"Es erfüllt mich mit Stolz, hier als Außenminister des vielleicht einzigen Landes in der Welt zu stehen, in dem ein Adoptivbürger die Tätigkeit und die Verantwortung übernehmen kann, die ich ausüben durfte."
Unverkennbar: Henry Kissinger. Der Adoptivbürger war hörbar bewegt, als er im Dezember 1975 im Stadttheater Fürth anlässlich der Überreichung der goldenen Bürgermedaille an ihn das Wort ergriff. Bis heute ist er seiner Heimatstadt und dem städtischen Fußballclub verbunden geblieben. Es wird ihn im Jahr seines 90. Geburtstags nicht amüsieren, dass die Spielvereinigung Greuther Fürth aus der 1. Bundesliga absteigt.
Heinz Alfred Kissinger kam am 27. Mai 1923 als Sohn des am Fürther Mädchenlyzeum unterrichtenden Oberlehrers Louis Kissinger und seiner Frau Paula zur Welt. Paula war es, die im August 1938 die Flucht für die Familie in die USA organisierte. Gerade noch rechtzeitig – elf Verwandte der Kissingers wurden von den Nazis ermordet. Die Kindheits- und Jugendjahre im braunen Fürth hätten ihm vor allem, so Kissinger,
"gezeigt, wie wichtig die Freiheit ist. Wenn meine linksgerichteten Kollegen in Harvard tobten über den Faschismus in Amerika, konnte ich innerlich nur lachen. Ich lebte unter dem Faschismus."
Nach seiner Einbürgerung in die USA 1943 und seiner Dienstzeit in der Army beginnt seine beispiellose Karriere. Das Studium in Harvard schließt er mit einer brillanten Dissertation über die Neuordnung Europas nach den napoleonischen Kriegen ab. 1969 zunächst nationaler Sicherheitsberater Richard Nixons, wird er am 23. September 1973 als Außenminister vereidigt.
Ein scharfer Analytiker, ganz orientiert an dem, was er unter Realpolitik versteht, ein Anhänger der Mäßigung und des Ausgleichs. Auf der Grundlage dieser Prinzipien entwickelt er sich zum Meister der Geheimdiplomatie. Ihm gelingt unter anderem und trotz aller ideologischen Gegensätze die Öffnung der USA gegenüber China. Er leitet den amerikanisch-sowjetischen Abrüstungsprozess ein, der letztlich auch die Entspannungspolitik und die Ostpolitik Willy Brandts ermöglicht. Gewohnt nüchtern konstatiert er in seiner Abschiedsrede als Außenminister im Januar 1977:
"Heute stehen wir zum ersten Mal in unserer Geschichte vor der Tatsache, dass die Herausforderung unbegrenzt ist. Wir müssen lernen, Außenpolitik zu betreiben in dem Bewusstsein der nötigen Selbsterhaltung. Und in der Erkenntnis, dass die Reichweite unserer nationalen Zielsetzung ihre Grenzen hat. Das ist für Amerika eine neue Erfahrung. Sie löst Heimweh nach einer einfachen Vergangenheit aus."
Kissinger und die von ihm praktizierte Außenpolitik bildeten indessen auch einen Teil dieser "einfachen Vergangenheit". Sie hatte ihr brutales Gesicht während des Kalten Krieges vor allem im heißen Krieg in Vietnam gezeigt.
"Ich weigere mich einfach anzuerkennen, dass eine kleine, viertklassige Macht wie Nordvietnam keinen "Breaking point" hat."
So Kissinger im Sommer 1969 in einer nicht öffentlichen und daher auch ganz unverblümten Bemerkung gegenüber Präsident Nixon. Doch allein mit einem um Jahre verlängerten Krieg, so der Historiker und Politikwissenschaftler Bernd Greiner,
"schien das persönliche Prestige des Präsidenten als geschickter Krisenmanager und großer Kriegsherr garantiert."
Und Kissinger erwies sich in der Verfolgung dieses Ziels als kompetenter Ratgeber. Auch er ist für die bis dahin schwersten amerikanischen Luftangriffe auf Nordvietnam im Mai und Dezember 1972 verantwortlich.
Seither mehren sich die dunklen Flecken auf der Weste des Großdiplomaten, dessen Einfluss hinter den Kulissen auch nach seinem Abschied aus der Politik unübersehbar ist. Seine Beteiligung am Sturz des chilenischen Präsidenten Salvador Allende, die geheimen Bombardements von Laos und Kambodscha, die Unterstützung für den indonesischen Einmarsch in Ost-Timor und die folgenden Menschenrechtsverletzungen – die Liste wird länger. Manche sprechen da von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, für die Kissinger mittelbar verantwortlich sein soll.
Das ist vermutlich abwegig. Der Journalist und Autor Leslie Gelb bringt Kissingers Rolle als aktiver Außenpolitiker in den 1970er-Jahren auf den Punkt:
"Seine Rhetorik war ein Wunder an Mäßigung und Vision, voller Achtung vor Moral und menschlichen Werten. Seine Handlungen aber schienen davon oft weit entfernt."
In Henry Kissingers intellektueller Potenz und seinem diplomatischen Können verkörpert sich allerdings auch der Verlust, den seine Heimat durch die Vertreibung und Ermordung der Juden erlitten hat.
Unverkennbar: Henry Kissinger. Der Adoptivbürger war hörbar bewegt, als er im Dezember 1975 im Stadttheater Fürth anlässlich der Überreichung der goldenen Bürgermedaille an ihn das Wort ergriff. Bis heute ist er seiner Heimatstadt und dem städtischen Fußballclub verbunden geblieben. Es wird ihn im Jahr seines 90. Geburtstags nicht amüsieren, dass die Spielvereinigung Greuther Fürth aus der 1. Bundesliga absteigt.
Heinz Alfred Kissinger kam am 27. Mai 1923 als Sohn des am Fürther Mädchenlyzeum unterrichtenden Oberlehrers Louis Kissinger und seiner Frau Paula zur Welt. Paula war es, die im August 1938 die Flucht für die Familie in die USA organisierte. Gerade noch rechtzeitig – elf Verwandte der Kissingers wurden von den Nazis ermordet. Die Kindheits- und Jugendjahre im braunen Fürth hätten ihm vor allem, so Kissinger,
"gezeigt, wie wichtig die Freiheit ist. Wenn meine linksgerichteten Kollegen in Harvard tobten über den Faschismus in Amerika, konnte ich innerlich nur lachen. Ich lebte unter dem Faschismus."
Nach seiner Einbürgerung in die USA 1943 und seiner Dienstzeit in der Army beginnt seine beispiellose Karriere. Das Studium in Harvard schließt er mit einer brillanten Dissertation über die Neuordnung Europas nach den napoleonischen Kriegen ab. 1969 zunächst nationaler Sicherheitsberater Richard Nixons, wird er am 23. September 1973 als Außenminister vereidigt.
Ein scharfer Analytiker, ganz orientiert an dem, was er unter Realpolitik versteht, ein Anhänger der Mäßigung und des Ausgleichs. Auf der Grundlage dieser Prinzipien entwickelt er sich zum Meister der Geheimdiplomatie. Ihm gelingt unter anderem und trotz aller ideologischen Gegensätze die Öffnung der USA gegenüber China. Er leitet den amerikanisch-sowjetischen Abrüstungsprozess ein, der letztlich auch die Entspannungspolitik und die Ostpolitik Willy Brandts ermöglicht. Gewohnt nüchtern konstatiert er in seiner Abschiedsrede als Außenminister im Januar 1977:
"Heute stehen wir zum ersten Mal in unserer Geschichte vor der Tatsache, dass die Herausforderung unbegrenzt ist. Wir müssen lernen, Außenpolitik zu betreiben in dem Bewusstsein der nötigen Selbsterhaltung. Und in der Erkenntnis, dass die Reichweite unserer nationalen Zielsetzung ihre Grenzen hat. Das ist für Amerika eine neue Erfahrung. Sie löst Heimweh nach einer einfachen Vergangenheit aus."
Kissinger und die von ihm praktizierte Außenpolitik bildeten indessen auch einen Teil dieser "einfachen Vergangenheit". Sie hatte ihr brutales Gesicht während des Kalten Krieges vor allem im heißen Krieg in Vietnam gezeigt.
"Ich weigere mich einfach anzuerkennen, dass eine kleine, viertklassige Macht wie Nordvietnam keinen "Breaking point" hat."
So Kissinger im Sommer 1969 in einer nicht öffentlichen und daher auch ganz unverblümten Bemerkung gegenüber Präsident Nixon. Doch allein mit einem um Jahre verlängerten Krieg, so der Historiker und Politikwissenschaftler Bernd Greiner,
"schien das persönliche Prestige des Präsidenten als geschickter Krisenmanager und großer Kriegsherr garantiert."
Und Kissinger erwies sich in der Verfolgung dieses Ziels als kompetenter Ratgeber. Auch er ist für die bis dahin schwersten amerikanischen Luftangriffe auf Nordvietnam im Mai und Dezember 1972 verantwortlich.
Seither mehren sich die dunklen Flecken auf der Weste des Großdiplomaten, dessen Einfluss hinter den Kulissen auch nach seinem Abschied aus der Politik unübersehbar ist. Seine Beteiligung am Sturz des chilenischen Präsidenten Salvador Allende, die geheimen Bombardements von Laos und Kambodscha, die Unterstützung für den indonesischen Einmarsch in Ost-Timor und die folgenden Menschenrechtsverletzungen – die Liste wird länger. Manche sprechen da von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, für die Kissinger mittelbar verantwortlich sein soll.
Das ist vermutlich abwegig. Der Journalist und Autor Leslie Gelb bringt Kissingers Rolle als aktiver Außenpolitiker in den 1970er-Jahren auf den Punkt:
"Seine Rhetorik war ein Wunder an Mäßigung und Vision, voller Achtung vor Moral und menschlichen Werten. Seine Handlungen aber schienen davon oft weit entfernt."
In Henry Kissingers intellektueller Potenz und seinem diplomatischen Können verkörpert sich allerdings auch der Verlust, den seine Heimat durch die Vertreibung und Ermordung der Juden erlitten hat.