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Der letzte Arbeitstag von Christian Bode

Seit 1990 war Christian Bode Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Heuteführte er sein letztes Telefonat am alten Arbeitsplatz.

Von Antje Allroggen |
    Zu unserem Interview an seinem letzten Arbeitstag als Generalsekretär kommt Christian Bode spät in sein Büro. Draußen zeigt sich ein grauer Himmel, Nieselregen fällt in das geöffnete Fenster. Es ist nicht der schönste Tag im Arbeitsleben des scheidenden Generalsekretärs. Und auf ein weiteres Abschiedsinterview scheint er eigentlich auch keine große mehr Lust zu haben.

    "Dass Sie ausgerechnet am letzten Tag noch kommen, das ist vielleicht ein bisschen verwegen gewesen, ich war die ganze Zeit unterwegs. Und morgen bin ich schon wieder weg. (Zur Sekretärin) Ist was Besonderes, sonst machen wir eben schnell… ja, nee… jut."

    In Eile hängt er seinen Mantel in den Schrank, setzt sich an den Couchtisch und trinkt hastig eine Tasse Kaffee. Es ist noch so viel zu erledigen, noch immer warten zwei Umzugskartons, die an seinem Schreibtisch lehnen, darauf bepackt zu werden. Auf seinem Schreibtisch steht noch ein Präsent, in Zellophanfolie bepackt. Vier Mokkatassen aus braun-goldenem Glas. Daneben ein Aschenbecher mit einer gerauchten zerdrückten Zigarette. Und in den Schränken?

    "Die Schränke, ja, die Schränke. Ich habe so viele Schränke, ich habe ja nicht nur das Problem, dass ich nach 20 Jahren den DAAD verlasse, sondern auch 40 Jahre Berufsleben. (…) Ich habe alles, was so wichtig war, was meine eigenen Dinge sind, die habe ich hier raus, meine Nachfolgerin soll sich nicht beschweren dürfen, ein paar Gastgeschenke sind hier noch, die schönen Schlipse des DAAD, Jahrbücher, und allerlei sonst Nützliches, das auch meine Nachfolgerin gebrauchen kann."

    Seit 1990 war Christian Bode Generalsekretär des DAAD. Vor seiner 20-jährigen Amtszeit arbeitete der in Cottbus geborene gelernte Jurist in der Hochschulabteilung im Bundesbildungsministerium und wurde dann Generalsekretär der früheren Westdeutschen Rektorenkonferenz. Ein Bildungs- und Wissenschaftsmanager durch und durch.

    "Die 70er, da haben wir noch die stürmischen 60er verdaut, an denen ich mich noch ein bisschen beteiligt habe, in den 80ern war eher so lähmender Mehltau über allem, und in den 90ern gab es eine Explosion. Deutsche Einheit, Osteuropa, Sowjetunion, Asien, es war eine unheimlich spannende Zeit … Wir haben damals die Zahlen der Geförderten, die der DAAD unterstützt hat, die entweder von Osteuropa kamen oder nach Osteuropa gingen von 2000 auf 18.000 erhöht, und das Gute war, wir haben das nicht auf Kosten unserer früheren Freunde machen müssen, sondern haben es immer geschafft, irgendwie auch zusätzliches Geld an Land zu ziehen."

    Seit seiner Gründung im Jahr 1925 hat der DAAD fast 1,5 Millionen Akademiker unterstützt und fördert mit seinen mehr als 250 Programmen rund 55.000 Deutsche und Ausländer jedes Jahr. Unter der Amtszeit von Christian Bode wurden mehr als 100 Pogramme neu ins Leben gerufen, die Vermarktung von Bildungsangeboten gestartet und vorangetrieben.

    "Natürlich stoßen wir mit der Förderung auch an. Und es hat den einen oder anderen gegeben, der ein bisschen gestöhnt hat, dass der DAAD sich schon wieder was ausgedacht hat. (…) Und es hat auch kontroverse Dinge gegeben, denken Sie an englischsprachige Studiengänge an deutschen Hochschulen….also, mein Verdienst ist nur mitorganisiert zu haben, dass die Segel in die richtige Richtung gesetzt werden, dass der Wind, den ich nicht gemacht habe, dann auch packen konnte und uns vorangebracht hat. Außerdem ohne unsere Geldgeber läuft nichts."

    Für 2011 ist vorgesehen, den Etat des DAAD zu kürzen. Im Bereich des Auswärtigen Amtes, dem Hauptförderer der Mittlerorganisation, sollen 13 Millionen Euro weniger fließen, und das Bundesbildungsministerium plant, 20 Millionen Euro weniger an den DAAD zu zahlen.

    "Ich vertrau immer noch auf das Wort der Bundesregierung, der Koalitionsvereinbarung, dass an Bildung und Wissenschaft nicht gespart wird. Das ist das Saatgut für unsere Kinder, das darf man als allerletztes nur aufessen."

    Über seine Zeit als Ruheständler hat Christian Bode bisher noch kaum nachgedacht, dafür fehlte ihm einfach die Zeit. Sicher ist, dass er weiterhin die Richtung vorgeben möchte - aus der Perspektive eines Ruderboots hinaus.

    "Ich kann meinen Ruhestand nicht mit Rudern verbringen, aber mit Bewegung schon, und es gibt die eine oder andere Geschichte , die noch nicht spruchreif ist. (…). Ich hab's bisher so gehalten, wenn’s dann kommt, dann gestalt ich mir das, und ich bin ganz sicher, dass das auch gelingt."

    Sprach's und verabschiedete die Journalistin, um ein letztes Telefonat entgegen zu nehmen.