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Der Meistertitel im Handwerk
Zwischen Gütesiegel und Zwang

Der Meistertitel ist die heilige Kuh des deutschen Handwerks. Nur wer ihn hat, darf sich selbständig machen und ausbilden. Die EU aber hobelt an den Bestimmungen, um es Handwerkern aus dem Ausland leichter zu machen. Welchen Sinn macht der deutsche Meister heute also noch?

Von Karsten Böhne |
    Junger Auszubildender im Handwerk arbeitet mit dem Bohrer.
    Zahlt sich der Meisterbrief aus? (picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte)
    Weiße Arbeitshose, grauer Pullover, das lange braune Haar zusammengebunden. Mit der linken Hand hält die 19-jährige Isabell Meder die hellbraune Holzleiste fest, die unter der Ständerbohrmaschine liegt. Mit der rechten bedient sie das Gerät, der Bohrer saust nach unten und schraubt sich in das Holz hinein. Später wird dies einmal der Sockel eines Einbauschrankes, Millimeterarbeit.
    "Also dass man halt genau die Löcher bohrt, genau anreißt und dass das alles genau zusammenpasst sage ich mal, darauf kommt es an."
    Isabell Meder ist im zweiten Lehrjahr zur Schreinerin, die meisten Azubis sind männlich, als Frau ist sie aber noch immer die Ausnahme. Trotzdem war nach der Mittleren Reife klar, dass sie genau diesen Beruf ergreifen will
    "Man macht nicht jeden Tag das Gleiche ,also es ist sehr abwechslungsreich und ich finde das macht den Beruf einfach aus."
    Das mit dem Bohren klappt schon ganz gut. Trotzdem gibt es noch ein paar Tipps von Stefan Strauß. Mit gerade mal 25 Jahren ist er Meister und damit auch als Ausbilder tätig.
    "Was ist jetzt der nächste Schritt?"
    "Als nächste bohre ich die Querstücke, dann klopfe ich da meinen Dübel rein und dann stecke ich probehalber mal zusammen und schaue ob alles passt und dann geht es ans Verleimen."
    "Genau, die Gehrung hast du schon eingefräst, das passt und das vordere ist auch schon gebohrt, sehr gut."
    Eine Tradition, seit dem Mittelalter
    Stefan Strauß ist einer der fünf Meister der Schreinerei Korder in Insignen bei Rothenburg ob der Tauber. Das Unternehmen fertigt Möbelstücke und kümmert sich um den kompletten Innenausbau von Immobilien. Der Schreiner fällt in die sogenannte Anlage A der Handwerksordnung. Dazu gehören die Berufe, in denen es besonders viele Auszubildende gibt oder die als gefahrengeneigt gelten, wo also die Verbraucher in besonderer Weise geschützt werden müssen. Betroffen sind 41 Berufe, wie Bäcker, Elektrotechniker oder Dachdecker. Die Anlage-A-Berufe umfassen rund 80 Prozent aller Handwerker. Wer sich hier selbständig machen und ausbilden will, braucht normalerweise einen Meistertitel. Der Meister als typisch deutsches Qualitätsmerkmal, eine Tradition, die seit dem Mittelalter besteht.

    Stefan Strauß ist nur ein paar Jahre älter als die Azubis, an die er sein Wissen weitergibt. Er arbeitet viel im Büro, berät Kunden, plant Aufträge, die seine Kollegen dann ausführen, ein Job mit Verantwortung. Gerade hantiert er im Maschinenraum, wo große Geräte das Holz zurechtschneiden.
    Eine Tischlerin schneidet ein Stück Holz zu.
    Eine Tischlerin bei der Arbeit (picture alliance / dpa / Horst Ossinger)
    Zum Beispiel die CNC-Arbeitsstation, die kann Holz bohren und fräsen, eine Art Alleskönner. Doch bevor er das Werkstück auflegt, muss Stefan Strauß die Maschine programmieren. Die moderne Schreinerei ist digital.
    "Länge Breite, Stärke meines Werkstückes gebe ich jetzt ein, übernehme das, dann kommen meine Makros, meine Bohrungen, die sind schon hinterlegt und die werde ich nacheinander eingeben."
    Nach seiner Ausbildung zum Schreiner wollte Stefan Strauß sich weiterentwickeln und hat er sich deshalb für den Meisterkurs entschieden. Eineinhalb Jahre Vollzeit, zwei Drittel davon Theorie, ein Drittel Praxis. Eine anstrengende Zeit, in der er viel gelernt hat.
    "Zum Beispiel auch die Auszubildenden, wie man die richtig behandelt, das ist ein Teil. Dann Buchhaltung, Buchführung, das gehört natürlich auch alles dazu, Kalkulationen erstellen, das spielt alles eine Rolle. Und dann in den praktischen Teilen da lernt man dann komplexe Abläufe, wie Formverleimungen, zum Beispiel rundgeschwungene Tresen."
    Die Fräse legt los und schneidet millimetergenau die Tür zurecht.
    Basis für deutsche Handwerksqualität
    Die Chefin von Stefan Strauß hat ihr Büro im Nebengebäude, mitten im Ausstellungsraum der Firma, um sie herum stehen viele Küchen und verschiedene Mustertüren, die das Sortiment zeigen. Claudia Korder, Anfang 50, sitzt an ihrem großen, schräggestellten Zeichenbrett und fährt mit Lineal und Bleistift über das Papier. Vor sich hat sie den Grundriss einer Wohnung und plant den Innenausbau.
    "Wenn der Grundriss so steht, dann gibt es die Entwurfsgeschichte, wie ist die Nutzung, machen wir einen Schubkasten mit Zugriff von vorne, lassen wir den Schubkasten hinter der Tür verschwinden, das ist das, was man hier als Meister und Planer im Innenausbau ausführt für den Kunden."
    Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Firma mit 24 Mitarbeitern, von denen vier Azubis sind. Beide sind Schreinermeister und haben ein Studium zum staatlich geprüften Gestalter abgeschlossen. Über dem Computer von Claudia Korder hängt ihr gerahmter Meisterbrief an der Wand.
    "Ich würde dieses Ausbildungssystem gerne weiter schützen mit dem Meistertitel, weil ich dann einfach denjenigen, die Menschen ausbilden, ein Grundrüstzeug mitgebe, um einfach ein gewissen Niveau, ein gewisses Level zu halten."
    Der Meisterbrief als bewährte Basis für deutsche Handwerksqualität. Viele Handwerker und Meister loben ihn, es gibt aber auch viele Kritiker. Aus deren Sicht soll sich jeder selbständig machen dürfen, eine freie Berufswahl sollte auch für Handwerker gelten. Auch die EU-Kommission sägt immer mehr am deutschen Meistertitel. Grund ist das so genannte Dienstleistungspaket, mit dem die Kommission es Arbeitnehmern aus dem Ausland erleichtern will, sich selbständig zu machen. So fordern die Politiker in Brüssel, dass die Staaten den Zugang zu einzelnen Berufen überdenken sollen. Das deutsche Handwerk wiederum geht auf die Barrikaden und fürchtet, dass die Bedeutung des Meisterbriefes geschwächt wird. Die deutschen Handwerkslobbyisten sind auch deshalb alarmiert, weil sie bereits eine große Reform hinter sich haben, die aus Ihrer Sicht der Qualität des Handwerks geschadet hat. 2004 ist in über 50 Berufen die Meisterpflicht gefallen. Seitdem können sich zum Beispiel Gebäudereiniger, Raumausstatter oder Fliesenleger auch ohne Meister selbständig machen.
    So wie Dariusz Stachowiak. Der polnische Fliesenleger kniet im leeren Bad einer Doppelhaushälfte in Kirchheim bei München. Das Haus wird kernsaniert, die Bodenbeläge fehlen, überall steht Werkzeug herum. Mit einem Spachtel holt der 39-jährige braunen Kleber aus einem Eimer und bestreicht damit eine Fliese.
    "Solche Fliesen wie das was wir jetzt haben, da ist ein Pfeil drauf, damit man weiß in welche Richtung man die Fliesen verlegen muss."
    Profis, keine Hobbyhandwerker
    Dariusz Stachowiak schiebt die graue Bodenfliese vorsichtig an die anderen heran und klopft sie fest, neben ihm liegen Wasserwaage, Gummihammer und Schwamm. Mit dem wischt er die Fugen und Fliesen ab.
    "Wenn der Kunde kommt, dann sieht er wir sind Profis und nicht irgendwelche Hobbyhandwerker."
    Ein Mann im orangefarbenen T-Shirt verlegt große graue Fußbodenfliesen in einem Bad.
    Fliesenleger brauchen seit 2004 keinen Meisterbrief mehr (dpa / Patrick Pleul)
    Er ist Profi, darauf legt Dariusz Stachowiak Wert, auch wenn er keinen Meister hat, er hat noch nicht einmal eine Ausbildung in dem Beruf gemacht. In Polen hat er Soziologie und Marketing studiert, hat sich seinen Lebensunterhalt auf Baustellen verdient und gemerkt, dass ihm das Handwerk mehr liegt. Als 2004 bei den Fliesenlegern der Meisterzwang fiel, ist kam er nach Deutschland und hat sich selbständig gemacht.
    "Ich lege schon die Fliesen seit 20 Jahren. Viel habe ich damals in Polen gelernt, den Rest die Qualität habe ich hier gelernt,, was ist wichtig, welche Normen gibt es auf dem Markt, auf was muss man achten, um sich als Profi zu zeigen."
    Um alles richtig zu machen besucht Dariusz Stachowiak regelmäßig Schulungen. Auf denen zeigen die Produkthersteller, wie sich Fehler vermeiden lassen. Das Geschäft läuft hervorragend und das führt der gebürtige Pole auch auf seine gute Arbeit zurück.
    "Ohne Qualität wenn man macht irgendwelchen Pfusch auf der Baustelle, dann beschwert sich der Kunde und dann verlieren wir den Kunden sofort. Wir sind jetzt momentan sieben Monate ausgebucht."
    Doch so gut läuft es nicht in allen zulassungsfreien Betrieben. Im Gegenteil, viele machen schon nach kurzer Zeit wieder zu, weil Qualifikation und Erfahrung fehlen. So hat das volkswirtschaftliche Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen herausgefunden, dass fünf Jahre nach der Gründung nicht einmal mehr 50 Prozent der Betriebe existieren. Bei den Berufen mit Meisterpflicht sieht es anders aus. Hier existieren nach fünf Jahren noch etwa 70 Prozent. Da zahlt sich aus, dass Meister auch in Betriebswirtschaft ausgebildet werden, lernen wie man kalkuliert und am Markt überlebt, dazu kommt die fachliche Ausbildung. Aber Meister bedeutet nicht automatisch gute Qualität, ist Dariusz Stachowiak überzeugt.
    "Ich kenne Firmen da sitzt der Meister nur im Büro. der sieht seine Mitarbeiter den ganzen Tag nicht, Wie soll er eine Qualität prüfen?"
    Deutschland ist seine Heimat geworden, mit Frau und Kind hat er sich hier eine Existenz aufgebaut. Eine Existenz, die bedroht sein könnte. Denn die Verbände verschiedener Handwerke diskutieren darüber, die Meisterpflicht wieder einzuführen, auch bei den Fliesenlegern.
    Instrumentalisierung des Titels?
    "Was soll ich da sagen, wenn jetzt von mir der Meisterbrief verlangt wird, dann heißt das ich muss meine Firma schließen, das wird dann nicht so ganz toll."
    Sagt Dariusz Stachowiak und greift sich seinen Winkelschleifer um eine Fliese, die im Türbereich verlegt wird, genau zurechtzuschneiden. Wollen sich die Handwerkskammern und die alteingesessenen Betriebe also vor allem Konkurrenten vom Leib halten? Instrumentalisieren sie den Meistertitel dazu, um sich selbst zu schützen? Franz Xaver Peteranderl ist nicht nur der Präsident des Bayerischen Handwerkstages und der Kammer für München und Oberbayern, er ist auch Bauunternehmer. Seine Mitarbeiter sanieren gerade ein denkmalgeschütztes Haus im eleganten Münchner Stadtteil Nymphenburg. Franz Xaver Peteranderl steigt dort die Kellertreppe hinunter. Fünf Mitarbeiter legen in dem Keller ein neues Fundament, sie tragen Kies nach oben, in der Mitte des Raumes stapeln sich gelbe Säcke mit Trockenbeton. Sooft er Zeit findet, schaut Franz Xaver Peteranderl auf seinen Baustellen vorbei. Der Meisterbrief ist für ihn die beste Möglichkeit, um die Qualität im Handwerk zu sichern.
    "Das ist ja auch ein wichtiger Punkt im Handwerk, dass der Meister der Ausbilder des Nachwuchses von Fachkräften ist. Und das wird oft übersehen, dass hier praktisch ein Vermittler von Fachwissen an die nächste Generation herangebildet wird."

    In den Berufen mit Meisterzwang bildet jeder fünfte Betrieb aus, in den zulassungsfreien Gewerken ist es nicht einmal jeder dreißigste. Denn viele Inhaber haben keine Ausbildungsberechtigung, die ja in der Regel mit der Meisterprüfung erworben wird. Außerdem gibt es viele Ein-Mann-Unternehmen, Einzelkämpfer, die überhaupt kein Interesse daran haben, Lehrlinge zu betreuen. Deshalb pocht Franz Xaver Peteranderl auf den Meisterbrief. Das deutsche Ausbildungssystem, in dessen Mittelpunkt der Meister steht, sei auch der Grund für die im EU-Vergleich geringe Jugendarbeitslosigkeit, sagt er. Aber was ist mit den Handwerkern, die sich auch ohne Meisterbrief selbständig machen wollen?
    Ein Handwerker bringt auf einem Baugrundstück Dämmmaterial an.
    Ein Handwerker bringt auf einem Baugrundstück Dämmmaterial an. (dpa / picture alliance / Oliver Berg)
    "Ich kann sie verstehen. Aber ich glaube, es würde keiner unserer Mitbürger verstehen wenn ein Chirurg nicht eine qualifiziert Ausbildung hätte. Vom Handwerklichen her ist der Chirurg und der Metzger nicht weit auseinander."
    Gegner des Meisterzwanges argumentieren: Jeder sollte sich selbständig machen dürfen. Wer einen Meisterbrief hat, kann ja damit werben. Die Kunden können sich dann entscheiden, ob sie zum Meisterbetrieb gehen und ein bisschen tiefer in die Tasche greifen oder ob sie den Handwerker ohne Titel nehmen und eventuell ein Risiko eingehen. Das Problem, so der Handwerkspräsident: Viele Verbraucher würden vor allem auf den Preis achten - und das sei gefährlich.
    "Als Verbraucher beschäftige ich zum Beispiel einen Fliesenleger ein-, zweimal in meinem Leben. Und wenn ich genau in dem Moment dann den falschen bekomme, dann investiere ich sehr viel Geld und erhalte keine saubere Qualität."
    Qualitätssicherung und Verbraucherschutz
    Im Keller des Nymphenburger Hauses hat inzwischen einer der Mitarbeiter einen Elektrobohrhammer angeworfen, um die Kiesschicht zu lockern. Auf vielen Baustellen ist kein Chef, wie Franz Xaver Peteranderl, vor Ort, da sind Gesellen und Facharbeiter unter sich. Kann da ein Meister überhaupt die Qualität der Arbeit kontrollieren?
    "Das kann er schon, denn er steht mit seinem Namen und seinem Ruf für diese Qualität und er ist interessiert – genauso wie ich auch in meinem Unternehmen -, dass die Mitarbeiter Fortbildungen durchlaufen, dass er die Mitarbeiter entsprechend führt und sich einen Stamm an Vorabreitern oder Mitarbeiter mit höhere Qualifikation heranzieht, die dann die Baustelle führen, wenn er nicht vor Ort ist."
    Das Handwerk will also daran festhalten, dass der Meisterbrief in vielen Berufen Voraussetzung ist, um sich selbständig zu machen. Um die Verbraucher zu schützen und das Ausbildungssystem zu stärken. Doch diese Regelung kann auch das Lebenswerk von Menschen bedrohen, die mit Herz und Seele Handwerker sind.
    Ein Kfz-Mechaniker hält in einer Autowerkstatt in Berlin eine Zange.
    Ein Kfz-Mechaniker in einer Autowerkstatt (picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert)
    Von Menschen wie Michael Bühler. Mit Norwegerpulli und Jeans bekleidet sitzt der 59-jährige in seiner Motorradwerkstatt in einem Hinterhof in München-Ramersdorf. Er schraubt an einem Motor herum, der vor ihm auf der Werkbank liegt. Schraubenschlüssel, Hämmer und Zangen hängen ordentlich aufgereiht an der Wand. Mit 17 hat er angefangen Motorräder zu reparieren, hat sich alles selbst beigebracht.
    "Das ist mein Wohnzimmer. Das ist mein ganzer Luxus. Während des Studiums, während die anderen gearbeitet haben und von dem Geld in Urlaub gefahren sind, habe ich auch gearbeitet und habe mir die Werkstatt hier aufgebaut. Das hier ist schon ziemlich mein Leben."
    Michael Bühler arbeitet hauptberuflich als Geologe, hat sein Zweiradhobby aber immer weiter ausgebaut, Anfang der nuller Jahre hat er begonnen, Ersatzteile für alte Motorräder zu verkaufen und Oldtimer auch für Kunden zu reparieren. Vor eineinhalb Jahren schwärzte ihn dann ein Nachbar beim Kreisverwaltungsreferat an. Es kam heraus, dass er eine Werkstatt ohne Meisterbrief betreibt. Die Handwerkskammer schlug ihm vor, eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Michael Bühler holt einen Ordner, öffnet ihn und liest vor.
    "Ausnahmebewilligung nach Paragraf 8 Handwerksordnung. Und zwar Reparatur von Oldtimermotorrädern vor Baujahr 75. Den Antrag habe ich bei der Handwerkskammer gestellt, die Handwerkskammer hat das dann umformuliert auf Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Zweiradmechanikerhandwerk, beschränkt auf Krafträder ohne Eingriff in die Elektrik. Das ist die Ankündigung für die Theorieprüfung."
    Er bereitete sich vor und bezahlte für die Prüfung 1400 Euro. Den Praxisteil bestand er ohne Probleme, in der Theorie fiel er jedoch knapp durch.
    Antrag auf Ausnahmebewilligung
    "Das ist jetzt momentan der Stand der Dinge, weil ich mich da leicht ungerecht behandelt fühle, dass in der theoretischen Prüfung - wegen der ich dann durchgefallen bin - Fragen über Elektrik und Elektronik und auch über neuere Motorräder wie Abgaskatalysatoren, schwimmende Bremsscheiben und so weiter gestellt wurden oder Elektronik, was an alten Motorrädern nie verbaut wurde bis Baujahr 75."
    Michael Bühler wirkt verzweifelt, seine Lebenswerk steht auf der Kippe. Seinem Betrieb droht das Aus.
    "Ich denke mir ich nehme hier niemandem Arbeit weg. Ich mach meinen Job, glaube ich, gut. Ich habe auch diverse Empfehlungsschreiben von Kunden an die Handwerkskammer mitgeschickt und auch die Schweißkurse und was ich gemacht habe, das empfinde ich als ungerecht, diesen Betrieb hier zuzumachen, ich meine das ist eine Einmann-Firma. Was habe ich für nen Umsatz ein paar tausend Euro im Jahr, aber ich bin darauf angewiesen."
    Lehrling und Meister in der Werkstatt.
    Lehrling und Meister in der Werkstatt. (picture alliance / dpa/ Sebastian Kahnert)
    Aber dann kam doch noch die Wendung zum Positiven. Nach der Beschwerde Bühlers lenkte die Handwerkskammer ein und erteilte ihm schließlich die Ausnahmebewilligung.
    Zurück zur Schreinerei Korder nach Insingen, zurück in eine ganz andere Welt, digitale CNC-Fräsen, modernste Technik und ein Meisterehepaar, das den Betrieb führt. Firmenchefin Claudia Korder nimmt lächelnd ein gerahmtes Plakat in die Hand. Die Überschrift: "Wir sind stolz auf unsere Ausbildung." Darunter sind die Namen ihrer Lehrlinge ausgeführt, die in den vergangenen Jahrzehnten auf Kammer-, Landes- und Bundesebene ausgezeichnet wurden, immerhin jeder zweite.
    "Da dürfen wir schon stolz drauf sein, dass wir so viele Lehrlinge haben, die wie hier aufführen können. Ich denke, der Schnitt mit der Qualität ist schon ein bisschen über dem Durchschnitt."
    Das Plakat soll demnächst im Eingangsbereich der Schreinerei angebracht werden, die Ausbildung als Aushängeschild. Genau wie die angestellten Meister, die in ihrem Unternehmen eine wichtige Rolle übernehmen.
    "Wir setzen darauf, dass die innerhalb unseren Betriebes die Verantwortung mit übernehmen. Und alles was uns entlastet, meinen Mann und mich, ist natürlich hilfreich. Und das sind Personen, wo wir sagen, wenn du den Meister hast, musst du auch versuchen den auszufüllen."
    Was Claudia Korder besonders freut, auch ihre Tochter wird Schreinermeisterin, nächstes Jahr beginnt sie mit dem Kurs, danach will sie in den Betrieb einsteigen und ihn dann vielleicht auch irgendwann übernehmen.