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Der plötzliche Tod der Investmentbanken

Die US-Bankenkrise hat insbesondere die reinen Investmentbanken in Mitleidenschaft gezogen. Lehman Brothers ist insolvent, Bear Stearns landete beim Konkurrenten J.P. Morgan. Goldman Sachs und Morgan Stanley verabschiedeten sich aus dem riskanten Investment-Geschäft und wurden auf eigenen Wunsch von der amerikanische Notenbank zu traditionellen Banken ernannt. Ist das Geschäftsmodell Investmentbanking tot?

Von Brigitte Scholtes und Michael Braun |
    Jetzt wird das Fell des Bären aufgeteilt: Japans größtes Brokerhaus Nomura kauft offenbar die Asien-Sparte der zusammengebrochenen amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Nomura wird auch Interesse an Lehmans Europa-Geschäft nachgesagt. Darum bewirbt sich offenbar auch die britische Bank Barclays. Lehmans Kerngeschäft in Nordamerika hat Barclays schon erworben.

    Nicht alle Investmentbanken sind pleite gegangen wie Lehman. Aber die fünf großen amerikanischen Investmentbanken haben allesamt auf die eine oder andere Weise ihr Geschäft aufgegeben: Bear Stearns landete im März beim Konkurrenten J.P. Morgan. Der ließ sich dafür einen 30 Milliarden Dollar-Kredit von der amerikanischen Notenbank einräumen. Lehman meldete vorige Woche Insolvenz an. Merrill Lynch ging, ebenfalls vor einer Woche, nach Notverhandlungen an die Bank of America. Nun haben die letzten zwei Investmentbanken ihr Geschäftsmodell aufgegeben: Die amerikanische Notenbank, die Fed, ernannte gestern Goldman Sachs und Morgan Stanley zu traditionellen Banken, und zwar auf deren eigenen Wunsch. Das Geschäftsmodell Investmentbanking sei dennoch nicht tot, es lebe weiter, aber in deutlich risikoärmerer Art, sagt Professor Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanz Zentrum:

    "Wir werden weiter Verbriefungen bekommen, es wird weiter Hilfestellungen bei Beteiligungskauf und -verkauf geben. Investmentbanking ist in Zukunft ein hochrentables Geschäft. Es gibt weniger Konkurrenz dort. Nur eins wird sein: Da die Amerikaner Investmentbanken aufsichtsrechtlich behandeln werden wie die anderen Kreditinstitute, werden diese in der Zukunft nicht mehr diese ganz hohen Risiken eingehen können. Sie werden transparenter sein. Und das ist zu begrüßen. Das hilft sogar den Investmentbanken, denn dadurch steigt ihre Reputation."

    Erst einmal ist der Ruf der Investmentbanker allerdings ruiniert. Zumindest haben auch Goldman Sachs und Morgan Stanley erkannt, nicht mehr so weiter arbeiten zu können wie bisher. In der neuen Form als Bankholding, als nicht mehr spezialisierte Investmentbank, rücken sie nun stärker unter die Kontrolle der nationalen Bankregulierung. Sie werden ihre bis vor kurzem noch so profitablen Geschäfte - kurzfristig relativ billiges Geld leihen und in hochverzinsliche, aber riskante Produkte investieren - zum Teil aufgeben müssen.

    Börsengänge, Fusionen, Anleihen und Kreditverbriefungen, Vermögensverwaltungen unter starker Nutzung spekulativer Methoden, damit haben sich Investmentbanken beschäftigt, es war ausschließlich kapitalmarktnahes Geschäft. Das war ihr Geschäftsmodell, das unterschied sie vom etwa in Deutschland üblichen Universalbankenmodell. Klaus Schrüfer, Chefvolkswirt der schwedischen SEB Bank, sagt, was "universal" bedeutet:

    "Universal heißt, dass die Breite des Bankgeschäfts von Einlagen, Kredite geben, Zahlungsverkehrsabwicklung, also die komplette Palette angeboten wird. Und der zentrale Unterschied zwischen Universalbanken und Investmentbanken ist, dass sich letztere nur auf ein großes Thema, nämlich das Kapitalmarktgeschäft mit Strukturierung von Produkten, mit Übernahmefinanzierungen und vergleichbaren Dingen beschäftigt."

    Universalbanken waren in den letzten Jahren zwar nicht so ertragreich, gleichzeitig waren sie aber auch einem geringeren Risiko ausgesetzt. Auch in Amerika hatte es früher diese Universalbanken gegeben. Als Folge der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre haben sich die Amerikaner aber in dem nach zwei damaligen Senatoren benannten Glass-Steagle-Act entschlossen, das kapitalmarktnahe Geschäft vom Rest der Bankdienstleistungen zu trennen. Absicht war, die Risiken des Investmentbankings nicht auf das übrige Bankgeschäft überspringen zu lassen. Die Risiken liegen vor allem in stark schwankenden Erträgen. Gute Gewinne in guten Jahren, hohe Verluste in schlechten Zeiten. Die sind zum großen Teil selbst gemacht. Die deutsche Bankenaufsicht hat das schon seit längerem festgestellt. Zuletzt hatte der Präsident der Bafin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Jochen Sanio, im Mai dieses Jahres darauf aufmerksam gemacht, wie schädlich das System sei, mit dem Investmentbanken Kredite an schlechte Adressen verpackten, versteckten und verkauften:

    "Beim Durchhandeln der Risiken vom Begründer, also der Kredit gewährenden Bank, zum Endabnehmer besteht die große Gefahr, dass der Grundsatz der Risikobegrenzung laufend außer Acht gerät: Diejenigen, die zur Risikobegrenzung in der Lage sind - vor allem die "originators" und die Arrangeure der Forderungsverbriefungen - haben tendenziell kein besonders ausgeprägtes Interesse daran, durch verantwortungsvolles Handeln die Ausfallrisiken im Rahmen der Kreditgewährung zu minimieren."

    Auch in Deutschland hatte es, wie in den USA, den Trend zur Investmentbank gegeben. Doch der Zufall bremste die Entwicklung. Die Deutsche Bank hatte im März 2000 die Dresdner Bank übernehmen und diese Bank dann mit ihrem Fondsgeschäft und der Privatkundenbank 24 bezahlen wollen. Kurzum: Sie hatte geplant, sich als reine Investmentbank aufzustellen. Dass es anders kam, war keine strategische Weitsicht des damaligen Vorstandssprechers Rolf Ernst Breuer, sondern Glück: Die Dresdner Bank hatte den Fusionsprozess abgesagt. So blieb das Privatkundengeschäft bei der Deutschen Bank - ein Segen in der Finanzkrise, wie sich etwa herausstellte, als der Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann im Oktober vorigen Jahres die Herbstbilanz der Bank kommentierte. Da wurde offenkundig, warum eine Bank eine feste Heimatbasis mit vielen privaten Kunden braucht. Ackermann war jedenfalls froh, nicht nur in Amerika und Großbritannien gut vertreten gewesen zu sein:

    "Normalerweise ist der Beitrag Deutschlands zu unseren Ergebnissen so zwischen 20 und 25 Prozent. Das war im dritten Quartal relativ gesprochen ganz wesentlich höher, weil wir eben gerade in den USA und natürlich auch in London von den Wertberichtigungen benachteiligt wurden, so dass wir, glaube ich, sagen können, dass Asien und Deutschland diesmal die Deutsche Bank nach vorne gebracht haben."

    Deshalb hat er sich auch für die Postbank interessiert. In mehreren Schritten will die Deutsche Bank sie übernehmen. Heute startete die Geldbeschaffung mit einer Kapitalerhöhung. Die Deutsche Bank interessiert sich für die Einlagen bei der Postbank, für die vielen, oft mickrig verzinsten Sparbücher. Josef Ackermann vor zehn Tagen zu den Vorteilen der Teilübernahme:

    "Beide Banken verfügen über ausgezeichnete komplementäre Produkte, die Deutsche Bank ist besonders im Investmentbereich mir ihren DWS-Fonds und x-markets-Zertifikaten stark, während die deutsche Postbank ihre Produktkompetenzen in erster Linie auf der Einlagen- und Eigenheimfinanzierungsseite hat."

    So ähnlich wollen Morgan Stanley und Goldman Sachs nun vorgehen. Als normale Bankenholding haben sie nicht nur besseren Zugang zu Notenbankgeld, sie können auch leichter Banken mit hohem Privatkundenanteil und also hohen Spareinlagen übernehmen. Es geht also runter mit dem Tempo an der Wall Street, runter mit den Renditeerwartungen, runter vor allem mit den Risiken. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der sparkassennahen Deka-Bank, über das, was die Investmentbanker gelernt haben:

    "Es wird wieder zurückgehen zu einfacheren Produkten, Produkten, die man besser versteht. Intransparente, sehr komplexe Finanzprodukte, deren Risiken sehr schwierig einschätzbar sind, haben sich als hochproblematisch und eben nicht nachhaltig erwiesen. Diese Entwicklung ist bereits jetzt absehbar. Da wird es sehr starke Strukturveränderungen weltweit geben."

    Es hat seinen Preis gekostet, diese Erkenntnis zu gewinnen. Aktien haben deutlich an Wert verloren, der Deutsche Aktienindex in diesem Jahr rund ein Viertel. Bankaktien sind um 30 bis fast 60 Prozent eingeknickt. Das gehört zum Geschäft mit einer Aktie. Immerhin: andere Anlageformen als die Aktie sind bislang nicht bedroht. Fonds sind selbst in dieser Krise sicher, egal ob es sich um Aktien-, Renten-, Geldmarkt- oder Immobilienfonds handelt -, sagt Wolfgang Mansfeld, Präsident des BVI; des Bundesverbands Investment und Asset Management:

    "Der Fonds ist eben qua Gesetz eine diversifizierte Anlage. Es gibt eine gesetzliche Anlagestreuung, wir dürfen eben nicht mehr als 5 Prozent des Fondsvermögens bei einem Emittenten platzieren. Zweitens werden die Fonds in der Regel ja aktiv gemanagt, sodass sich abzeichnende Risiken vermieden oder gemildert werden können. Das mit Lehman ist ja nicht ganz neu gewesen, dieses Gerede. Und selbstverständlich haben viele Fondsmanager natürlich auch darauf reagiert."

    Zudem sind Investmentfonds Sondervermögen und als solche konkurssicher.

    Riskanter für den Anleger sind sogenannte Zertifikate: Das sind Inhaberschuldverschreibungen, für die Anleger einer Bank Geld gegen ein Renditeversprechen leihen, das sich zum Beispiel nach der Wertentwicklung einer Aktie oder eines Rohstoffs richtet. Geht die Bank pleite, sind auch die Zertifikate verloren.

    Auch sogenannte Anleihen, Schulden von Staaten und Unternehmen am Kapitalmarkt also, sind nur so sicher wie ihr Emittent. Ist es ein Unternehmen, das pleite gehen kann, ist das Risiko höher als bei einem erstklassigen Emittenten wie etwa die Bundesrepublik Deutschland. Deutsche Staatsanleihen sind zuletzt stark gestiegen, ein Zeichen für die Flucht zu soliden Schuldnern.

    Tagesgeld, Festgeld und Sparguthaben sind durch die gegenwärtige Finanzkrise hingegen nie bedroht gewesen. Dies auch, weil Kreditinstitute Mitglied in einer Entschädigungseinrichtung sein müssen. Sie springt ein, falls ein Institut pleite gehen sollte. Die gesetzliche Grundsicherung von 20.000 Euro pro Kunde haben Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken freiwillig deutlich erhöht, auch auf Millionenbeträge. Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hält diese Konstruktion auch durch die Pleite des deutschen Ablegers von Lehman Brothers für nicht bedroht:

    "Ich halte weder den Einlagensicherungsfonds für gefährdet, noch die Sicherheit der Kundenanlagen für gefährdet. Aus meiner Sicht ist der Einlagensicherungsfonds ein sehr wirksames Instrument, um auf Kapitalmarktkrisen existentieller Art zu reagieren."

    Von diesem Sicherungsinstrument profitieren auch alle Bürger, die eine Lebensversicherungspolice abgeschlossen haben. Denn auch alle hierzulande zugelassenen Lebensversicherungen sind gesetzlich verpflichtet, einem Sicherungsfonds anzugehören. Während also der Bürger als Anleger weitgehend ungeschoren der Finanzkrise entkommen wird, wird es für den Bürger als Steuerzahler mutmaßlich teuer.

    Das trifft nach den jüngsten Entwicklungen vor allem die amerikanischen Bürger, aber auch in Deutschland werden wohl diejenigen, die Steuern zahlen, letzten Endes für die Fehler im Finanzsystem, für die leichtsinnige Kreditvergabe an nicht solvente amerikanische Häuslebauer aufkommen müssen. Das hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende kritisiert:

    "Die Produkte sind viele auch in Amerika so verkauft worden, dass die Amerikaner davon einen Nutzen hatten. Die Verluste sind jetzt über die ganze Welt verteilt."

    Allerdings müssen deutsche Steuerzahler auch unter den Fehlern leiden, die vor allem staatliche deutsche Kreditinstitute in den letzten Jahren begangen haben: Denn es waren vor allem staatliche Banken, die sich in der allgemeinen Gier verzockt hatten. Einzelne Landesbanken mussten gerettet werden, etwa die Sachsen LB, die sich nur noch unter das Dach der LBBW flüchten konnte, die Kosten für den Steuerzahler liegen bei mindestens 2,75 Milliarden Euro, die Summe könnte aber auch zweistellig werden. Die WestLB schwankt, sie hat schon zahlreiche Mitarbeiter entlassen müssen, ihre endgültige Rettung steht immer noch aus. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte schon vor einem Jahr die Landesbanken zur Konsolidierung aufgefordert, vor einigen Tagen wiederholte er seine Kritik am zögerlichen Vorgehen der Institute:

    "Allein eine höhere Konzentration, alleine die Betonung des Konsolidierungsbedarfes reicht nicht aus. Diese Konsolidierung halte ich für eine notwendige Bedingung; aber eine hinreichende Bedingung ist, dass die erkennbar nur tragfähig ist auf der Basis von funktionierenden Geschäftsmodellen."

    Besonders wird die Staatsbank KfW die Unterstützung des Steuerzahlers benötigen: Denn die staatliche Förderbank hatte sich bereit erklärt, die Mittelstandsbank IKB zu stützen. Ein teures Unterfangen: Die IKB war zwar eigentlich eine Privatbank, doch die KfW war mit 38 Prozent der größte Aktionär. Bis zum heutigen Tag verteidigt Steinbrück diese Rettungsaktion:

    "Und ich habe eine sehr konkrete Vorstellung davon gehabt und habe sie bis auf den heutigen Tag, was es hieße, dass eine best-geratete Bank innerhalb von 48 Stunden einem Moratorium und dann einer Insolvenz zugeführt wird. Was hätte dies bedeutet für das Vertrauen in den Finanzmarkt Deutschland!"

    1,2 Milliarden Euro kostete diese Rettung der IKB bisher den Steuerzahler, es ist jedoch gut möglich, dass dieser Betrag noch steigt. Und wegen eines direkten Versagens kommt noch mehr auf die öffentlichen Kassen zu: Denn vor genau einer Woche hatte die KfW noch ihre Überweisung von rund 350 Millionen Euro an Lehman Brothers auf den Weg gebracht, als schon längst klar war, dass die amerikanische Investmentbank nicht gerettet werden würde. Diese Vorgänge offenbaren, dass bei der Staatsbank die Strukturen gerade im Bereich des Risikomanagements nicht optimal sind. Unentschuldbare Fehler hat auch der erst seit Anfang September amtierende KfW-Chef Ulrich Schröder eingeräumt. Insgesamt wird die KFW dieses Jahr wohl rote Zahlen schreiben.

    Staatliche Banken können also auch nicht besser wirtschaften als private. Und auch deren Manager waren, wie sich im Falle einiger Landesbanken gezeigt hat, wie die Vorstände privater Banken bereit, die Renditen ihrer Häuser durch ein wenig Zockerei zu erhöhen. Diese allgemeine Haltung an den Finanzmärkten ist nicht zuletzt durch die Politik des billigen Geldes herbeigeführt worden, die vor allem die amerikanische Notenbank lange Jahre betrieben hat, meint Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Barclays Capital:

    "Die Notenbanken haben zuviel Geld und Kredit in die Wirtschaften gepumpt. Das hat diesen Kreditboom angefeuert, der nun geplatzt ist und mit schadhaften Krediten in einer sehr großen Größenordnung geendet hat. Und insofern denke ich: Wenn man die Ursachen für eine solche Entwicklung angehen will, wird man über eine Reform des Geldsystems nachdenken müssen."

    Auch deshalb bleibt dem Staat kein anderer Ausweg, als jetzt stärker einzugreifen: Das freie Spiel der Kräfte am Markt hat aus menschlichen Gründen versagt. So legt die amerikanische Regierung ein Rettungspaket von 700 Milliarden Dollar auf, kauft faule Kredite und illiquide Wertpapiere aus dem Markt zurück. Nach dem Plan des amerikanischen Finanzministers Henry Paulson will die Regierung neben den Hypothekendarlehen vor allem die Papiere übernehmen, die mit diesen Krediten verbunden sind. Das sind dann die zahlreichen Finanzprodukte, die rund um die Welt verteilt worden waren, deren eigentliche Absicherung aber aus den Krediten an die insolventen Häuslebauer bestanden. Ein Schritt, der erst einmal helfen kann, meint Wolfgang Mansfeld, Präsident des BVI, des Bundesverbandes Investment und Asset Management:

    "Amerikanische Regierung und auch Wertpapieraufsicht und Bankenaufsicht haben aber erneut gezeigt, dass sie in der Lage sind zu handeln und Ruhe in die Märkte zu bringen, das ist natürlich sehr begrüßenswert."

    Die amerikanische Regierung hatte schon Ende der achtziger Jahre in der so genannten Savings- und Loanskrise ein ähnliches Rettungspaket geschnürt: Auch damals übernahm eine staatlich kontrollierte Gesellschaft die problematischen Wertpapiere der Finanzinstitute, zu jener Zeit waren es Bausparkassen, die zu leichtfertig Immobilienkredite auch an diejenigen vergeben hatten, die sie nicht zurückzahlen konnten. Damals aber traf es nur die amerikanische Konjunktur, heute werden die Risiken solcher Geschäfte über die ganze Welt verteilt.

    Seit gestern Abend ist auch klar, dass der amerikanische Finanzminister auf die Hilfe auch anderer, vor allem wohl europäischer Staaten setzt, um die Krise in den Griff zu bekommen. Henry Paulson sagte nämlich:

    "Unser System ist global, und ich werde unsere Kollegen weltweit dringend auffordern, dort, wo es notwendig ist, ähnliche Programme aufzulegen."

    Für Deutschland gelte das jedenfalls nicht, meinten heute schon einzelne Politiker: Das Epizentrum liege nun einmal in den USA, hört man auch aus der Finanzwelt. Und Wolfgang Gerke, Leiter des Bayerischen Finanzzentrums meint:

    "Es ist absolut nicht gerechtfertigt, dass wir jetzt hingehen und das nachmachen müssen, was die Amerikaner machen. Sie hätten lieber mal, als wir nach mehr Aufsicht gerufen haben, nach mehr Transparenz, insbesondere auch auf dem G7-Gipfel, der damals in Deutschland war, da hätten sie uns folgen sollen."

    Doch können die Amerikaner ein solches Programm überhaupt stemmen? Immerhin wollen sie sich um genau 700 Milliarden Euro weiter verschulden. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, glaubt jedoch, das sei möglich ist:

    "Sie können sich das leisten."

    Dennoch werden Folgen für die Konjunktur nicht ausbleiben. Die bisher noch recht optimistischen Lenker deutscher Unternehmen rechnen inzwischen deshalb auch damit, dass die Krise in den USA die deutsche Wirtschaft stark hemmen wird.

    Wirtschaftsforschungsinstitute haben inzwischen ihre Prognosen für das kommende Jahr zurückgenommen. Statt mit 1,2 Prozent dürfte auch die Bundesregierung jetzt nur noch mit einem Wachstum von etwa 0,5 Prozent rechnen, glauben Volkswirte. Ohne Auswirkungen werde die Krise sicher nicht bleiben, meint auch Finanzexperte Wolfgang Gerke. Aber er warnt vor zu großem Pessimismus:

    "Ich bin da gar nicht so pessimistisch wie jetzt manche. So wie ich am Anfang der entschiedene Pessimist war, bin ich jetzt eher jemand, der sagt, so jetzt schaut mal nach vorne - wir kommen da raus."