So manchem Follower geht es weniger darum, die Gedanken des Papstes an sich kennenzulernen, als vielmehr der Schönheit der lateinischen Sprache neu zu begegnen. Und auch in den Latein-Unterricht halten die Tweets des Papstes bereits Einzug.
Latein ist die offizielle Sprache des Vatikan. Sogar Geldautomaten sind dort lateinisch beschriftet. Doch als der heute emeritierte Papst Benedikt XVI. im vergangenen Jahr in acht Sprachen zu twittern begann, fehlte Latein.
"Eine Menge Leute haben uns geschrieben und gefragt: Latein ist die offizielle Sprache des Vatikan, wir wünschen uns, dass er auf Latein twittert. Und so wurde dieser Account nachträglich hinzugefügt."
Daniel Gallagher arbeitet im Lateinbüro des vatikanischen Staatssekretariats. Zusammen mit sechs weiteren Kollegen übersetzt der 43-jährige Geistliche aus Pittsburg alle offiziellen Verlautbarungen des Papstes ins Lateinische - auch dessen Tweets.
"Auf Latein kann man vieles sehr kurz und knapp sagen. Im Grunde wurden lateinische Tweets sogar von einem der antiken Römer erfunden: dem Satiriker Martial. Der schrieb im ersten Jahrhundert nach Christus bücherweise Epigramme von meist nicht mehr als 80 Zeichen. Das waren im Grunde Tweets – und zwar ziemlich clevere Tweets."
Etwa 5000 Follower hatte der Vatikan sich für seinen lateinischen Twitter-Kanal erhofft. Inzwischen bekommen rund 150.000 Menschen die lateinischen Kurznachrichten des Papstes regelmäßig auf ihr Handy. Und das sind keineswegs nur Traditionalisten sagt Daniel Gallagher.
"Es sind Leute aus Europa ebenso, wie aus islamischen Ländern oder israelische Juden. Wir haben Stichproben ihre Zugangsdaten genommen und festgestellt, dass sie allen Altersklassen angehören und aus den unterschiedlichsten Gründen auf den Latein-Account abonniert sind. Einige übersetzen die lateinischen Tweets weiter in ihre Muttersprachen, vor allem wenn wir für die keine eigenen Accounts haben, zum Beispiel ins Russische."
Daniel Gallagher geht es neben dem Inhalt der Tweets aber auch um die Schönheit des Lateinischen:
"Wir wollen in einem Tweet nicht nur den Gedanken des Papstes ausdrücken, sondern die Follower auch für die Sprache interessieren und ihnen etwas zum Knobeln geben. Manchmal sind unsere Tweets eine echte Herausforderung. Es haben sich auch schon Leute deshalb beschwert."
Die 23-jährige US-Amerikanerin Caitlin Campbell ist vor allem aus linguistischem Interesse auf dem Twitter-Account des Papstes abonniert. Die High-School-Lehrerin verwendet die Kurzbotschaften selbst im Unterricht.
"Das Latein, das ich auf der Highschool kennengelernt habe, war von Julius Cäsar, Historikern, antiken Autoren. Deshalb ist es für mich sehr wichtig zu sehen, wie die Sprache in einem modernen Kontext benutzt wird. Wir können ja nicht zu McDonald’s gehen und die Speisekarte auf Latein lesen. Ich benutze die Papst-Tweets auch, um meinen Schülern zu zeigen: Die Sprache, die ihr lernt, lebt und ist wichtig, Leute schreiben damit. Ich zeige die Kurznachrichten im Unterricht und die Schüler üben damit auch, besser Latein zu lesen."
Viele deutsche Latinisten stehen dieser Idee eher skeptisch gegenüber. Schade, findet der Göttinger Historiker Timo Kirschberger. Auch er liest fast täglich die lateinischen Kurzbotschaften aus dem Vatikan.
"Ich hatte das Glück, ab der 7. Klasse Latein zu haben und auch Latein als Leistungskurs und ich habe mich auch damals schon eher für das mittelalterliche und für das neuere Latein interessiert. Insofern hätten mir die Tweets wahrscheinlich auch damals schon Spaß gemacht, weil das eben die Lebendigkeit der Sprache bis heute eigentlich zeigt, und dass man sich nicht nur mit alten Römern beschäftigen muss, die schlimmstenfalls vor über 2000 Jahren gestorben sind. Man darf nicht vergessen: Das ist die Sprache, in der die Kirche nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches das Wissen, die Wissenschaft, Forschung, Kultur, Philosophie der Antike bewahrt hat, durch die schwierigen Zeiten des Frühmittelalters und da gab es eigentlich eine ziemlich lückenlose Kontinuität bis ins 20. Jahrhundert. Und ich finde es gut, dass die Kirche zumindest das noch wach hält. Vielleicht wird sie es auch über das momentane 'dark age', zumindest das Lateinische 'dark age' retten, so wie sie es im Frühen Mittelalter gemacht hat."
Bleibt noch zu klären: Was heißt eigentlich Tweet oder Twitter auf Latein? Darüber haben sich die Mitarbeiter im Lateinbüro des Vatikan, wie Daniel Gallagher, länger den Kopf zerbrochen.
"Wenn man Latein sprechen und schreiben will, muss man Ausdrücke wählen, die ihre Wurzeln in bei antiken Autoren haben; gleichzeitig muss man neue moderne Worte erfinden. Das Wort 'Tweet' hat ja ursprünglich nichts mit Vogelgezwitscher zu tun. Dafür gibt es natürlich lateinische Worte: 'pipare', 'pipilare'. Aber 'Pontifex Maximus pipilate' klingt einfach albern."
Die Lösung lieferte schließlich ausgerechnet Cicero.
"Irgendjemandem fiel ein, dass Cicero einmal einen Brief an Atticus mit dem Satz begann: 'Tempus quidem impsum me breviloquentem facit' – was etwa bedeutet: 'Die Zeit selbst drängt mich, mich kurz zu fassen'. Und da hatten wir den Namen für den Twitter-Account des Papstes: 'Summi Pontificis Breviloquentis – Der Papst fasst sich kurz'. Und das haben wir uns nicht irgendwie ausgedacht; es stammt von Cicero."
Latein ist die offizielle Sprache des Vatikan. Sogar Geldautomaten sind dort lateinisch beschriftet. Doch als der heute emeritierte Papst Benedikt XVI. im vergangenen Jahr in acht Sprachen zu twittern begann, fehlte Latein.
"Eine Menge Leute haben uns geschrieben und gefragt: Latein ist die offizielle Sprache des Vatikan, wir wünschen uns, dass er auf Latein twittert. Und so wurde dieser Account nachträglich hinzugefügt."
Daniel Gallagher arbeitet im Lateinbüro des vatikanischen Staatssekretariats. Zusammen mit sechs weiteren Kollegen übersetzt der 43-jährige Geistliche aus Pittsburg alle offiziellen Verlautbarungen des Papstes ins Lateinische - auch dessen Tweets.
"Auf Latein kann man vieles sehr kurz und knapp sagen. Im Grunde wurden lateinische Tweets sogar von einem der antiken Römer erfunden: dem Satiriker Martial. Der schrieb im ersten Jahrhundert nach Christus bücherweise Epigramme von meist nicht mehr als 80 Zeichen. Das waren im Grunde Tweets – und zwar ziemlich clevere Tweets."
Etwa 5000 Follower hatte der Vatikan sich für seinen lateinischen Twitter-Kanal erhofft. Inzwischen bekommen rund 150.000 Menschen die lateinischen Kurznachrichten des Papstes regelmäßig auf ihr Handy. Und das sind keineswegs nur Traditionalisten sagt Daniel Gallagher.
"Es sind Leute aus Europa ebenso, wie aus islamischen Ländern oder israelische Juden. Wir haben Stichproben ihre Zugangsdaten genommen und festgestellt, dass sie allen Altersklassen angehören und aus den unterschiedlichsten Gründen auf den Latein-Account abonniert sind. Einige übersetzen die lateinischen Tweets weiter in ihre Muttersprachen, vor allem wenn wir für die keine eigenen Accounts haben, zum Beispiel ins Russische."
Daniel Gallagher geht es neben dem Inhalt der Tweets aber auch um die Schönheit des Lateinischen:
"Wir wollen in einem Tweet nicht nur den Gedanken des Papstes ausdrücken, sondern die Follower auch für die Sprache interessieren und ihnen etwas zum Knobeln geben. Manchmal sind unsere Tweets eine echte Herausforderung. Es haben sich auch schon Leute deshalb beschwert."
Die 23-jährige US-Amerikanerin Caitlin Campbell ist vor allem aus linguistischem Interesse auf dem Twitter-Account des Papstes abonniert. Die High-School-Lehrerin verwendet die Kurzbotschaften selbst im Unterricht.
"Das Latein, das ich auf der Highschool kennengelernt habe, war von Julius Cäsar, Historikern, antiken Autoren. Deshalb ist es für mich sehr wichtig zu sehen, wie die Sprache in einem modernen Kontext benutzt wird. Wir können ja nicht zu McDonald’s gehen und die Speisekarte auf Latein lesen. Ich benutze die Papst-Tweets auch, um meinen Schülern zu zeigen: Die Sprache, die ihr lernt, lebt und ist wichtig, Leute schreiben damit. Ich zeige die Kurznachrichten im Unterricht und die Schüler üben damit auch, besser Latein zu lesen."
Viele deutsche Latinisten stehen dieser Idee eher skeptisch gegenüber. Schade, findet der Göttinger Historiker Timo Kirschberger. Auch er liest fast täglich die lateinischen Kurzbotschaften aus dem Vatikan.
"Ich hatte das Glück, ab der 7. Klasse Latein zu haben und auch Latein als Leistungskurs und ich habe mich auch damals schon eher für das mittelalterliche und für das neuere Latein interessiert. Insofern hätten mir die Tweets wahrscheinlich auch damals schon Spaß gemacht, weil das eben die Lebendigkeit der Sprache bis heute eigentlich zeigt, und dass man sich nicht nur mit alten Römern beschäftigen muss, die schlimmstenfalls vor über 2000 Jahren gestorben sind. Man darf nicht vergessen: Das ist die Sprache, in der die Kirche nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches das Wissen, die Wissenschaft, Forschung, Kultur, Philosophie der Antike bewahrt hat, durch die schwierigen Zeiten des Frühmittelalters und da gab es eigentlich eine ziemlich lückenlose Kontinuität bis ins 20. Jahrhundert. Und ich finde es gut, dass die Kirche zumindest das noch wach hält. Vielleicht wird sie es auch über das momentane 'dark age', zumindest das Lateinische 'dark age' retten, so wie sie es im Frühen Mittelalter gemacht hat."
Bleibt noch zu klären: Was heißt eigentlich Tweet oder Twitter auf Latein? Darüber haben sich die Mitarbeiter im Lateinbüro des Vatikan, wie Daniel Gallagher, länger den Kopf zerbrochen.
"Wenn man Latein sprechen und schreiben will, muss man Ausdrücke wählen, die ihre Wurzeln in bei antiken Autoren haben; gleichzeitig muss man neue moderne Worte erfinden. Das Wort 'Tweet' hat ja ursprünglich nichts mit Vogelgezwitscher zu tun. Dafür gibt es natürlich lateinische Worte: 'pipare', 'pipilare'. Aber 'Pontifex Maximus pipilate' klingt einfach albern."
Die Lösung lieferte schließlich ausgerechnet Cicero.
"Irgendjemandem fiel ein, dass Cicero einmal einen Brief an Atticus mit dem Satz begann: 'Tempus quidem impsum me breviloquentem facit' – was etwa bedeutet: 'Die Zeit selbst drängt mich, mich kurz zu fassen'. Und da hatten wir den Namen für den Twitter-Account des Papstes: 'Summi Pontificis Breviloquentis – Der Papst fasst sich kurz'. Und das haben wir uns nicht irgendwie ausgedacht; es stammt von Cicero."