Archiv


Der Preis des Erfolgs

Jahr für Jahr dreht sich das Transferkarussell in der Bundesliga, genauso wie weltweit. Das Geschäft ist ein Millardenbusiness - ein undurchsichtiges, an dem Spieler, Vereine und Berater verdienen.

Von Moritz Küpper |
    "Sami Khedira wird nicht mehr in das Trikot der Schwaben schlüpfen, er ist ab sofort ein Königlicher. Der VfB Stuttgart und der spanische Top-Klub konnten sich also auf eine Ablösesumme einigen, die irgendwo zwischen 13 und 15 Millionen Euro liegen muss."

    "Michael Ballack hat seine Unterschrift unter den Zweijahresvertrag in Leverkusen gesetzt."
    "Arne Friedrich ist als Neuzugang beim VfL Wolfsburg vorgestellt worden."

    "Um kurz nach fünfzehn Uhr betrat Raul Gonzales Blanco nach erfolgreichem Medizincheck den Rasen in der Arena auf Schalke."

    Khedira weg - dafür Ballack, Friedrich und Raul da: Jahr für Jahr dreht sich das Transferkarussell. In der Bundesliga genauso wie weltweit: Rund 20.000 Transfers zählt der Weltfußballverband FIFA jährlich, insgesamt werden Unsummen bewegt. Ein Milliardenbusiness. Genauso heißt auch das neue Buch des Schweizer Sportjournalisten Daniel Germann. Darin schaut er sich die Zahlen in den einzelnen Sportarten an, vergleicht die gezahlten Gelder und kommt - speziell beim Fußball – zu dem Schluss:

    "Das lässt sich gar nicht vergleichen, weil Fußball über allem steht, weit über allem. Man kennt ein wenig die Transferumsätze, die da gemacht werden."

    Durch den Verkauf von Spielern wie Mesut Özil haben die Bundesligavereine in diesem Jahr fast 104 Millionen Euro eingenommen. Ausgegeben haben sie nur etwas mehr als 96 Millionen Euro. Vor einen Jahr investierten sie noch rund 150 Millionen.

    Heute Abend zum Bundesligastart treffen ausgerechnet die beiden Extreme dieses Sommers aufeinander: Während der VfL Wolfsburg bislang rund 22,6 Millionen Euro in neue Spieler investierte, verfolgt der amtierende Meister Bayern München eine andere Strategie und investierte keinen Cent in Neuzugänge. Die Bayern ließen vielmehr nur Spieler ziehen.

    Doch wie kommen diese Millionen-Summen zustande? Wer ist an diesen Geschäften beteiligt? Wer verdient daran? Und: Wie viel?

    Köln, Sporthochschule. Im zweiten Stock des großen Turmes auf dem Campus ist das Büro von Tim Pawlowski. Der Junior-Professor arbeitet am Institut für Sport-Ökonomie. Gerade hat er sich in einem Studierenden-Projekt mit der Entstehung von Transfersummen beschäftigt - und mehr oder weniger kapituliert:

    "Der Transfermarkt wurde noch nicht so im Detail durchleuchtet, weil es eben unheimlich schwierig ist, da an valide Daten zu kommen. Die werden halt nicht publiziert. Und es ist eben die Frage: Wie kommen solche Werte dann zustande bei transfermarkt.de und so weiter?"

    Transfermarkt.de ist eine Internetseite, auf der eine Unmenge von Daten über Vereine, Spieler und Berater präsentiert werden. Anhand der Entwicklung des Portals lässt sich der Reiz, die Neugier auf die großen Summen ablesen - und das Verlangen der Öffentlichkeit nach Zahlen: Gestartet als kleines Start-Up, als eine Spielerei von Fußballfans, hat mittlerweile der Axel-Springer-Konzern die Mehrheit an dem Unternehmen übernommen. Seitdem zitieren Springer-Medien immer die auf transfermarkt.de geschätzten Marktwerte der Spieler, zu jeder Bundesliga-Saison erscheint ein Sonderheft, jedermann kann sich täglich über die Marktwertentwicklung von Fußballspielern informieren. Bis hinab in die Dritte Liga. Zwar werden in den Medien immer wieder Summen genannt, kolportiert von Vereinen, Spielern, Beratern oder Journalisten. Doch wie aussagefähig sind diese Zahlen?

    Verlässliche Antworten sind nicht zu bekommen. Deshalb hat Pawlowski in seinem Projekt einige Indikatoren zusammengestellt, die den Marktwert eines Spielers erklären können: Spielerische Fähigkeiten, Tor-Quoten, Alter. Hinzu kommen noch Faktoren, die außerhalb des Platzes eine Rolle spielen: wie beispielsweise die Werbewirksamkeit. Schlussendlich ist es aber wie immer im Kapitalismus: Angebot und Nachfrage. Für das Angebot sorgt der Spieler, für die Nachfrage die Vereine. Doch ganz so einfach ist es nicht – Tim Pawlowksi:

    "Also, kommen jetzt drei Topvereine auf einen Spieler und da steckt jetzt vielleicht ein Investor dahinter, das heißt, sie können viel Geld investieren. Dann sieht der Marktwert vielleicht noch mal anders aus als von einem Spieler, der vielleicht ähnlich gut war, aber vielleicht, weil er noch drei Jahre an seinen Verein gebunden ist, vielleicht jetzt nicht das Angebot bekommen hat."

    Vom Prinzip her ist ein Transfer ein einfaches Geschäft: Ein Spieler wechselt von Verein A zu Klub B. Hat er noch einen laufenden Vertrag, so muss der verpflichtende Klub eine Transferentschädigung zur Vertragsauflösung an den alten Verein zahlen. Diese ist Verhandlungssache. Hat der Spieler keinen laufenden Vertrag mehr, so kann er ablösefrei wechseln - und erhält in der Regel die fällige Ablösesumme als Handgeld. Soweit die Theorie.

    Doch in der Praxis ist das Geschäft mit Fußballspielern zu einem undurchsichtigen Dschungel geworden: Denn die Millionen-Beträge haben dazu geführt, dass sich neben Vereinen und Spielern unzählige Spielerberater und -vermittler auf dem Gebiet tummeln. Und jeder will ein Stück des großen Transferkuchens abhaben. Doch über exakte Zahlen und Geschäftsmodelle spricht niemand. Erst recht nicht, wenn das Mikrofon angeschaltet ist.

    Leverkusen, BayArena. Aus seinem Büro hat Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer des Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen, einen Blick direkt auf den Rasen des Stadions. Zwei Bildschirme versorgen den Manager immer mit Neuigkeiten. Holzhäuser kennt sich aus im Transfergeschäft. Für die neue Saison hat er beispielsweise Michael Ballack verpflichtet. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft wechselt ablösefrei aus England nach Deutschland. Oder eben Nicolai Jörgensen, ein A-Jugendlicher aus der zweiten dänischen Liga. Vom Prinzip seien die Transfers - egal ob Weltstar oder A-Jugendlicher - gleich. Holzhäuser:

    "Wenn Sie als Verein einen Spieler haben wollen, dann überlegen Sie sich: Wie viel Geld wollen Sie im Laufe der Vertragslaufzeit für einen Spieler ausgeben. Ich unterstelle mal, dass ein Vertrag fünf Jahre dauert, das ist die längstenfalls zulässige Vertragsdauer, dann berechnen wir das Gehalt des Spielers auf die fünf Jahre plus die Ablöseentschädigung verteilt auf die fünf Jahre, plus das Geld, das ich dem Spielerberater zahlen muss für die fünf Jahre. Und die Summe dessen ist der Kapitalbedarf und dann entscheide ich, machen wir es oder machen wir es nicht."

    Die Ablösesumme fließt an den Verein, das Gehalt an den Spieler. Interessant - und intransparent - sind in diesem Zusammenhang vor allem die Beträge für die Spielerberater, die als Makler in den Verhandlungen fungieren. Holzhäuser:

    "Es gibt grundsätzlich zwei Modelle: Einmal prozentuale Beteiligung an der Transfersumme selbst oder aber die Beteiligung an den Vergütung des Spielers am neuen Vertrag. Sprich: Der Spielerberater wird wie ein Headhunter behandelt und bekommt eine prozentuale Beteiligung an den Jahresvergütungen."

    Wie hoch diese liegen, variiert:

    "Die Beträge, die an die Berater gehen, steigen tendenziell an. Man zahlt in der Regel zwischen 10 bis 15 Prozent wäre schon sehr hoch - 10 bis 12 Prozent der Jahresvergütung an den Berater."

    Bei Jahresvergütungen im Millionenbereich kommen da durchaus ordentliche Summen zusammen. Verdient ein Spieler beispielsweise zwei Millionen im Jahr - durchaus kein unübliches Salär - streicht der Berater 200.000 Euro ein. Pro Vertragsjahr. Und auch eine Beteiligung an Handgeldern oder Ablösesummen ist lukrativ: Dies zeigte - eher zufällig veröffentlicht - die Bilanz des VfB Stuttgart. Dort wurde für die vergangene Saison 2009/2010 beispielsweise neben Ablöse- und Ausleihgebühren in Höhe von 29 Millionen Euro auch ein Handgeld von 1,5 Millionen Euro an Christian Gentner gezahlt, damit dieser nach der Saison zum VfB zurückkehrt. Ebenfalls aufgeführt: Eine Einmalzahlung von zwei Millionen Euro an Nationalverteidiger Serdar Tasci. Der Grund: Vertragsverlängerung. Natürlich auch zu Millionenbezügen.

    Für Holzhäuser haben Berater durchaus ihre Berechtigung, sind vergleichbar mit Immobilienmaklern. Für Holzhäuser gibt es aktuell ein viel größeres Problem - gerade wenn Spieler begehrt sind:

    "Ich habe das selbst erlebt, dass mir ein Spielerberater gesagt hat: Wenn mein Spieler x zu dem Verein y geht, verdiene ich das doppelte, wenn er zu Euch kommt, nur die Hälfte, also müsst ihr noch was tun. Ansonsten kommt der Spieler nicht. Das hat er zwar nicht gesagt, dass ist aber der Umkehrschluss."

    In jüngster Zeit habe dieses Phänomen überhand genommen. Für Holzhäuser sei es daher angebracht, dass die DFL, die Deutsche Fußball-Liga, an diesem Punkt einschreitet . Spieler und Vereine selbst seien nämlich machtlos.

    Frankfurt, der Sitz der Deutschen Fußball-Liga. Auch hier ist man sich des Problems der Spielerberater bewusst: Seit Anfang des Jahres versucht man dort, das Thema Spielerbrater und deren Provision auf die Agenda zu heben. So sagte DFL-Chef Christian Seifert in seinem Saisonbilanz-Interview mit der Nachrichtenagentur dpa:

    "Die Bundesliga ist kein Schlaraffenland, wo jedes Jahr automatisch mehr Geld vom Himmel fällt. Das müssen vor allem die Spielerberater, aber auch die Spieler verstehen. Mir treiben die Summen auch Tränen in die Augen, wenn ich mir vorstelle, dass wir 10 bis 15 Prozent der Fernseheinnahmen sozusagen eins zu eins an die Berater überweisen."

    In harten Zahlen: Knapp 60 Millionen Euro. Doch auch die DFL sieht sich machtlos. Unstrittig ist, dass Spielerberater einen Anteil bekommen, doch Seifert plädiert für einen festen Prozentsatz, hofft auf Honorarrichtlinien und Standardsätze an denen sich Klubs, Spieler und Berater bei den Verhandlungen orientieren können. Viel Hoffnung hat er aber nicht:

    "Als nationale Liga können wir in einem internationalen Geschäft die Regularien nicht ändern. Deshalb bräuchte es dringend Vorgaben der FIFA."

    Holzhäuser und die anderen Bundesliga-Manager werden es nicht gerne hören - doch der Dachverband der Vereine klingt hilflos.

    Eines der Probleme: Mit wem soll die DFL die Sätze verhandeln. Zwar gibt es seit einigen Jahren die DFVV - die Deutsche Fußballspieler-Vermittler Vereinigung - mit Sitz in Oberhausen. Doch diese Einrichtung wird nicht von allen Spielervermittlern als Dachverband anerkannt. Viele Berater weigern sich, dem Interessenverband beizutreten. Aus Angst davor, ihr Geschäftsfeld zu verlieren, weil sie den Qualitätsansprüchen nicht genügen. Und auch auf die Frage nach den Provisionen taucht in Oberhausen eine neue Zahl auf - Geschäftsführer Gregor Reiter:

    "Satzungsmäßig hat er einen Anspruch auf drei Prozent. Es ist frei verhandelbar im Ergebnis. Zehn Prozent ist sicherlich eine Richtschnur."

    Doch auch Reiter muss zugeben, dass mitunter mehr gezahlt wird, und dass es bei Spielervermittlern - schon aufgrund der Masse - mitunter schwer ist, Qualitätsstandards durchzusetzen. Vielleicht ist das Geschäft des Spielervermittlers auch einfach durch Konkurrenzdruck nicht für einen einheitlichen Berufsverband geeignet?

    Duisburg - Sportschule Wedau, Anfang Juli. Hier treffen sich die Verlierer des Transfergeschehens - und hier lassen sich am ehesten Antworten auf die Auswüchse des Beraterwesens bekommen. Seit 2003 organisiert die VDV, die Vereinigung der Vertragsfußballspieler, hier ein Trainingscamp für arbeitslose Fußballer. Gegründet aus dem Anlass der Kirch-Krise, die einst die Fußball-Klubs mit dem Ausfall der Fernsehmillionen bedrohte, findet das Camp seitdem jedes Jahr statt.

    Der Bedarf ist riesig: Über 100 Spieler bewerben sich, 24 Spieler dürfen mitmachen. Jeder von ihnen hat schon Erfahrungen mit Spielerberatern gemacht. Gute wie schlechte. Einer von ihnen ist Delron Buckley. Der Südafrikaner, ehemaliger Nationalspieler, hat 200 Bundesligaspiele gemacht, seine Karriere neigt sich dem Ende entgegen. Buckley hat viel erlebt. Er weiß, wie die Zeit im Sommer abläuft: Es gibt Tage, an denen klingelt das Telefon selbst bei unterklassigen Profis bis zu 80 Mal. Ab dem nächsten Morgen ist dann aber auf einmal Ruhe. Bisweilen wochenlang. Woran er denn einen schlechten Spielerberater erkennt?

    "Ja, du merkst, wenn die dann anrufen. Die sagen sofort: Ja, ich habe ein Angebot für dich hier da und da. Und dann sage ich immer: Okay, kein Problem. Schick mir den Vertrag von dem Verein, was für ein Angebot die machen wollen und dann lese ich das. Dann kriege ich Post oder eine E-Mail. Und Du siehst keinen Namen von einem Verein darauf, die bieten nicht so viel Geld an. Da kannst Du sehen, dass das nichts Konkretes ist. Der will einfach nur unter sich einen Vertrag machen."

    Auch diesen Sommer ist Buckley wieder im Trainingslager der VDV. Im vergangenen Jahr hat es mit einem Engagement in Zypern geklappt. Diesmal könnte es länger dauern - die Weltmeisterschaft verschiebt den Transferzyklus um circa vier Wochen nach hinten. Dennoch ist VdV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky zuversichtlich: Rund 80 Prozent der Spieler werden an neue Vereine vermittelt. Dabei arbeitet die Gewerkschaft auch mit Spielervermittlern zusammen und erlebt bisweilen kuriose Einzelfälle:

    "In der Tat ist es so, dass Spieler in der Vergangenheit immer wieder angesprochen haben, dass sich Spielervermittler im Fall der Arbeitslosigkeit dann nicht mehr bemühen und auf einmal nicht mehr erreichbar sind und der Gipfel ist es dann natürlich, wenn die Spieler sich selber einen Klub suchen. Dass dann der Spielervermittler aus dem Nichts wieder auftaucht. Bei dem Klub vorstellig wird und ein Honorar für seine Tätigkeit einfordert, die er ja überhaupt nicht erbracht hat. In Einzelfällen hat die Höhe des geforderten Honorars sogar die Gehaltssumme des Spielers überstiegen."

    Wer sich länger mit Baranowsky unterhält, erfährt viel über Knebelverträge, gerade für ausländische Spieler. Hört Beispiele, bei denen Berater ein Honorar vom Spieler und vom Verein einfordern. Und erfährt, dass Berater eher von den Vereinen statt von dem Spieler beauftragt werden wollen. So ist ihr Honorar nämlich frei aushandelbar. Wenn der Spieler sie beauftragt, ist die Summe gesetzlich gedeckelt: Maximal 14 Prozent eines Jahresgehalts.

    Schlusspfiff in Duisburg. Trainiert werden die Spieler von Uwe Fuchs, einem früheren Bundesligaspieler, heute arbeitet er als Trainer. Derzeit aber ohne Verein. Für ihn ist das ganze Geschäft nicht nachzuvollziehen:

    "Und da kriegen sie in jedem anderen Bereich einen Lachkrampf darüber, dass ein Spieler einen Vertrag verlängert und der Berater kriegt dafür Geld. Und solange eben die Topvereine wie Bayern München nicht anfangen, das auf den Kopf zu stellen, werde ich einen Teufel tun, mich da aus dem Fenster zu lehnen."

    Denn zur Wahrheit gehört auch, dass die Vereine das Spiel mit den Vermittlern und Beratern mitspielen: Vor einigen Jahren haben die Vereine schon mal einen Versuch gemacht, sich beim Umgang mit den Beratern zu solidarisieren. Doch bereits beim ersten Treffen, so erinnert sich ein Teilnehmer, habe der Vertreter von Bayern München wissen lassen, dass er auch 20 Prozent Provision an einen Berater zahle, wenn er einen Spieler unbedingt wolle.

    Solche Geschichten können Norbert Nasse und Tony Päffgen ebenfalls erzählen. Beide kümmern sich um Spieler - jedoch mit unterschiedlichen Voraussetzungen: Nasse ist Anwalt, war früher einmal Geschäftsführer beim Fußball-Verein Wattenscheid 09 und Anwalt bei der Spielergewerkschaft. Päffgen dagegen ist einer der ersten offiziellen Inhaber der Spielerberater-Lizenz - er arbeitet zudem noch mit Anwälten, Steuerberater und Ärzten zusammen. Er wundert sich nicht über den schlechten Ruf der Branche:

    "Es wird immer geschaut, wo kann ich so schnell wie möglich: Man sagt in Köln: Dat Schäfchen ins Trückene bringen."

    Die Schäfchen ins Trockene bringen. Päffgens Thema ist das Verhältnis zwischen Spieler und Berater. Hier sieht er einiges im Argen, denn Exklusivitätsvereinbarungen zwischen Spielern und Beratern sind ungültig. Im Januar diesen Jahres bestätigte das Oberlandesgericht Hamm dies nochmals. Sprich: Ein Spielervermittler wird teilweise gezwungen, den Spieler zu transferieren, weil er nicht weiß, wie lange der Spieler bei ihm bleibt:

    "Sie müssen bedenken, sie haben ja nur zwei Monate offiziell Zeit. Da muss es ja schnell gehen. Weil nach zwei Monaten könnte der Spieler ja einen anderen nehmen. Da hat er keinen Vertrag."
    Auch Nasse sieht die Branche kritisch, stellt aber eine Professionalisierung fest: Mittlerweile gäbe es Berater-Netzwerke, die teilweise 170 und mehr Spieler unter Vertrag haben. Die gezahlten Gelder hätten auch ihre Berechtigung.

    "Andererseits gibt es mittlerweile hochspezialisierte Berater, Beraterfirmen, die ein umfassendes Paket anbieten und die auch tatsächlich eine Leistung erbringen. Und wo eine Leistung erbracht wird, muss die natürlich auch honoriert werden. Und ein normaler Transfer in der Bundesliga hat ein Volumen von einem mittelständischen Unternehmen. Und dass da natürlich Gelder zu zahlen sind an Beraterfirmen, die daran beteiligt sind, ist eigentlich eine Marktlogik."

    Die Millionensummen von Vermittlungsgebühren, Marktwertsteigerungen um Tausende Prozent, Leihgebühren von Vereinen ziehen mittlerweile nicht nur Ex-Profis, abgehalfterte Trainer oder Pizzabäcker an, sondern auch hochprofessionelle Investoren. Was bei südamerikanischen Spielern, vor allem aus Brasilien schon seit Jahren Gang und Gäbe ist, macht sich nun auch in Europa breit. Auch in Deutschland lässt sich - pünktlich zum Start der diesjährigen Transferzeit - ein solches Modell begutachten: Der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne hat dem Hamburger SV Geld für die Verpflichtung neuer Spieler zur Verfügung stellen. Im Gegenzug wird er am möglichen Weiterverkauf beteiligt: Anstoß hoch drei, heißt das Projekt, das einen weiteren Exzess in der Transferwelt der Bundesliga darstellt.

    Zürich. Hier residiert der Weltfußballverband FIFA. Auch den Funktionären sind die zahlreichen Akteure im Transfergeschäft ein Dorn im Auge. Seit Jahren probiert die FIFA bereits mit einer Lizenz die unseriösen Spielervermittler von Markt zu drängen. Denn eigentlich dürfen nur lizenzierte Berater, Familienangehörige oder Rechtsanwälte die Spieler beraten. Doch die Bemühungen der FIFA werden immer wieder simpel umgangen: Vermittler holen sich einfach stundenweise einen Anwalt zum Geschäft hinzu. Nun haben die Funktionäre einen neue Idee: Sie wollen einschreiten, weil sie den Spielerhandel - nicht zuletzt mit Fonds - unwürdig findet:

    "Wir reden über Fußballspieler, nicht über Rohstoffe wie Kohle oder Gold. Solche Konzepte orientieren sich an Produkten und an deren Handel an der Börse. Aber es sind Spieler, keine Produkte."

    Sagt Mike Goddard. Er ist verantwortlich für das "Transfer Matching System", kurz TMS. Ab dem 1. Oktober diesen Jahres soll nämlich jeder Transfer über dieses neue webbasierte System abgewickelt werden. Ziel ist die weltweite Vereinheitlichung und Transparenz aller Vereinswechsel. Die laufende Transferperiode wird also die letzte sein, die noch analog abgewickelt wird: Elf Tage haben die Bundesligisten noch Zeit. Ob sich danach - im digitalen Transferzeitalter - etwas ändern wird? Ob dann nicht mehr unzählige Portemonnaies bei dem Vereinswechsel eines Spielers gefüllt werden? Wohl kaum.
    Der südafrikanische Fußballspieler Delron Buckley
    Fußballspieler Delron Buckley wartet auf einen neuen Vertrag. (Vereinigung der Vertragsfußballspieler VDV)