Mal auch eine zivilgesellschaftliche oder politische, in Anführungsstrichen politische Beteiligungsmöglichkeit in politischen Kontexten, wo Wahlen zwar inzwischen stattfinden, aber wo politische Meinungsäußerung immer noch relativ jung ist und in den Kinderschuhen steckt."
Die Berichterstattung des kleinen katarischen Senders ist daher vor allem den vielen despotisch herrschenden Politikern in der arabischen Welt ein Dorn im Auge, die durch die kritischen Beiträge ihre Machtposition gefährdet sehen. Aus diesem Grund wurden auch schon in einigen arabischen Hauptstädten die Büros des Senders geschlossen, zuletzt 2003 in Bagdad. Doch auch von westlichen Politikern, besonders aus den USA und Großbritannien, wird Al-Dschasira wegen seiner Berichterstattung kritisiert: Die Bilder von verstümmelten Leichen, die oft gezeigt werden, seien zu hart und würden die Menschen in der arabischen Welt nur aufhetzen, so die Stimmen Aktham Suliman, Deutschland-Korrespondent von Al-Dschasira, wehrt sich gegen diese Vorwürfe:
"Ich sage nur eins: Wenn wir bestimme Bilder nicht zeigen, dann gelten wir als Lügner in der Region. Der Palästinenser sieht die Leichen an seiner Haustür, ... und wenn ich das nicht zeige, dann bin ich ein Lügner, und dann werden alle umschalten und sagen, wo gibt es die Bilder, die meine Realität beschreiben."
Aber Al-Dschasira spielt auch für viele arabische Zuschauer eine große Rolle als Brücke zum Westen. Denn der Sender verfügt über ein weit verzweigtes Netz an Korrespondenten – einmalig in der arabischen Welt:
"Das ist auch einer der Gründe, warum man, vor allem am Anfang, uns zugeschaut hat. Zum ersten Mal kommt jemand aus Moskau und erzählt aus arabischer Sicht die Entwicklung in Russland, zum ersten Mal kommt jemand aus Paris und erzählt das, was in Frankreich passiert aus arabischer Sicht und so weiter. Das war ein Bonus für uns, inzwischen gibt es andere arabische Sender, die ähnliches machen, etwa Al-Arabiya, unsere Konkurrenz."
Doch eine erhoffte Demokratisierung des Nahen Ostens durch den Sender hat sich in den letzten Jahren als Trugschluss erwiesen. Noch einmal der Medienwissenschaftler Oliver Hahn:
"Kurz und gut, zehn Jahre Al-Dschasira, und politische Wirkung in Richtung Demokratie sieht sehr bescheiden aus, keine großartigen Demokratisierungstendenzen, keine großartigen Veränderungen in Richtung Demokratisierungsprozessen bisher."