Ist Giglio wieder eine normale Ferieninsel? Fast könnte man auf die Idee kommen. Im Hafen legen die Fähren an und ab. An der Uferpromenade schieben sich die Touristen aneinander vorbei. Die Restaurants und Bars haben viel Kundschaft.
Aber hin und wieder fallen in den Menschenmassen seltsame Gestalten auf, die nicht in diese Welt passen: kräftige Männer im verschmierten Overall, meist mit einem Schutzhelm in der Hand und einer Rettungsweste um die Schulter. Das sind die Männer, die aus 21 Ländern nach Giglio gekommen sind, um die Costa Concordia zu bergen – über 500 arbeiten zurzeit daran – sie fallen auf im Touristenstrom.
Sergio Ortelli, der Bürgermeister von Giglio, hat sein Büro direkt am Hafen. Eigentlich lebt er von seinem Beruf als Immobilienmakler und von der Vermietung von Motorrollern – aber seit rund 18 Monaten lebt er vor allem dafür, der Welt das zu erklären, was die Schiffskatastrophe der Costa Concordia mit seiner Insel gemacht hat:
"Heute wird auf der ganzen Welt von unserer Insel nur in dem Sinn gesprochen, dass hier ein Schiff zu bergen ist. Das wird der Inselbevölkerung nicht gerecht, wenn sie so behandelt wird."
Aber hin und wieder fallen in den Menschenmassen seltsame Gestalten auf, die nicht in diese Welt passen: kräftige Männer im verschmierten Overall, meist mit einem Schutzhelm in der Hand und einer Rettungsweste um die Schulter. Das sind die Männer, die aus 21 Ländern nach Giglio gekommen sind, um die Costa Concordia zu bergen – über 500 arbeiten zurzeit daran – sie fallen auf im Touristenstrom.
Sergio Ortelli, der Bürgermeister von Giglio, hat sein Büro direkt am Hafen. Eigentlich lebt er von seinem Beruf als Immobilienmakler und von der Vermietung von Motorrollern – aber seit rund 18 Monaten lebt er vor allem dafür, der Welt das zu erklären, was die Schiffskatastrophe der Costa Concordia mit seiner Insel gemacht hat:
"Heute wird auf der ganzen Welt von unserer Insel nur in dem Sinn gesprochen, dass hier ein Schiff zu bergen ist. Das wird der Inselbevölkerung nicht gerecht, wenn sie so behandelt wird."
Giglios Bürgermeister: "Die Wunde wird immer bleiben"
Wenn man aus Ortellis Bürofenster schaut, dann kann man sie sehen. 290 Meter lang, über 35 Meter breit, rund 45.000 Tonnen schwer. Im Sommer 2006, als sie Ihren Dienst antrat, war sie das größte Kreuzfahrtschiff unter italienischer Flagge. Jetzt liegt sie auf der Steuerbordseite, kurz vor der Hafeneinfahrt.
Nicht mehr lange soll das so gehen. Aber die Aussicht, dass die Costa Concordia im nächsten Sommer irgendwann abgeschleppt wird, lässt die Laune des Bürgermeisters von Giglio nicht gerade steigen:
"Die Wunde wird immer bleiben. Ein unauslöschbares Zeichen nicht nur im Herzen, aber vor allem in der Geschichte der Insel. Weil das ein Ereignis von internationalem Rang war, so viele Länder sind daran interessiert. Das Schiff ist 500 Meter vor dem Hafen Giglios gesunken. Ich kann nicht sagen, dass wir das leicht vergessen und hinter uns lassen."
Man kann die Costa nicht ignorieren, wenn man sich Giglio nähert. Alle Fähren müssen hier vorbei. An dem Wrack wird rund um die Uhr gearbeitet. Sogar nachts ist die Riesenbaustelle vom Flutlicht erleuchtet. Und wer die Chance hat, mit einem Boot bis ganz nah an das Wrack heranzufahren, dem wird erst das ganze Ausmaß dieser Bergungsaktion klar:
"Es gibt keinen Präzedenzfall, es gibt keine Erfahrungswerte. Aber wir haben alle möglichen Methoden und Vorgehensweisen bei der Berechnung der Strukturen angewandt, die es gibt. Und die sind sehr hoch entwickelt. Weder Heck noch Bug werden zerbrechen, das sind die beiden Schwachstellen. Die Herausforderung ist: das Schiff im Ganzen zu drehen."
Sagt Sergio Girotto, ein gestandener Ingenieur, der schon in der ganzen Welt gearbeitet hat. Aber das hier übersteigt alles Bisherige. Seine Firma Micoperi hat unter anderem den Zuschlag bekommen. Der Auftrag: die Costa Concordia ganz lassen, sie wieder aufrichten und in einem Stück von hier wegschleppen. Schon allein um die Schäden für die Umwelt in Grenzen zu halten.
Der Plan ist einfach, aber die Umsetzung hat sich als viel schwieriger herausgestellt als gedacht. Deshalb liegt das Schiff nun schon den zweiten Sommer vor Giglio, deshalb wurden die Termine für die Bergung immer wieder verschoben. Auch Sergio Girotto, der Ingenieur ist mit der Zeit ungeduldig geworden:
"Wir haben alles über einen so langen Zeitraum vorbereitet, dass ich jetzt endlich will, dass es losgeht. Es ist so, wie wenn man vor einer Prüfung steht, nachdem man monatelang dafür gelernt hat. Man sagt dann: Ich will das Examen jetzt endlich hinter mich bringen, und zwar so schnell wie möglich! Aber es wird höchst interessant werden, ein einmaliges Schauspiel, einfach wunderschön."
Von der Schönheit des Kreuzfahrtschiffes ist nicht mehr viel geblieben. Das ist hier aus der Nähe gut zu sehen. Rost macht sich breit. Und auf der linken Seite, die in die Luft ragt, haben die Bergungsmannschaften schon ganze Arbeit geleistet. Dort haben sie jetzt 15 riesige Stahlbehälter angebracht, die der Costa Concordia einmal neuen Auftrieb verleihen sollen. Daran, dass das einmal ein Schiff war, erinnert vor allem der vordere Teil. Die Kommandobrücke ragt aus dem Wasser, am Bug kann man auch noch den Schriftzug lesen: Costa Concordia.
Nicht mehr lange soll das so gehen. Aber die Aussicht, dass die Costa Concordia im nächsten Sommer irgendwann abgeschleppt wird, lässt die Laune des Bürgermeisters von Giglio nicht gerade steigen:
"Die Wunde wird immer bleiben. Ein unauslöschbares Zeichen nicht nur im Herzen, aber vor allem in der Geschichte der Insel. Weil das ein Ereignis von internationalem Rang war, so viele Länder sind daran interessiert. Das Schiff ist 500 Meter vor dem Hafen Giglios gesunken. Ich kann nicht sagen, dass wir das leicht vergessen und hinter uns lassen."
Man kann die Costa nicht ignorieren, wenn man sich Giglio nähert. Alle Fähren müssen hier vorbei. An dem Wrack wird rund um die Uhr gearbeitet. Sogar nachts ist die Riesenbaustelle vom Flutlicht erleuchtet. Und wer die Chance hat, mit einem Boot bis ganz nah an das Wrack heranzufahren, dem wird erst das ganze Ausmaß dieser Bergungsaktion klar:
"Es gibt keinen Präzedenzfall, es gibt keine Erfahrungswerte. Aber wir haben alle möglichen Methoden und Vorgehensweisen bei der Berechnung der Strukturen angewandt, die es gibt. Und die sind sehr hoch entwickelt. Weder Heck noch Bug werden zerbrechen, das sind die beiden Schwachstellen. Die Herausforderung ist: das Schiff im Ganzen zu drehen."
Sagt Sergio Girotto, ein gestandener Ingenieur, der schon in der ganzen Welt gearbeitet hat. Aber das hier übersteigt alles Bisherige. Seine Firma Micoperi hat unter anderem den Zuschlag bekommen. Der Auftrag: die Costa Concordia ganz lassen, sie wieder aufrichten und in einem Stück von hier wegschleppen. Schon allein um die Schäden für die Umwelt in Grenzen zu halten.
Der Plan ist einfach, aber die Umsetzung hat sich als viel schwieriger herausgestellt als gedacht. Deshalb liegt das Schiff nun schon den zweiten Sommer vor Giglio, deshalb wurden die Termine für die Bergung immer wieder verschoben. Auch Sergio Girotto, der Ingenieur ist mit der Zeit ungeduldig geworden:
"Wir haben alles über einen so langen Zeitraum vorbereitet, dass ich jetzt endlich will, dass es losgeht. Es ist so, wie wenn man vor einer Prüfung steht, nachdem man monatelang dafür gelernt hat. Man sagt dann: Ich will das Examen jetzt endlich hinter mich bringen, und zwar so schnell wie möglich! Aber es wird höchst interessant werden, ein einmaliges Schauspiel, einfach wunderschön."
Von der Schönheit des Kreuzfahrtschiffes ist nicht mehr viel geblieben. Das ist hier aus der Nähe gut zu sehen. Rost macht sich breit. Und auf der linken Seite, die in die Luft ragt, haben die Bergungsmannschaften schon ganze Arbeit geleistet. Dort haben sie jetzt 15 riesige Stahlbehälter angebracht, die der Costa Concordia einmal neuen Auftrieb verleihen sollen. Daran, dass das einmal ein Schiff war, erinnert vor allem der vordere Teil. Die Kommandobrücke ragt aus dem Wasser, am Bug kann man auch noch den Schriftzug lesen: Costa Concordia.
Schiffbrüchige suchten in der Kirche Zuflucht
Wieder an Land, auf dem Weg zur Pfarrkirche. Don Lorenzo, der Pfarrer, ist unverkennbar ein Fan von Borussia Dortmund. Gerade hat er am Schwarzen Brett noch eine ausgedruckte Email von einer Familie aus Straßburg aufgehängt. Sie bedankt sich für die Unterstützung in jener Nacht im Januar 2012. Die, die damals gerettet wurden, können das nicht vergessen. Und auch die, die damals bei der Rettung geholfen haben, lässt das nicht los:
"Der Schmerz für die, die gestorben sind, der bleibt natürlich. Ich erinnere jeden Sonntag von der Kanzel aus daran und ich erinnere auch an die, die hier arbeiten. Gestern ist eine Dame gekommen, um sich zu bedanken. Das scheint mir richtig, die normalste Sache der Welt. Es gibt eben nicht nur die glückliche Insel, auf der man seine Ferien verbringt. Es gibt da auch eine Tragödie und die Arbeit, um eine normale Situation wieder herzustellen."
Don Lorenzo hat damals, am 13. Januar 2012, seine Kirche aufgesperrt. Kalt war es, die Heizung ist schon lange kaputt:
"Wir mussten erfinderisch sein. In der Kirche haben wir die Fahnen, die Teppiche vom Fußboden genommen, sogar die Altartücher haben sie benutzt. Damit konnten sie sich wärmen. Und das haben sie richtig gemacht, was sollten sie sonst auch tun?"
Für die Gigliesi war das eine riesige Herausforderung. Auch wenn im Sommer jeden Tag zehntausende Feriengäste hier sind; im Winter wohnen hier nur rund 700 Menschen und die mussten auf einmal über 4000 havarierte Kreuzfahrttouristen aufnehmen und versorgen.
"In der Nacht hat es einen großen Zusammenhalt gegeben. Alle haben alles geben, was sie hatten und was sie tun konnten, für dasselbe Ideal, aus demselben Grund. Das hat den Zusammenhalt der Insel gefestigt. Das bleibt und wird uns bleiben. Auch, wenn die Insel wieder die glückliche Ferieninsel sein wird, die alle kennen."
Die glückliche Ferieninsel - wie lange dauerte es wohl noch, bis Giglio das wieder sein kann? Die Menschen leben hier vom Tourismus. Und sie wollen natürlich, dass die Costa Concordia so schnell wie möglich weggeschleppt wird. Aber wen man auch fragt: Ungeduld oder gar Wut machen sich nicht breit. Das bestätigt auch Don Lorenzo, der zwar erst seit zwei Jahren hier der Pfarrer ist, der aber "seine Gigliesi" inzwischen ganz gut kennt:
"Die Leute der Insel, die sich auskennen, sehen, was getan wird beziehungsweise sie sehen, dass alles getan wird, was getan werden kann. Die Zeitabläufe sind hypothetisch, man macht Voraussagen. Aber eine solche Bergung hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Alles ist ein erstes Mal. Deshalb kann man nie sicher sein, wie es ausgeht."
Am Ende der Hafenpromenade liegt der Strand, an dem viele Kinder von der Insel schwimmen gelernt haben. Hierher kommen schon seit Ewigkeiten die Einheimischen zum Baden. Das Wasser ist klar und man hat es nicht weit nach Hause. Auch jetzt sind viele da, zusammen mit den Feriengästen.
Es ist heiß, die Sonne scheint und doch ist das ein absurdes Bild. Denn weit kann man hier zurzeit nicht schwimmen. Ganz in Ufernähe ist eine rote Barriere. Eine lange Kette von Schwimmkörpern, die verhindern sollen, dass die Küste verschmutzt wird. Aber gleichzeitig wird so natürlich auch verhindert, dass jemand zum Wrack schwimmt, das hier zum Greifen nahe ist. Ein absurdes Bild: Badegäste, kreischende Kinder und dahinter liegt die Costa Concordia auf der Seite. Viele Gäste machen Fotos.
"Der Schmerz für die, die gestorben sind, der bleibt natürlich. Ich erinnere jeden Sonntag von der Kanzel aus daran und ich erinnere auch an die, die hier arbeiten. Gestern ist eine Dame gekommen, um sich zu bedanken. Das scheint mir richtig, die normalste Sache der Welt. Es gibt eben nicht nur die glückliche Insel, auf der man seine Ferien verbringt. Es gibt da auch eine Tragödie und die Arbeit, um eine normale Situation wieder herzustellen."
Don Lorenzo hat damals, am 13. Januar 2012, seine Kirche aufgesperrt. Kalt war es, die Heizung ist schon lange kaputt:
"Wir mussten erfinderisch sein. In der Kirche haben wir die Fahnen, die Teppiche vom Fußboden genommen, sogar die Altartücher haben sie benutzt. Damit konnten sie sich wärmen. Und das haben sie richtig gemacht, was sollten sie sonst auch tun?"
Für die Gigliesi war das eine riesige Herausforderung. Auch wenn im Sommer jeden Tag zehntausende Feriengäste hier sind; im Winter wohnen hier nur rund 700 Menschen und die mussten auf einmal über 4000 havarierte Kreuzfahrttouristen aufnehmen und versorgen.
"In der Nacht hat es einen großen Zusammenhalt gegeben. Alle haben alles geben, was sie hatten und was sie tun konnten, für dasselbe Ideal, aus demselben Grund. Das hat den Zusammenhalt der Insel gefestigt. Das bleibt und wird uns bleiben. Auch, wenn die Insel wieder die glückliche Ferieninsel sein wird, die alle kennen."
Die glückliche Ferieninsel - wie lange dauerte es wohl noch, bis Giglio das wieder sein kann? Die Menschen leben hier vom Tourismus. Und sie wollen natürlich, dass die Costa Concordia so schnell wie möglich weggeschleppt wird. Aber wen man auch fragt: Ungeduld oder gar Wut machen sich nicht breit. Das bestätigt auch Don Lorenzo, der zwar erst seit zwei Jahren hier der Pfarrer ist, der aber "seine Gigliesi" inzwischen ganz gut kennt:
"Die Leute der Insel, die sich auskennen, sehen, was getan wird beziehungsweise sie sehen, dass alles getan wird, was getan werden kann. Die Zeitabläufe sind hypothetisch, man macht Voraussagen. Aber eine solche Bergung hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Alles ist ein erstes Mal. Deshalb kann man nie sicher sein, wie es ausgeht."
Am Ende der Hafenpromenade liegt der Strand, an dem viele Kinder von der Insel schwimmen gelernt haben. Hierher kommen schon seit Ewigkeiten die Einheimischen zum Baden. Das Wasser ist klar und man hat es nicht weit nach Hause. Auch jetzt sind viele da, zusammen mit den Feriengästen.
Es ist heiß, die Sonne scheint und doch ist das ein absurdes Bild. Denn weit kann man hier zurzeit nicht schwimmen. Ganz in Ufernähe ist eine rote Barriere. Eine lange Kette von Schwimmkörpern, die verhindern sollen, dass die Küste verschmutzt wird. Aber gleichzeitig wird so natürlich auch verhindert, dass jemand zum Wrack schwimmt, das hier zum Greifen nahe ist. Ein absurdes Bild: Badegäste, kreischende Kinder und dahinter liegt die Costa Concordia auf der Seite. Viele Gäste machen Fotos.
Das Meer soll wieder so werden wie vorher
"Dies Stück Meer ist vom Aspekt der Umwelt betrachtet das am besten überwachte der Welt. Die Ablagerungen werden gemessen, der Lärmspiegel, der Meeresgrund wird jeden Tag überwacht. Zurzeit saugen sie den Meeresboden, wo es durch das Bohren feine Ablagerungen gibt. Wir haben vor, sobald wir das Schiff geborgen haben, so schnell wie möglich die früheren Bedingungen wiederherzustellen."
Sagt Nick Sloane von der Firma "Titan". Er sitzt, sehr entspannt, vor "Demo's Hotel", gleich hinterm Strand. Hier machen sie jetzt nicht nur in der Hochsaison gute Geschäfte. Hier ist das Hauptquartier der Bergungsaktion eingezogen. Die leitenden Ingenieure haben hier schon fast 18 Monate lang ihre Büros.
Nick Sloane, Südafrikaner mit blonden Wuschelhaaren, könnte als Kapitän zur See selbst riesige Schiffe über die Ozeane steuern. Aber seit Langem schon ist er Spezialist für schwierige Bergungen. Und das hier ist seine bislang schwierigste. Nicht nur, aber auch weil sie versuchen, dass dieses Stück Meer einmal so wird wie vorher:
"Das ist der Mount Everest. Wenn jemand dich fragt, ob du in einem Team mitarbeiten willst, dann guckst du dir das Projekt an und weißt die Antwort normalerweise in fünf Minuten. Ich habe nicht einmal eine Minute gebraucht, um zu sagen: Ja, ich bin dabei. Es ist eine große Herausforderung, es gibt Leute, die sagen: Das funktioniert nicht. Und das macht die Herausforderung noch größer. Das ist aufregend."
Nick Sloane hat sich schon mal unbeliebt gemacht, als er gesagt hatte, man könne das Schiff bis zum Mai 2012 abtransportieren. Aber dann stellte sich alles als viel schwieriger heraus als gedacht. Die ursprünglichen Zeitpläne waren irgendwann nicht mehr einzuhalten. Dann gab es neue Termine, weitere Verzögerungen. Das hat viele, die mit der Costa leben müssen, genervt. Vor allem das erste große Manöver, das Aufrichten des Schiffs, ist riskant:
"Es gab mehr Schäden, als wir anfangs angenommen hatten. Das Risiko ist, dass sich der Bug über dem Riff verdreht, wie auch das Heck. Das hat Schäden an beiden Seiten, denn das Schiff liegt auf dem Riff, und der Bug schwebt frei im Wasser. Wenn wir es aufrichten, greifen alle Kräfte in der Schiffsmitte. Also müssen wir die Verwindung in Grenzen halten."
Und wie viel Arbeit die Vorbereitungen machen, das sieht man von hier aus nur zum Teil. Viel musste unter Wasser erledigt werden. Taucher haben gewaltige Plattformen auf den Meeresgrund gestellt, auf denen die Costa stehen soll, wenn sie aufgerichtet ist. "Her Beddy", "ihr Bettchen" nennt Nick Sloane das.
Eine ziemlich stabile Konstruktion haben die vielen Tauchteams da zusammengeschweißt. Das "Bettchen" soll schon bald ein Gewicht von rund 38.000 Tonnen tragen. Auf der Landseite wurden elf Türme ins Meer gebaut, an denen die Ketten befestigt werden, die das Schiff beim Aufrichten halten sollen. Nick Sloane erklärt das mit einem Stuhl, den er zum Kippen bringt: Man muss die Beine abstützen, sonst rutschen sie weg.
Und genauso muss die Costa Concordia nicht nur von oben in eine aufrechte Position gezogen werden, sondern man muss sie auch von unten halten. Sonst rutscht sie doch noch das Riff hinunter und versinkt. Am schwersten war es, die Löcher in das Granitgestein zu bohren, mit dem die Konstruktionen verankert sind. Viele sind um die zehn Meter tief in den harten Stein gebohrt, manche über 20 Meter. Da gab es große Probleme.
"Es hat bisher über 8000 Tauchgänge gegeben. Wir haben 100 Tauchgänge jeden Tag, zehn verschiedene Taucherteams, Zwölf-Mann-Teams, Zwölf-Stunden-Schichten. Wenn man all die Statistiken anguckt, ist es unglaublich, was bisher getan wurde. Das ist mehr, als ich in meiner ganzen bisherigen Karriere zusammengerechnet gemacht habe."
Sagt Nick Sloane von der Firma "Titan". Er sitzt, sehr entspannt, vor "Demo's Hotel", gleich hinterm Strand. Hier machen sie jetzt nicht nur in der Hochsaison gute Geschäfte. Hier ist das Hauptquartier der Bergungsaktion eingezogen. Die leitenden Ingenieure haben hier schon fast 18 Monate lang ihre Büros.
Nick Sloane, Südafrikaner mit blonden Wuschelhaaren, könnte als Kapitän zur See selbst riesige Schiffe über die Ozeane steuern. Aber seit Langem schon ist er Spezialist für schwierige Bergungen. Und das hier ist seine bislang schwierigste. Nicht nur, aber auch weil sie versuchen, dass dieses Stück Meer einmal so wird wie vorher:
"Das ist der Mount Everest. Wenn jemand dich fragt, ob du in einem Team mitarbeiten willst, dann guckst du dir das Projekt an und weißt die Antwort normalerweise in fünf Minuten. Ich habe nicht einmal eine Minute gebraucht, um zu sagen: Ja, ich bin dabei. Es ist eine große Herausforderung, es gibt Leute, die sagen: Das funktioniert nicht. Und das macht die Herausforderung noch größer. Das ist aufregend."
Nick Sloane hat sich schon mal unbeliebt gemacht, als er gesagt hatte, man könne das Schiff bis zum Mai 2012 abtransportieren. Aber dann stellte sich alles als viel schwieriger heraus als gedacht. Die ursprünglichen Zeitpläne waren irgendwann nicht mehr einzuhalten. Dann gab es neue Termine, weitere Verzögerungen. Das hat viele, die mit der Costa leben müssen, genervt. Vor allem das erste große Manöver, das Aufrichten des Schiffs, ist riskant:
"Es gab mehr Schäden, als wir anfangs angenommen hatten. Das Risiko ist, dass sich der Bug über dem Riff verdreht, wie auch das Heck. Das hat Schäden an beiden Seiten, denn das Schiff liegt auf dem Riff, und der Bug schwebt frei im Wasser. Wenn wir es aufrichten, greifen alle Kräfte in der Schiffsmitte. Also müssen wir die Verwindung in Grenzen halten."
Und wie viel Arbeit die Vorbereitungen machen, das sieht man von hier aus nur zum Teil. Viel musste unter Wasser erledigt werden. Taucher haben gewaltige Plattformen auf den Meeresgrund gestellt, auf denen die Costa stehen soll, wenn sie aufgerichtet ist. "Her Beddy", "ihr Bettchen" nennt Nick Sloane das.
Eine ziemlich stabile Konstruktion haben die vielen Tauchteams da zusammengeschweißt. Das "Bettchen" soll schon bald ein Gewicht von rund 38.000 Tonnen tragen. Auf der Landseite wurden elf Türme ins Meer gebaut, an denen die Ketten befestigt werden, die das Schiff beim Aufrichten halten sollen. Nick Sloane erklärt das mit einem Stuhl, den er zum Kippen bringt: Man muss die Beine abstützen, sonst rutschen sie weg.
Und genauso muss die Costa Concordia nicht nur von oben in eine aufrechte Position gezogen werden, sondern man muss sie auch von unten halten. Sonst rutscht sie doch noch das Riff hinunter und versinkt. Am schwersten war es, die Löcher in das Granitgestein zu bohren, mit dem die Konstruktionen verankert sind. Viele sind um die zehn Meter tief in den harten Stein gebohrt, manche über 20 Meter. Da gab es große Probleme.
"Es hat bisher über 8000 Tauchgänge gegeben. Wir haben 100 Tauchgänge jeden Tag, zehn verschiedene Taucherteams, Zwölf-Mann-Teams, Zwölf-Stunden-Schichten. Wenn man all die Statistiken anguckt, ist es unglaublich, was bisher getan wurde. Das ist mehr, als ich in meiner ganzen bisherigen Karriere zusammengerechnet gemacht habe."
Noch ein Winter in dieser Lage wäre ein Problem
Alles dauert länger als gedacht – aber viel Zeit bleibt nun nicht mehr, denn noch ein Winter in dieser Lage wäre für die Costa ein Problem. Schon jetzt ist sie stellenweise um bis zu acht Meter zusammengefallen. Wellen und Wind zerren an dem Schiff:
"Ja, es gibt einiges an Risiko. Schiffe sind nicht gebaut, um auf der Seite zu liegen. Und dieses liegt nun schon 18 Monate lang auf der Seite. Sie hat Glück gehabt, dass sie sehr stabil zwischen den beiden Riffs liegt, man konnte gar keine bessere Position finden. Doch der Fels tut ihr nicht gut, es gibt viel Korrosion und Materialermüdung. Wir müssen sie so bald wie möglich aufrichten, leider 18 Monate später."
Anfangs hätte Nick Sloane nicht gedacht, dass er zwei Sommer und wohl auch zwei Winter auf Giglio bleibt. Seine Familie hat er in den letzten Monaten kaum gesehen, aber dafür ist für ihn dieses Schiff, das hier weg muss, mehr als ein Job. Inzwischen hat er zur Costa Concordia ein nahezu zärtliches Verhältnis entwickelt:
"Ja, klar, sie ist eine Sie. Sie hat einen ordentlichen Durchfall bekommen, sie hat einen schönen Bug. Sie braucht Unterstützung durch ein Bettchen mittschiffs. Sie ist ein wenig reizbar, eindeutig eine Sie."
Und keiner weiß, wie sie auf der Seite aussieht, auf der sie jetzt liegt. Ziemlich übel wird sie aussehen – so die Prognose von Nick Sloane. Da werden noch mal größere Reparaturen fällig.
Und wenn die Aktion klappt, die noch niemand versucht hat, wenn rund 150 Hydraulikwinden gewaltige Kräfte entfalten, wenn fast 25.000 Tonnen Zugkraft das Riesenschiff aufrichten, dann ist es noch lange nicht vorbei. Denn dann muss die Costa Concordia gesichert werden, damit sie die Winterstürme übersteht. Und irgendwann im Frühjahr 2014 werden dann auch auf der Steuerbordseite 15 riesige Stahlbehälter angebracht. Und dann kann sie hoffentlich wieder schwimmen, vielleicht im nächsten Sommer.
"Ich glaube, wir sind alle Optionen durchgegangen und das ist der einzige Weg. Sie aufzurichten und außen am Schiffsrumpf neuen Auftrieb zu schaffen. Ich denke, sie wird überleben."
Auf Giglio ist das Vertrauen in das Bergungsteam groß – vielleicht auch, weil man keine andere Wahl hat. Die Insel lebt vom sauberen Meer, deshalb soll das Schiff nicht vor Ort zerlegt, sondern als Ganzes aus dem Meeresschutzgebiet abgeschleppt werden.
Und wenn es heißt, dass es bislang keine größeren Umweltschäden gab, dass alles peinlich genau überwacht wird, dass sie jetzt sogar den Meeresboden absaugen, wenn es heißt, dass hinterher, wenn das Schiff weg ist, sogar Unterwasserpflanzen neu angesiedelt werden sollen, dann sind das gute Nachrichten.
Die Ingenieure sind nun bereit für das Aufrichten des Schiffes. Und auch wenn ein Restrisiko bleibt, dass das Schiff doch noch auseinanderbricht, Sergio Girotti von "Micoperi" glaubt, man habe getan, was man konnte:
"Wir sind so sehr in die Tiefe gegangen und haben uns eine Menge von Fragen, auch unangenehme, gestellt. Wir haben so viele Vorsichtmaßnahmen eingebaut. Wir haben eine Risikoanalyse gemacht mit dem berühmten Plan B. Wir hoffen aber, dass er nicht eingesetzt werden muss."
"Ja, es gibt einiges an Risiko. Schiffe sind nicht gebaut, um auf der Seite zu liegen. Und dieses liegt nun schon 18 Monate lang auf der Seite. Sie hat Glück gehabt, dass sie sehr stabil zwischen den beiden Riffs liegt, man konnte gar keine bessere Position finden. Doch der Fels tut ihr nicht gut, es gibt viel Korrosion und Materialermüdung. Wir müssen sie so bald wie möglich aufrichten, leider 18 Monate später."
Anfangs hätte Nick Sloane nicht gedacht, dass er zwei Sommer und wohl auch zwei Winter auf Giglio bleibt. Seine Familie hat er in den letzten Monaten kaum gesehen, aber dafür ist für ihn dieses Schiff, das hier weg muss, mehr als ein Job. Inzwischen hat er zur Costa Concordia ein nahezu zärtliches Verhältnis entwickelt:
"Ja, klar, sie ist eine Sie. Sie hat einen ordentlichen Durchfall bekommen, sie hat einen schönen Bug. Sie braucht Unterstützung durch ein Bettchen mittschiffs. Sie ist ein wenig reizbar, eindeutig eine Sie."
Und keiner weiß, wie sie auf der Seite aussieht, auf der sie jetzt liegt. Ziemlich übel wird sie aussehen – so die Prognose von Nick Sloane. Da werden noch mal größere Reparaturen fällig.
Und wenn die Aktion klappt, die noch niemand versucht hat, wenn rund 150 Hydraulikwinden gewaltige Kräfte entfalten, wenn fast 25.000 Tonnen Zugkraft das Riesenschiff aufrichten, dann ist es noch lange nicht vorbei. Denn dann muss die Costa Concordia gesichert werden, damit sie die Winterstürme übersteht. Und irgendwann im Frühjahr 2014 werden dann auch auf der Steuerbordseite 15 riesige Stahlbehälter angebracht. Und dann kann sie hoffentlich wieder schwimmen, vielleicht im nächsten Sommer.
"Ich glaube, wir sind alle Optionen durchgegangen und das ist der einzige Weg. Sie aufzurichten und außen am Schiffsrumpf neuen Auftrieb zu schaffen. Ich denke, sie wird überleben."
Auf Giglio ist das Vertrauen in das Bergungsteam groß – vielleicht auch, weil man keine andere Wahl hat. Die Insel lebt vom sauberen Meer, deshalb soll das Schiff nicht vor Ort zerlegt, sondern als Ganzes aus dem Meeresschutzgebiet abgeschleppt werden.
Und wenn es heißt, dass es bislang keine größeren Umweltschäden gab, dass alles peinlich genau überwacht wird, dass sie jetzt sogar den Meeresboden absaugen, wenn es heißt, dass hinterher, wenn das Schiff weg ist, sogar Unterwasserpflanzen neu angesiedelt werden sollen, dann sind das gute Nachrichten.
Die Ingenieure sind nun bereit für das Aufrichten des Schiffes. Und auch wenn ein Restrisiko bleibt, dass das Schiff doch noch auseinanderbricht, Sergio Girotti von "Micoperi" glaubt, man habe getan, was man konnte:
"Wir sind so sehr in die Tiefe gegangen und haben uns eine Menge von Fragen, auch unangenehme, gestellt. Wir haben so viele Vorsichtmaßnahmen eingebaut. Wir haben eine Risikoanalyse gemacht mit dem berühmten Plan B. Wir hoffen aber, dass er nicht eingesetzt werden muss."
Inselbewohner wollten das Unglück nicht ausschlachten
Und die Gigliesi? Die "glückliche Ferieninsel" leidet nicht nur unter der Wirtschaftskrise, sondern auch unter der Costa Concordia. Im letzten Jahr sind 30 Prozent weniger Feriengäste gekommen. In diesem Jahr sind es am Ende vielleicht noch 15 Prozent weniger. Auch wenn das alles schon so lange dauert: Sie haben hier der Versuchung widerstanden, das vermeintlich Beste aus dem Schiff zu machen und das Unglück auszuschlachten. Don Lorenzo, der Pfarrer, ist ziemlich stolz darauf.
"Es gab Leute, die Postkarten mit T-Shirts und Andenken von der Costa machen wollten. Doch sofort, sofort, wirklich sofort wurde entschieden: Das gibt’s nicht. Um Himmels Willen! Und so war es dann auch. Es gab den Versuch, auf dem Festland, nicht hier, so etwas zu machen, um die Sache kommerziell auszubeuten. Hier haben sie sich erhoben und 'Schande' gerufen. Damit war das Thema durch."
Denn hier können sie nicht vergessen, dass in jener Nacht im Januar 2012 32 Menschen gestorben sind. Zwei Leichen sind vermutlich noch im Wrack, die will man nach der Bergung den Angehörigen übergeben – auch das hat Giglio noch vor sich.
Sergio Ortelli, der Bürgermeister schaut aus seinem Fenster auf den Hafen. Er will, dass das Schiff aus dem Blickfeld seiner Insel verschwindet. Aber das soll vor allem sicher ablaufen. Und Ortelli weiß: Dafür braucht es Zeit. Und dann, wenn die Costa Concordia dann irgendwann wirklich weg ist? Große Freude wird sich nicht breitmachen, meint der Bürgermeister nachdenklich:
"Angesichts der Tragödie kann man kein Fest feiern. Das Schiff muss geborgen werden und dann abtransportiert. Wenn das passiert ist, werden wir lediglich sagen: Wir haben es geschafft. Ein Fest wäre etwas anderes. Ein Moment der Freude, der ausdrückt, dass das ein guter Moment ist. Das Schiff und seine Tragödie waren schwierige, negative Momente. Die Insel Giglio wird kein Fest feiern."
"Es gab Leute, die Postkarten mit T-Shirts und Andenken von der Costa machen wollten. Doch sofort, sofort, wirklich sofort wurde entschieden: Das gibt’s nicht. Um Himmels Willen! Und so war es dann auch. Es gab den Versuch, auf dem Festland, nicht hier, so etwas zu machen, um die Sache kommerziell auszubeuten. Hier haben sie sich erhoben und 'Schande' gerufen. Damit war das Thema durch."
Denn hier können sie nicht vergessen, dass in jener Nacht im Januar 2012 32 Menschen gestorben sind. Zwei Leichen sind vermutlich noch im Wrack, die will man nach der Bergung den Angehörigen übergeben – auch das hat Giglio noch vor sich.
Sergio Ortelli, der Bürgermeister schaut aus seinem Fenster auf den Hafen. Er will, dass das Schiff aus dem Blickfeld seiner Insel verschwindet. Aber das soll vor allem sicher ablaufen. Und Ortelli weiß: Dafür braucht es Zeit. Und dann, wenn die Costa Concordia dann irgendwann wirklich weg ist? Große Freude wird sich nicht breitmachen, meint der Bürgermeister nachdenklich:
"Angesichts der Tragödie kann man kein Fest feiern. Das Schiff muss geborgen werden und dann abtransportiert. Wenn das passiert ist, werden wir lediglich sagen: Wir haben es geschafft. Ein Fest wäre etwas anderes. Ein Moment der Freude, der ausdrückt, dass das ein guter Moment ist. Das Schiff und seine Tragödie waren schwierige, negative Momente. Die Insel Giglio wird kein Fest feiern."